Etwa 85 Prozent der Materie im Universum liegen in der Form von Dunkler Materie vor, deren Natur noch immer rätselhaft ist. Die restliche Materie im Universum ist gewöhnliche Materie wie beispielsweise Atome. Astronomen, die die Entwicklung der Galaxien im Universum untersuchen, haben festgestellt, dass Dunkle Materie gravitativen Einfluss ausübt. Weil sie in großen Mengen vorhanden ist, dominiert sie dadurch die Bildung großräumiger Strukturen im Universum, zum Beispiel Galaxienhaufen.
Unnötig zu erwähnen, dass Dunkle Materie schwer direkt zu beobachten ist und keine Anhaltspunkte dafür zeigt, dass sie mit sich selbst oder anderer Materie auf andere Weise als über die Gravitation wechselwirkt. Glücklicherweise kann sie aber aber untersucht werden, indem Modelle mit empfindliche Beobachtungen der Verteilung von Galaxien über verschiedene Größenskalen erstellt werden.
Galaxien befinden sich normalerweise in den Zentren großer Halos aus Dunkler Materie, die die Galaxienhaufen umgeben. Der Gravitationslinseneffekt an fernen Galaxien, hervorgerufen durch Dunkle-Materie-Halos, bietet eine einzigartige und leistungsfähige Möglichkeit, die genaue Verteilung der Dunklen Materie zu erforschen. Der sogenannte starke Gravitationslinseneffekt erzeugt hochgradig verzerrte, vergrößerte und manchmal mehrfache Abbilder einer einzigen Quelle. Der schwache Gravitationslinseneffekt resultiert in wenig aber dennoch systematisch deformierten Hintergrundgalaxien und kann ebenfalls verlässliche Daten über die Verteilung der Dunklen Materie innerhalb der Galaxienhaufen liefern.
Die Astronomen Annalisa Pillepich und Lars Hernquist vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ihre Kollegen verglichen Hubble-Bilder des gravitativ verzerrten Galaxienhaufens Abell 2744 und zweier anderer Galaxienhaufen mit den Ergebnissen von Computersimulationen über Dunkle-Materie-Halos. In Übereinstimmung mit Schlüsselvorhersagen der konventionellen Theorie über Dunkle Materie stellten sie fest, dass die detaillierten galaktischen Substrukturen von der Verteilung der Dunklen Materie im Halo abhängt und dass die Gesamtmasse und das Licht Rückschlüsse aufeinander zulassen.
Sie fanden außerdem ein paar Unstimmigkeiten: Die radiale Verteilung der Dunklen Materie unterscheidet sich von der in den Simulationen vorhergesagten Verteilung, und die Auswirkungen der Gezeitenkräfte und Reibung in Galaxien sind kleiner als erwartet. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass diese Probleme mit präziseren Simulationen gelöst werden könnten. Insgesamt leistet das Standardmodell der Dunklen Materie eine exzellente und verlässliche Arbeit bei der Beschreibung der Bildung von Galaxienhaufen.
Abhandlung: „Mapping Substructure in the HST Frontier Fields Cluster Lenses and in Cosmological Simulations“ von Priyamvada Natarajan, Urmila Chadayammuri, Mathilde Jauzac, Johan Richard, Jean-Paul Kneib, Harald Ebeling, Fangzhou Jiang, Frank van den Bosch, Marceau Limousin, Eric Jullo, Hakim Atek, Annalisa Pillepich, Cristina Popa, Federico Marinacci, Lars Hernquist, Massimo Meneghetti und Mark Vogelsberger, MNRAS 468, 1962, 2017.
(THK)
Antworten