Ein von kanadischen Wissenschaftlern geleitetes internationales Team hat kürzlich entdeckt, dass Flecken auf der Oberfläche eines Überriesen-Sterns große Spiralstrukturen in seinen Sternwinden verursachen. Ihre Ergebnisse wurden in einer neuen Ausgabe der Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.
Massereiche Sterne sind für die Erzeugung der schweren Elemente verantwortlich, aus denen alles Leben auf der Erde besteht. Am Ende ihres Lebens zerstreuen sie die Materie durch katastrophale Supernova-Explosionen im interstellaren Weltraum. Ohne diese dramatischen Ereignisse wäre unser Sonnensystem nie entstanden.
Zeta Puppis ist ein entwickelter, massereicher Stern, der als Überriese klassifiziert ist. Er ist etwa 60 Mal massereicher als unsere Sonne, und seine Oberflächentemperatur ist rund sieben Mal höher als die der Sonne. Massereiche Sterne sind selten und kommen oft in Doppelsternsystemen oder kleinen Gruppen vor, die als Mehrfachsysteme bezeichnet werden. Zeta Puppis ist allerdings etwas Besonderes, weil er ein massereicher Einzelstern ist, der mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 60 Kilometern pro Sekunde allein durch das Weltall fliegt.
„Man stelle sich ein Objekt vor, das 60 Mal massereicher als die Sonne ist und sich 60 Mal schneller als eine Gewehrkugel bewegt“, sagen die Forscher. Dany Vanbeveren, Professor an der Vrije Universität Brüssel, gibt eine mögliche Erklärung dafür, warum sich der Stern so schnell bewegt: „Eine Theorie besagt, dass Zeta Puppis in der Vergangenheit mit einem Doppelsternsystem oder Mehrfachsystem interagierte und mit unglaublicher Geschwindigkeit in den Weltraum katapultiert wurde.“
Mit einem Netzwerk aus Nanosatelliten der Weltraummission BRITE (BRIght Target Explorer) überwachten Astronomen die Oberflächenhelligkeit von Zeta Puppis über einen Zeitraum von sechs Monaten. Gleichzeitig beobachteten sie das Verhalten seiner Sternwinde mit mehreren bodenbasierten Profi- und Amateur-Observatorien.
Tahina Ramiaramanantsoa, ein Doktorand an der Université de Montréal und Mitglied des Centre de Recherche en Astrophysique du Québec (CRAQ), erklärt die Ergebnisse der Autoren: „Die Beobachtungen offenbarten ein sich wiederholendes Muster alle 1,78 Tage, sowohl auf der Oberfläche des Sterns als auch in den Sternwinden. Das periodische Signal spiegelt die Rotation des Sterns mittels riesiger „heller Flecken“ auf seiner Oberfläche wider, die großräumige spiralförmige Strukturen in dem Sternwind hervorrufen. Letztere werden als mitrotierende Interaktionsregionen (co-rotating interaction regions, CIRs) bezeichnet.
„Durch die Untersuchung des Lichts, das bei einer bestimmten Wellenlänge von ionisiertem Helium aus dem Sternwind emittiert wird, erkannten wir mehrere S-förmige Muster, die von den Armen der mitrotierenden Interaktionsregionen durch die hellen Oberflächenflecken in dem Wind verursacht wurden“, ergänzte Ramiaramanantsoa. Neben der Periodizität alle 1,78 Tage registrierte das Forschungsteam auf der Oberfläche von Zeta Puppis auch zufällige Veränderungen in Zeitskalen von Stunden. Sie hängen mit dem Verhalten von kleinen Regionen höherer Dichte in dem Wind zusammen (sogenannten Knoten), die von dem Stern nach außen strömen.
„Diese Ergebnisse sind sehr spannend, weil wir erstmals auch Hinweise auf einen direkten Zusammenhang zwischen Oberflächenveränderungen und Knotenbildung in den Winden finden, die beide Zufallscharakter haben“, kommentierte das Teammitglied Anthony Moffat, emiritierter Professor an der Université de Montréal und leitender Wissenschaftler des kanadischen Beitrags zur BRITE-Mission.
Nach mehreren Jahrzehnten des Kopfzerbrechens über den potenziellen Zusammenhang zwischen der Oberflächenveränderlichkeit sehr heißer, massereicher Sterne und der Veränderlichkeit ihrer Winde sind diese Ergebnisse ein entscheidender Durchbruch bei der Erforschung massereicher Sterne. Der Durchbruch ist hauptsächlich den BRITE-Nanosatelliten und dem großen Beitrag von Amateur-Astronomen zu verdanken.
„Es ist wirklich spannen zu wissen, dass engagierte Amateur-Astronomen mit handelsüblichem Equipment in ihren privaten Sternwarten sogar in der Ära professioneller Riesenteleskope eine wichtige Rolle an der Wissenschaftsfront spielen können“, sagte das Teammitglied Paul Luckas vom International Centre for Radio Astronomy Research (ICRAR) an der University of Western Australia. Luckas ist einer von sechs Amateur-Astronomen, die Zeta Puppis während der Beobachtungskampagne im Rahmen der „Southern Amateur Spectroscopy Initiative“ von zuhause aus intensiv beobachteten.
Die physikalischen Ursprünge der hellen Oberflächenflecken und der bei Zeta Puppis entdeckten zufälligen Helligkeitsveränderungen bleiben zu diesem Zeitpunkt unbekannt und werden Gegenstand weiterer Untersuchungen sein, die wahrscheinlich viele weitere Beobachtungen mit Weltraumobservatorien, großen bodenbasierten Einrichtungen und auch kleinen Teleskopen erfordern.
Abhandlung: „BRITE-Constellation high-precision time-dependent photometry of the early-O-type supergiant Zeta Puppis unveils the photospheric drivers of its small- and large-scale wind structures“ von Ramiaramanantsoa et al.
(THK)
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