Neue Studie zu kataklysmischen Veränderlichen in 47 Tucanae

Chandra-Aufnahme des Kugelsternhaufens 47 Tucanae. Die Kantenlänge des Bildes beträgt etwa zehn Lichtjahre. (Credits: NASA / CXC / Michigan State / A.Steiner et al. 2014)
Chandra-Aufnahme des Kugelsternhaufens 47 Tucanae. Die Kantenlänge des Bildes beträgt etwa zehn Lichtjahre. (Credits: NASA / CXC / Michigan State / A.Steiner et al. 2014)

Kataklysmische Veränderliche sind Weiße Zwerge, die Materie von einem umkreisenden, massearmen Begleitstern abziehen. Die Akkretion der Materie wird durch die Nähe der Sterne erleichtert. Typische Umlaufperioden liegen zwischen einer und zehn Stunden. Obwohl die Familie dieser exotischen kataklysmischen Veränderlichen heterogen ist, gibt es vier Klassen, die durch ihre Akkretionsphysik, Ausbrüche aufgrund gelegentlicher Akkretionsereignisse, Aktivitätsausbrüche auf der Oberfläche des Weißen Zwergs und die Präsenz von Wasserstofflinien bei dem Begleitstern charakterisiert sind.

Kataklysmische Veränderliche kommen in vielen galaktischen Umgebungen vor, aber ihre Anwesenheit in Kugelsternhaufen, deren Entfernungen und Populationen gut untersucht sind, erlaubt eine präzisere Vergleichsstudie ihrer Eigenschaften. Kataklysmische Veränderliche können die Entwicklung des Kugelsternhaufens beeinflussen, während sie selbst von der dichten stellaren Umgebung in einem Kugelsternhaufen beeinflusst werden.

Modelle zur Entwicklung von Kugelsternhaufen deuten darauf hin, dass ein Kugelsternhaufen mit rund einer Million Sternen nach etwa zehn Milliarden Jahren circa 200 kataklysmische Veränderliche enthalten sollte. Das sind viel mehr, als bislang in irgendeinem Kugelsternhaufen beobachtet wurden. Ihre Identifizierung ist allerdings nicht leicht, weil sie schwach sein können und weil sie in derart dicht bevölkerten stellaren Umgebungen existieren.

Die Astronomen Maureen van den Berg und Josh Grindlay vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ihre Kollegen entdeckten mit Beobachtungen der Weltraumteleskope Chandra und Hubble 22 neue kataklysmische Veränderliche im nahen Kugelsternhaufen 47 Tucanae. Damit sind im Kugelsternhaufen 47 Tucanae jetzt insgesamt 43 kataklysmische Veränderliche bekannt – mehr als in jedem anderen Kugelsternhaufen.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass 47 Tucanae weniger helle kataklysmische Veränderliche besitzt als erwartet. Viele Kugelsternhaufen zeigen einen steilen Anstieg der stellaren Dichte in der Nähe ihrer Zentren (das sogenannte Kernkollaps-Szenario). Die Wissenschaftler argumentieren, dass die hohen zentralen Dichten in diesen Kugelsternhaufen zu häufigen, nahen Begegnungen zwischen den Sternen geführt hat, was wiederum in der Bildung jüngerer und hellerer kataklysmischer Veränderlicher resultierte. Der Kugelsternhaufen 47 Tucanae hat einen solchen Kernkollaps nicht erfahren, was den relativen Mangel an solch hellen kataklysmischen Veränderlichen erklären könnte.

Die neuen Ergebnisse sprechen dafür, dass die Population der kataklysmischen Veränderlichen in 47 Tucanae daher eine Kombination aus primordialen kataklysmischen Veränderlichen und anderen Exemplaren ist, die sich dynamisch früh in der Entstehungsgeschichte des Kugelsternhaufens bildeten.

Abhandlung: „New Cataclysmic Variables and Other Exotic Binaries in the Globular Cluster 47 Tucanae“ von L. E. Rivera Sandoval, M. van den Berg, C. O. Heinke, H. N. Cohn, P. M. Lugger, J. Anderson, A. M. Cool, P. D. Edmonds, R. Wijnands, N. Ivanova und J. E. Grindlay, MNRAS 475, 4841, 2018.

Quelle

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*