Neue Erkenntnisse zu ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen

Ein Bild der Whirlpool-Galaxie M51, basierend auf Röntgendaten von Chandra (violett) und optischen Daten von Hubble (rot, grün, blau). Die Position der ultraleuchtkräftigen Röntgenquelle ist markiert. (Credit: NASA / CXC / Caltech / M.Brightman et al.; Optical: NASA / STScI)
Ein Bild der Whirlpool-Galaxie M51, basierend auf Röntgendaten von Chandra (violett) und optischen Daten von Hubble (rot, grün, blau). Die Position der ultraleuchtkräftigen Röntgenquelle ist markiert. (Credit: NASA / CXC / Caltech / M.Brightman et al.; Optical: NASA / STScI)

In den 1980er Jahren begannen Forscher extrem helle Röntgenquellen in den Außenbereichen von Galaxien zu entdecken, weit entfernt von den supermassiven Schwarzen Löchern, die ihre Zentren dominieren. Zunächst dachten die Wissenschaftler, dass diese kosmischen Objekte – ultraleuchtkräftige Röntgenquellen (ultraluminous X-ray Sources, ULXs) genannt – Schwarze Löcher mit mehr als zehn Sonnenmassen sind.

Aber Beobachtungen, die seit dem Jahr 2014 mit dem Nuclear Spectroscopic Telescope Array (NuSTAR) der NASA und anderen Weltraumteleskopen gemacht wurden, zeigen, dass manche ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen (die im Röntgenlicht so hell wie Millionen Sonnen leuchten) in Wirklichkeit Neutronensterne sind. Neutronensterne sind die ausgebrannten Kerne von massereichen Sternen, die zuvor als Supernova explodierten. Bislang wurden drei solcher ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen als Neutronensterne identifiziert.

Jetzt hat ein vom California Institute of Technology (Caltech) geleitetes Team mit Daten des Chandra X-ray Observatory der NASA eine vierte ultraleuchtkräftige Röntgenquelle als Neutronenstern identifiziert und neue Anhaltspunkte gefunden, wie diese Objekte so hell leuchten können.

Neutronensterne sind extrem dichte Objekte: Ein Teelöffel voll Neutronenstern würde etwa eine Milliarde Tonnen wiegen – so viel wie ein Berg. Ihre Gravitation zieht umgebende Materie von Begleitsternen an. Wenn diese Materie angezogen wird, heizt sie sich auf und leuchtet im Röntgenbereich. Aber während sich der Neutronenstern von der Materie „ernährt“, kommt eine Zeit, in der das resultierende Röntgenlicht die Materie wegbläst. Astronomen bezeichnen diesen Punkt – den Punkt, ab dem die Objekte die Materie nicht schneller anziehen und damit auch nicht mehr Röntgenlicht emittieren können – als die sogenannte Eddington-Grenze.

„So wie wir nur eine bestimmte Menge Nahrung auf einmal essen können, gibt es Grenzen dafür, wie schnell Neutronensterne Materie ansammeln können“, sagte Murray Brightman, ein Postdoktorand am Caltech und Hauptautor eine neuen Studie zu den Ergebnissen im Journal Nature Astronomy. Aber ultraleuchtkräftige Röntgenquellen brechen diese Grenze irgendwie, um so unglaublich helle Röntgenstrahlung zu emittieren, und wir wissen nicht warum.“

In der neuen Studie betrachteten die Forscher eine ultraleuchtkräftige Röntgenquelle in der Whirlpool-Galaxie M51, die rund 28 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Sie analysierten archivierte Röntgendaten von Chandra und entdeckten eine ungewöhnliche Abnahme im Lichtspektrum der ultraleuchtkräftigen Röntgenquelle. Nachdem sie alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen hatten, stellten sie fest, dass die Abnahme auf ein Phänomen zurückzuführen war, das als Zyklotronresonanzstreuung bezeichnet wird. Es tritt auf, wenn geladene Teilchen – entweder positiv geladene Protonen oder negativ geladene Elektronen – in einem Magnetfeld kreisen. Schwarze Löcher selbst besitzen keine Magnetfelder, aber Neutronensterne schon; deshalb offenbarte dieses Ergebnis, dass diese spezielle Röntgenquelle in M51 ein Neutronenstern sein muss.

Die Zyklotronresonanzstreuung erzeugt verräterische Signaturen im Lichtspektrum eines Sterns, und die Präsenz dieser Muster – sogenannter Zyklotronlinien – kann Informationen über die Stärke des Magnetfeld eines Sterns liefern. Das gilt aber nur, wenn der Verursacher der Linien bekannt ist, also entweder Protonen oder Elektronen. Bezüglich dieser Röntgenquelle haben die Forscher kein ausreichend detailliertes Spektrum, um es mit Sicherheit zu sagen.

„Wenn die Zyklotronlinie von Protonen stammt, wüssten wir, dass die Magnetfelder um den Neutronenstern extrem stark sind und in der Tat dabei helfen könnten, die Eddington-Grenze zu durchbrechen“, sagte Brightman. Derart starke Magnetfelder könnten den Druck der Röntgenstrahlung einer ultraleuchtkräftigen Röntgenquelle reduzieren und dem Neutronenstern erlauben, mehr Materie als üblich zu konsumieren und extrem hell im Röntgenbereich zu leuchten.

Wenn die Zyklotronlinie von Elektronen stammt, dann wäre die Magnetfeldstärke um den Neutronenstern im Gegensatz dazu nicht außergewöhnlich hoch. In diesem Fall wäre das Magnetfeld wahrscheinlich nicht der Grund dafür, dass diese Sterne die Eddington-Grenze durchbrechen.

Um das Geheimnis, wie Neutronensterne diese Grenze durchbrechen, genauer zu ergründen, planen die Forscher mehr Röntgendaten über die ultraleuchtkräftige Röntgenquelle in M51 zu sammeln und nach weiteren Zyklotronlinien in anderen ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen zu suchen.

„Die Entdeckung, dass hinter diesen sehr hellen Objekten, die lange für Schwarze Löcher mit bis zu 1.000 Sonnenmassen gehalten wurden, weit weniger massereiche Neutronensterne stecken, war eine große wissenschaftliche Überraschung“, sagte Fiona Harrison. Harrison ist die Benjamin M. Rosen Professorin für Physik am Caltech; die Kent and Joyce Kresa Leadership Vorsitzende der Abteilung für Physik, Mathematik und Astronomie und die leitende Wissenschaftlerin der NuSTAR-Mission. „Jetzt könnten wir zuverlässige Hinweise darüber erhalten, wie und warum diese kleinen Objekte so mächtig sein können.“

Die Studie mit dem Titel „Magnetic field strength of a neutron-star-powered ultraluminous X-ray source„, erschienen in Nature Astronomy, wurde von der NASA und Ernest Rutherford Fellowships finanziert. Zu den Co-Autoren gehören Felix Fürst (European Space Astronomy Centre), Matthew J. Middleton (University of Southampton, Vereinigtes Königreich), Dominic Walton und Andrew C. Fabian (University of Cambridge, Vereinigtes Königreich), Daniel Stern (Jet Propulsion Laboratory), Marianne Heida (Caltech), Didier Barret (Centre national de la recherche scientifique und University of Toulouse) und Matteo Bachetti (Istituto Nazionale di Astrofisica).

Quelle

(THK)

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