Unerwarteterweise tat sich gestern Abend kurz eine kleine Wolkenlücke auf. An ein neues Mond-Mosaik war leider nicht zu denken, aber die Zeit reichte immerhin für drei Bilder mit dem kleinen Maksutov-Teleskop. Ein wenig unter dem Druck der herannahenden Wolken visierte ich als erstes eine meiner Lieblingsregionen an: Den Großraum um das Mare Imbrium mit seinen Gebirgen und Kratern. Da keine Zeit für eine genaue Fokussierung am Stern blieb, musste ich „nach Augenmaß“ direkt am Mond scharfstellen. Der Mond ist im Gegensatz zu einem Stern keine Punktquelle, deshalb ist es schwerer zu erkennen, ob der Fokus stimmt oder geringfügig abweicht. Im Groben passte der Fokus aber.
Auf dem Bild, hier auf Flickr, ist links die sogenannte Regenbogenbucht zu sehen, lat. Sinus Iridum. Dabei handelt es sich um ein Einschlagbecken mit rund 400 Kilometern Durchmesser, dessen Ränder nicht mehr vollständig erhalten sind. Der gesamte südöstliche Kraterwall fehlt, weil er vermutlich aufgrund struktureller Schwächen eingebrochen ist. Später drang basaltisches Magma in das Becken ein und überflutete die ganze Region, so dass sich nur die noch vorhandenen, hohen Kraterwälle über den Kraterboden erheben.
Ein Stück rechts von der Bildmitte liegt Plato mit 101 Kilometern Durchmesser, einer der bekanntesten Krater auf dem Mond. Weiter rechts schließen sich die Montes Alpes an. Der circa 250 Kilometer lange und etwa 50 Kilometer breite Gebirgszug ist ein beliebtes Beobachtungsobjekt, sowohl visuell als auch fotografisch. Er wird von dem elf Kilometer breiten Alpental durchschnitten, das auf dem Bild diagonal von unten links nach oben rechts durch den Gebirgszug verläuft.
Die Montes Alpes und das rechts angrenzende Gebirge, die Montes Caucasus, treten auf diesem Bild aber nicht besonders markant hervor. Der Grund dafür ist die Mondphase, bei der dieses Gebiet schon relativ frontal von der Sonne beleuchtet wird, weswegen die Gebirge keine langen Schatten mehr werfen. Im Vergleich dazu wirken die Regionen in der Nähe der Tag-Nacht-Grenze (Terminator) viel plastischer.
Oben: Das zweite Bild zeigt eine interessante Region auf der Südhalbkugel unseres Trabanten. Der auffällige Krater rechts ist Tycho, dessen ausgeprägtes Strahlensystem bereits in einem kleinen Fernglas förmlich ins Auge springt. Sein Durchmesser beträgt etwa 86 Kilometer, und sein Zentralberg erreicht eine Höhe von ungefähr 1.500 Metern. Ein Stück südöstlich liegt der wesentlich größere Krater Clavius (225 Kilometer Durchmesser) mit den markanten kleineren Kratern in seinem Inneren.
Die längliche Struktur unterhalb der Bildmitte ist Schiller. Man nimmt an, dass seine längliche Form durch einen Asteroideneinschlag unter einem sehr flachen Winkel entstand. Die ausgedehnte, fast kreisförmig und dunkel erscheinende Region oben links ist das Mare Humorum, dessen Boden ebenfalls von erstarrter Basaltlava bedeckt ist. Zum Bild auf Flickr.
Oben: Auf dem letzten Bild der gestrigen kurzen Beobachtungssession sind mehrere interessante Oberflächenformationen zu sehen. Oben rechts erstreckt sich beispielsweise der Gebirgszug der Montes Apenninus, allerdings ergab sich auch hier das oben angesprochene Problem der falschen Mondphase, um das Gebirge wirklich markant wirken zu lassen. Der Krater unterhalb der Bildmitte ist Copernicus (93 Kilometer Durchmesser). Direkt nordwestlich von ihm liegen die Montes Carpatus, die wie alle großen Gebirge auf der Mondoberfläche nach irdischen Vorbildern benannt wurden.
Oben links fällt einem der Krater Aristarchus ins Auge, der nahe des Terminators in einem sehr flachen Winkel beleuchtet wird, so dass praktisch nur eine Innenseite seines Kraterrandes erkennbar ist. Aristarchus ist eine der hellsten Strukturen auf der Mondoberfläche und ist sogar im Erdschein zu erkennen, wenn der Mond größtenteils im Schatten liegt. Zum Bild auf Flickr.
Alle Bilder basieren auf kurzen Videos mit knapp 2.000 Frames, die per Software analysiert und verarbeitet wurde, um die Luftunruhe möglichst gut herauszumitteln.
(THK)
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