Neutronensterne bestehen aus ultradichter Materie. Wie sich diese Materie verhält, ist eines der größten Rätsel der modernen Kernphysik. Wissenschaftler haben eine neue Methode zur Bestimmung der Radien von Neutronensternen entwickelt, die ihnen hilft zu verstehen, was mit der Materie unter dem extremen Druck im Innern des Sterns geschieht.
Im Rahmen einer Studie unter Leitung einer Forschungsgruppe im Bereich Hochenergie-Astrophysik an der University of Turku wurde eine neue Methode zur Messung der Größe von Neutronensternen entwickelt. Die Methode stützt sich auf Simulationen dessen, wie thermonukleare Explosionen in den obersten Schichten des Sterns Röntgenstrahlung emittieren. Durch Vergleiche der beobachteten Röntgenstrahlung von Neutronensternen mit modernen theoretischen Strahlungsmodellen waren die Forscher in der Lage, die Größe der emittierenden Quelle einzugrenzen. Diese neue Analyse spricht dafür, dass der Radius eines Neutronensterns etwa 12,4 Kilometer betragen sollte.
„Frühere Messungen haben gezeigt, dass der Radius eines Neutronensterns 10-16 Kilometer beträgt. Wir grenzten das auf etwa zwölf Kilometer ein, mit einer Genauigkeit von 400 Metern oder vielleicht 1.000 Metern, um ganz sicher zu sein. Daher ist die neue Messung eine deutliche Verbesserung gegenüber den früheren Messungen“, sagte der Doktorand Joonas Nättilä, der die Methode entwickelte.
Die neuen Messungen helfen Forschern zu untersuchen, welche Art kernphysikalischer Bedingungen in extrem dichten Neutronensternen existieren. Wissenschaftler sind besonders daran interessiert, die Zustandsgleichung der Neutronenmaterie zu bestimmen. Die Zustandsgleichung zeigt, wie kompressibel die Materie bei extrem hohen Dichten ist.
„Die Dichte der Materie von Neutronensternen beträgt etwa 100 Millionen Tonnen pro Kubikzentimeter. Neutronensterne sind die einzigen in der Natur auftretenden bekannten Objekte, an denen solche extremen Materiezustände untersucht werden können“, sagte Juri Poutanen, der Leiter der Forschungsgruppe.
Die neuen Ergebnisse helfen auch dabei, die kürzlich entdeckten Gravitationswellen zu verstehen, die aus der Kollision zweier Neutronensterne hervorgingen. Aus diesem Grund hat das LIGO/VIRGO-Konsortium, das diese Gravitationswellen entdeckte, ihre kürzlich gemachten Beobachtungen schnell mit den neuen Grenzwerten der finnischen Wissenschaftler verglichen.
„Die spezifische Form des Gravitationswellensignals hängt stark von den Radien und den Zustandsgleichungen der Neutronensterne ab. Es ist sehr spannend zu sehen, wie diese beiden völlig unterschiedlichen Messungen dieselbe Geschichte über die Zusammensetzung von Neutronensternen erzählen. Der nächste Schritt besteht darin, diese beiden Ergebnisse zu kombinieren. Wir führen bereits rege Gespräche mit unseren Kollegen, wie das zu tun wäre“, sagte Nättilä.
Abhandlung: „Neutron star mass and radius measurements from atmospheric model fits to X-ray burst cooling tail spectra“ von Nättilä et al.
(THK)
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