LHCb macht Präzisionsmessungen zweier Charmonium-Teilchen

Der Raum mit dem LHCb-Experiment. (Credit: Image: Maximilien Brice / CERN)
Der Raum mit dem LHCb-Experiment. (Credit: Image: Maximilien Brice / CERN)

Gestern hat das LHCb-Experiment am CERN eine Messung der Massen zweier bestimmter Teilchen präsentiert, deren Präzision für diesen Teilchentyp an einem Hadronenbeschleuniger bislang noch nicht erreicht wurde. Bis jetzt erforderte die präzise Untersuchung dieser „Charmonium“-Teilchen (unschätzbaren Quellen für Einblicke in die subatomare Welt) die Konstruktion spezieller Experimente.

„Dank dieses Resultats ebnet die LHCb Collaboration einen neuen Weg zu Präzisionsmessungen von Charmonium-Teilchen an Hadronenbeschleunigern, der von der Physikgemeinschaft nicht erwartet wurde“, sagte Giovanni Passaleva, der Sprecher der LHCb Collaboration. Noch vor kurzer Zeit schien diese Art von Messung in der Tat unmöglich zu sein.

Die beiden Teilchen namens χC1 und χC2 sind angeregte Zustände eines besser bekannten Mesons mit der Bezeichnung J/ψ (Psion genannt). Ein angeregter Zustand ist ein Teilchen, das eine höhere Energie beziehungsweise Masse aufweist als die mögliche Minimalkonfiguration. Das J/ψ-Meson und seine angeregten Zustände, auch als Charmonium bezeichnet, bestehen aus einem Charm-Quark und seinem Antimaterie-Gegenstück, einem Charm-Antiquark, die durch die starke Wechselwirkung aneinander gebunden sind.

Die revolutionäre Beobachtung des J/ψ-Mesons im November 1974 löste rasche Veränderungen in der damaligen Hochenergiephysik aus und brachte seinen Entdeckern den Physik-Nobelpreis. Genau wie gewöhnliche Atome kann ein Meson in angeregten Zuständen beobachtet werden, bei denen sich die beiden Quarks in verschiedenen Konfigurationen umkreisen. Wegen Einsteins berühmter Äquivalenz von Energie und Masse können sie nach einer sehr kurzen Zeit verschwinden und in einige andere Teilchen mit geringeren Massen zerfallen.

Das LHCb-Experiment untersuchte erstmals den besonderen Zerfallsprozess von χC1– und χC2 -Mesonen in ein J/ψ-Meson und ein Paar Myonen, um einige ihrer Eigenschaften sehr präzise zu bestimmen.

Frühere Studien zu χC1– und χC2-Mesonen in Teilchenbeschleunigern haben eine andere Zerfallsart dieser Teilchen offenbart, bei der am Ende ein Photon statt eines Paars Myonen entsteht. Die Messung der Energie eines Photons ist in der extremen Umgebung eines Teilchenbeschleunigers experimentell allerdings sehr anspruchsvoll. Aufgrund der spezialisierten Fähigkeiten des LHCb-Detektors bei der Messung von Bahnen und Eigenschaften geladener Teilchen wie Myonen und dank der umfangreichen Datensätze, die während der ersten beiden Betriebsläufe des LHC bis Ende 2016 gesammelt wurden, war es aber möglich, die beiden angeregten Teilchen mit exzellenter Massenauflösung zu beobachten.

Die neuen Massenbestimmungen der χC1– und χC2-Mesonen nutzten diesen neuen Zerfall mit zwei Myonen als Endprodukte. Sie haben eine ähnliche Genauigkeit und stimmen gut mit früheren Messungen überein, die mit speziell entwickelten Experimenten gemacht wurden, welche sich von jenen in Teilchenbeschleunigern unterscheiden.

„Wir sind nicht länger auf speziell für solche Studien entwickelte Experimente angewiesen“, sagte Passaleva. „Darüber hinaus werden wir in der nahen Zukunft auch in der Lage sein, einen vergleichbaren Ansatz für die Untersuchung einer ähnlichen Teilchenklasse – Bottomonium – zu verwenden, bei der statt Charm-Quarks Beauty-Quarks vorhanden sind.“

Diese neuen Messungen werden zusammen mit zukünftigen Updates aus größeren Datensätzen am LHC neue, strenge Prüfungen der Vorhersagen der Quantenchromodynamik erlauben und zu der Aufgabe beitragen, die schwer nachweisbaren Eigenschaften dieser fundamentalen Wechselwirkung in der Natur vollständig zu verstehen. Die Quantenchromodynamik ist die Theorie, die das Verhalten der starken Wechselwirkung beschreibt.

Abhandlung: „Precise measurement of the χC1– und χC2 resonance parameters with the decays χC1,2 –> J/ψμ+μ“ von der LHCb Collaboration

Quelle

(THK)

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