Einige der kleinsten Diamanten im Universum wurden entdeckt, wie sie um drei junge Sternsysteme in der Milchstraßen-Galaxie wirbeln. Die Teilchen aus kristallinem Kohlenstoff sind hunderttausende Male kleiner als ein Sandkorn. Diese mikroskopischen Edelsteine sind weder selten noch wertvoll – sie sind allerdings spannend für Astronomen, die sie als die Quelle eines rätselhaften kosmischen Leuchtens im Mikrowellenbereich identifiziert haben, das von verschiedenen protoplanetaren Scheiben in unserer Galaxie ausgeht.
Seit Jahrzehnten haben Astronomen über die genaue Quelle eines besonderen Typs schwacher Mikrowellenstrahlung gerätselt, die von einer Reihe Regionen in der Milchstraßen-Galaxie emittiert wird. Sie wird als anomale Mikrowellenemission (anomalous microwave emission, AME) bezeichnet und stammt aus der Energie, die von rasch rotierenden Nanoteilchen freigesetzt wird – Materieteilchen, die so klein sind, dass sie dem Nachweis mit gewöhnlichen Mikroskopen entgehen. (Der Punkt auf einer normal gedruckten Seite ist annähernd 500.000 Nanometer groß.)
„Obwohl wir wissen, dass eine Art Teilchen für diese Mikrowellenemissionen verantwortlich ist, war ihre genaue Quelle seit ihrer erstmaligen Entdeckung vor fast 20 Jahren ein Rätsel“, sagte Jane Greaves, eine Astronomin an der Cardiff University in Wales. Sie ist die Hauptautorin einer Abhandlung über diese Ergebnisse im Journal Nature Astronomy.
Bis jetzt hielt man eine Klasse organischer Moleküle, sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, für den wahrscheinlichsten Verursacher dieser Mikrowellenemissionen. Dabei handelt es sich um kohlenstoffbasierte Moleküle, die im interstellaren Weltraum vorkommen und durch das von ihnen emittierte schwache Infrarotlicht erkannt werden. Nanodiamanten – insbesondere hydrierte Nanodiamanten mit wasserstoffhaltigen Molekülen auf ihren Oberflächen – emittieren ebenso natürliche Strahlung im Infrarotbereich des Spektrums, aber bei einer anderen Wellenlänge.
Eine Beobachtungsreihe mit dem Green Bank Telescope (GBT) der National Science Foundation in West Virginia und dem Australia Telescope Compact Array (ATCA) hat erstmals drei deutliche Quellen für anomale Mikrowellenemissionen anvisiert: die protoplanetaren Scheiben um die jungen Sterne V892 Tau, HD 97048 und MWC 297. Das GBT beobachtete V892 Tau und das ATCA untersuchte die beiden anderen Systeme.
„Dies ist der erste klare Nachweis anomaler Mikrowellenemissionen von protoplanetaren Scheiben“, sagte David Frayer, ein Co-Autor der Studie und Astronom am Green Bank Observatory.
Die Astronomen sagten auch, dass das Infrarotlicht aus diesen Systemen mit der einzigartigen Signatur von Nanodiamanten übereinstimme. Andere protoplanetare Scheinen in der Milchstraßen-Galaxie besitzen jedoch die deutliche Infrarotsignatur von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und zeigen keine Hinweise auf anomale Mikrowellenemissionen.
Das deutet stark darauf hin, dass polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe nicht die rätselhafte Quelle der anomalen Mikrowellenemissionen sind, wie Astronomen einst annahmen. Stattdessen sind hydrierte Nanodiamanten, die sich natürlicherweise innerhalb protoplanetarer Scheiben bilden und in Meteoriten auf der Erde gefunden werden, die wahrscheinlichste Quelle für anomale Mikrowellenemissionen in unserer Galaxie.
