NGC 4696: Der arrhythmische Herzschlag eines Schwarzen Lochs

Kompositbild der Zentralregion von NGC 4696, basierend auf Daten von Chandra (rot), dem VLA (blau) und Hubble (grün). (Credits: X-ray: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.; Optical: NASA / STScI; Radio: NSF / NRAO / VLA)
Kompositbild der Zentralregion von NGC 4696, basierend auf Daten von Chandra (rot), dem VLA (blau) und Hubble (grün). (Credits: X-ray: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.; Optical: NASA / STScI; Radio: NSF / NRAO / VLA)

Im Zentrum des Centaurus-Galaxienhaufens gibt es eine große elliptische Galaxie mit der Bezeichnung NGC 4696. Tief im Kern dieser Galaxie eingebettet befindet sich ein supermassives Schwarzes Loch. Neue Daten des Chandra X-ray Observatory der NASA und anderer Teleskope haben Details über dieses riesige Schwarze Loch offenbart, das etwa 145 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt liegt.

Obwohl das Schwarze Loch selbst nicht registriert wurde, ziehen Astronomen Schlüsse aus dem Einfluss, den es auf seine Galaxie und den größeren Galaxienhaufen um sie herum ausübt. In mancherlei Hinsicht gleicht dieses Schwarze Loch einem schlagenden Herzen, das Blut durch die Arterien in den Körper pumpt. Auf ähnliche Weise kann ein Schwarzes Loch Materie und Energie in seine Heimatgalaxie und darüber hinaus injizieren.

Durch die Untersuchung der Details in den Röntgendaten Chandras haben Wissenschaftler Belege für wiederholte Ausbrüche energiereicher Teilchen gefunden, die in Jets von dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum von NGC 4696 erzeugt werden. Diese Ausbrüche erschaffen große Leerräume in dem heißen Gas, das den Raum zwischen den Galaxien in dem Galaxienhaufen füllt. Die Ausbrüche verursachen außerdem Schockwellen ähnlich einem von Hochgeschwindigkeitsflugzeugen erzeugten Überschnallknall, die zehntausende Lichtjahre weit durch den Galaxienhaufen laufen.

Das obige Kompositbild enthält Röntgendaten Chandras (rot), die das heiße Gas in dem Galaxienhaufen enthüllen. Außerdem wurden Radiodaten des Karl G. Jansky Very Large Array (blau) verwendet, die hochenergetische Teilchen zeigen, welche von den Materiejets produziert wurden. Optische Daten des Weltraumteleskops Hubble (grün) zeigen Galaxien innerhalb des Galaxienhaufens und Sterne außerhalb des Galaxienhaufens.

Dieses Bild zeigt ein größeres Blickfeld als das obige Kompositbild - etwa 122.000 Lichtjahre von einer Seite zur anderen. (Credit: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.)
Dieses Bild zeigt ein größeres Blickfeld als das obige Kompositbild – etwa 122.000 Lichtjahre von einer Seite zur anderen. (Credit: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.)

Astronomen wandten eine spezielle Verarbeitungstechnik auf die Röntgendaten an, um neun sichtbare Leerräume in dem heißen Gas hervorzuheben. Diese Leerräume tragen auf einem weiteren Bild die Bezeichnungen A bis I; die Position des Schwarzen Lochs ist mit einem Kreuz markiert. Die Leerräume, die zuletzt entstanden, befinden sich am nächsten zu dem Schwarzen Loch, insbesondere die mit den Bezeichnungen A und B.

Die Forscher schätzen, dass die Ausbrüche des Schwarzen Lochs – die „Herzschläge“ – alle fünf bis zehn Millionen Jahre stattfanden. Neben den stark schwankenden Zeitskalen unterscheiden sich diese „Herzschläge“ auch von menschlichen Herzschlägen, weil sie nicht besonders regelmäßig sind.

Auch dieses Bild zeigt einen größeren Ausschnitt als das Kompositbild - circa 550.000 Lichtjahre von Seite zu Seite. Hier bei kam eine andere Verarbeitungstechnik zum Einsatz. (Credit: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.)
Auch dieses Bild zeigt einen größeren Ausschnitt als das Kompositbild – circa 550.000 Lichtjahre von Seite zu Seite. Hier bei kam eine andere Verarbeitungstechnik zum Einsatz. (Credit: NASA / CXC / MPE / J.Sanders et al.)

Eine andere Verarbeitungstechnik der Röntgendaten (oben) zeigt eine Reihe gekrümmter und annähernd abstandsgleicher Strukturen in dem heißen Gas. Dies könnte durch Schallwellen verursacht werden, die von den wiederholten Ausbrüchen des Schwarzen Lochs produziert werden. In einem Galaxienhaufen ermöglicht das heiße Gas, welches den Galaxienhaufen füllt, die Ausbreitung von Schallwellen – wenn auch mit Frequenzen, die viel zu klein sind, um von Menschen gehört zu werden. (Beide Bilder mit den gekennzeichneten Leerräumen wurden etwas im Uhrzeigersinn gedreht, um mit dem Kompositbild übereinzustimmen.)

Die Strukturen im Centaurus-Galaxienhaufen gleichen jenen, die im Perseus-Galaxienhaufen beobachtet wurden. Der Ton im Klang des Centaurus-Galaxienhaufens ist extrem tief: Er entspricht einem disharmonischen Klang etwa 56 Oktaven unterhalb den Noten um das mittlere c. Damit handelt es sich um einen geringfügig (etwa eine Oktave) höheren Ton als beim Klang des Perseus-Galaxienhaufens. Alternative Erklärungen für diese gekrümmten Strukturen umfassen die Auswirkungen von Turbulenzen oder Magnetfeldern.

Die Ausbrüche des Schwarzen Lochs scheinen auch Gas aufgewirbelt zu haben, das mit Elementen angereichert wurde, welche bei Supernova-Explosionen entstanden. Die Autoren der Studie über den Centaurus-Galaxienhaufen erstellten eine Karte, welche die Dichte der Elemente schwerer als Wasserstoff und Helium zeigt. Die helleren Farben in der Karte zeigen Regionen mit der höchsten Dichte an schweren Elementen, und die dunkleren Farben stellen die Regionen mit einer geringeren Dichte an schweren Elementen dar.

Eine geringere Dichte an schweren Elementen nahe des Schwarzen Lochs stimmt mit der Theorie überein, dass angereichertes Gas durch Eruptionsaktivitäten des Schwarzen Lochs aus dem Zentrum des Galaxienhaufens herausgeblasen wurde. Die von dem Schwarzen Loch abgegebene Energie kann außerdem das gigantische Reservoir aus heißem Gas vor dem Abkühlen bewahren. Das hat die Bildung zahlreicher Sterne in dem Gas verhindert.

Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, wurde am 21. März 2016 in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht und ist online verfügbar. Der Erstautor ist Jeremy Sanders vom Max Planck Institute für extraterrestrische Physik in Garching (Deutschland).

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

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