Ein Astronomenteam hat eine der hochauflösendsten Beobachtungen in der astronomischen Geschichte durchgeführt, indem es zwei intensive Strahlungsregionen um einen 6.500 Lichtjahre entfernten Stern untersuchte, die einen Abstand von nur 20 Kilometern haben. Das ist vergleichbar mit der Verwendung eines Teleskops auf der Erde, um einen Floh auf der Oberfläche von Pluto zu sehen.
Die außergewöhnliche Beobachtung war möglich aufgrund der seltenen Geometrie und Eigenschaften eines Sternpaares, das sich gegenseitig umkreist. Eines der Objekte ist ein kühler, leichter Brauner Zwerg, der einen kometenähnlichen Gasschweif besitzt. Das andere ist ein exotischer, schnell rotierender Pulsar.
„Das Gas agiert wie ein Vergrößerungsglas direkt vor dem Pulsar“, sagte Robert Main, Hauptautor der am 24. Mai 2018 im Journal Nature veröffentlichten Studie, die die Beobachtung beschreibt. „Im Grunde genommen betrachten wir den Pulsar durch einen natürlich auftretenden Verstärker, der uns regelmäßig erlaubt, die beiden Regionen getrennt zu beobachten.“
Main ist Doktorand der Astronomie am Department of Astronomy & Astrophysics der University of Toronto und arbeitet mit Kollegen des Dunlap Institute for Astronomy & Astrophysics (University of Toronto) sowie des Canadian Institute for Theoretical Astrophysics und des Perimeter Institute zusammen.
Der Pulsar ist ein Neutronenstern, der rasch rotiert – über 600 Mal pro Sekunde. Während der Pulsar rotiert, emittiert er Strahlungsimpulse von den beiden Hotspots auf seiner Oberfläche. Die beiden beobachteten Regionen mit intensiver Strahlung stehen mit den emittierten Strahlen in Zusammenhang.
Der Braune Zwerg hat etwa ein Drittel des Sonnendurchmessers und liegt rund zwei Millionen Kilometer (ungefähr der fünffache Abstand zwischen Erde und Mond) von dem Pulsar entfernt, den er in nur wenig mehr als neun Stunden umkreist. Er unterliegt dabei einer gebundenen Rotation, so dass eine Seite immer in Richtung des Pulsars zeigt. Auf gleiche Weise unterliegt auch der Erdmond einer gebundenen Rotation.
Weil er so nah an dem Pulsar liegt, wird der Braune Zwerg von der starken Strahlung des kleineren Pulsars getroffen. Die intensive Strahlung des Pulsars heizt die eine Seite des relativ kühlen Braunen Zwergs auf rund 6.000 Grad Celsius auf – ungefähr so heiß wie die Oberfläche unserer Sonne.
Die Strahlungsausbrüche des Pulsars könnten letztendlich den Untergang seines Begleiters bedeuten. Pulsare in diesem Doppelsternsystemtyp werden als Schwarze-Witwen-Pulsare bezeichnet. Genau wie eine Schwarze Witwe ihren Partner frisst, nimmt man an, dass der Pulsar unter den richtigen Bedingungen Gas von seinem Begleiter abziehen könnte, bis letzterer aufgezehrt ist.
Neben einer Beobachtung von unglaublich hoher Auflösung könnte das Ergebnis auch einen Hinweis auf die Natur des rätselhaften Phänomens der schnellen Radioblitze (Fast Radio Burst, FRB) geben.
„Viele beobachtete Eigenschaften von schnellen Radioblitzen könnten erklärt werden, wenn sie durch Plasmalinsen verstärkt werden würden“, sagte Main. „Die Eigenschaften der von uns in unserer Studie registrierten verstärkten Impulse zeigen eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu den Ausbrüchen der sich wiederholenden schnellen Radioblitze. Das spricht dafür, dass die sich wiederholenden schnellen Radioblitze von Plasma in ihrer Heimatgalaxie gebündelt werden könnten.
Ergänzende Informationen:
Der Pulsar trägt die Katalogbezeichnung PSR B1957+20. Frühere Forschungen unter Leitung von Mains Co-Autor Professor Marten van Kerkwijk (University of Toronto) lassen darauf schließen, dass er wahrscheinlich einer der massereichsten bekannten Pulsare ist. Nachfolgende Arbeiten werden seine Masse genauer messen und helfen zu verstehen, wie sich Materie unter den höchsten bekannten Dichten verhält und damit auch, wie massereich ein Neutronenstern sein kann, bevor er zu einem Schwarzen Loch kollabiert.
Main und seine Co-Autoren nutzen Daten, die mit dem Arecibo-Radioteleskop gesammelt wurden, bevor der Wirbelsturm Maria das Teleskop im September 2017 beschädigte. Die Mitarbeiter werden das Teleskop für Nachfolgebeobachtungen von PSR B1957+20 verwenden.
Abhandlung: „Pulsar emission amplified and resolved by plasma lensing in an eclipsing binary“ von R. Main et al.
(THK)
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