„Ähnlich wie Sherlock Holmes haben wir alle anderen Ursachen ausgeschlossen und können sicher sagen, dass der beste Kandidat, der imstande ist, dieses Mikrowellenleuchten zu produzieren, die Präsenz von Nanodiamanten in der Umgebung dieser neu entstandenen Sterne ist“, sagte Greaves. Basierend auf ihren Beobachtungen schätzen die Astronomen, dass etwa 1-2 Prozent des gesamten Kohlenstoffs in diesen protoplanetaren Scheiben Nanodiamanten bildet. Die Zahl der Belege für Nanodiamanten in protoplanetaren Scheiben hat in den vergangenen paar Jahrzehnten zugenommen. Dies ist allerdings die erste deutliche Verbindung zwischen Nanodiamanten und anomalen Mikrowellenemissionen.
Statistische Modelle unterstützen auch die Prämisse, dass Nanodiamanten um junge Sterne häufig vorkommen und verantwortlich für die dortigen anomalen Mikrowellenemissionen sind. „Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Zusammenhang auf den Zufall zurückgeht, liegt bei 1:10.000 oder darunter“, sagte Frayer.
Für ihre Forschungsarbeit nutzten die Astronomen das GBT und das ATCA, um 14 junge Sterne in der Milchstraßen-Galaxie nach Hinweisen auf anomale Mikrowellenemissionen abzusuchen. Bei drei der 14 Sterne waren die anomalen Mikrowellenemissionen deutlich zu sehen. Es sind die gleichen drei Sterne, die die infrarote Spektralsignatur von hydrierten Nanodiamanten zeigen. „Bei keinem anderen jungen Stern konnte die Infrarotsignatur bestätigt werden“, sagte Greaves.
Dieser Nachweis hat interessante Auswirkungen auf die Kosmologie und die Suche nach Belegen dafür, dass unser Universum mit einer Inflationsperiode begann. Wenn unser Universum direkt nach dem Urknall mit einer Geschwindigkeit expandierte, die viel höher als die Lichtgeschwindigkeit war, dann sollte eine Spur dieser Inflationsperiode in einer besonderen Polarisation des kosmischen Mikrowellenhintergrundes sichtbar sein. Obwohl diese Polarisationssignatur noch zweifelsfrei registriert werden muss, bringt die Arbeit von Greaves und ihren Kollegen etwas Hoffnung, dass dies möglich wäre.
„Das ist eine gute Nachricht für die Forscher, die sich mit der Polarisation des kosmischen Mikrowellenhintergrundes beschäftigen, weil das Signal von rotierenden Nanodiamanten bestenfalls schwach polarisiert wäre“, sagte Brian Mason, ein Astronom am National Radio Astronomy Observatory und Co-Autor der Studie. „Es bedeutet, dass Astronomen jetzt bessere Modelle des Vordergrundmikrowellenlichts aus unserer Galaxie erstellen können, welches entfernt werden muss, um das ferne Nachglühen des Urknalls zu untersuchen.“
Nanodiamanten bilden wahrscheinlich einen superheißen Dampf aus Kohlenstoffatomen in hochenergetischen Sternentstehungsregionen. Das ist den industriellen Fertigungsmethoden zur Herstellung von Nanodiamanten auf der Erde nicht unähnlich.
In der Astronomie sind Nanodiamanten etwas Besonderes, da ihre Struktur etwas hervorbringt, was als ein „Dipolmoment“ bezeichnet wird – eine Konfiguration von Atomen, die es ihnen erlaubt, elektromagnetische Strahlung abzugeben, während sie rotieren. Weil diese Teilchen so klein sind (kleiner als normale Staubteilchen in einer protoplanetaren Scheibe), können sie sich außergewöhnlich schnell drehen und Strahlung im Mikrowellenbereich emittieren anstatt im Meterbereich, wo galaktische und intergalaktische Strahlung sie wahrscheinlich übertönen würden.
„Dies ist eine coole und unerwartete Lösung des Rätsels um die anomalen Mikrowellenemissionen“, schlussfolgerte Greaves. „Sogar noch interessanter ist, dass sie durch die Beobachtung von protoplanetaren Scheiben gefunden wurde und Licht auf die chemischen Eigenschaften früher Sonnensysteme wirft, unser eigenes eingeschlossen.“
„Das ist ein spannendes Ergebnis“, schlussfolgerte die Co-Autorin Anna Scaife von der Manchester University. „Es kommt nicht oft vor, dass man neue Worte für berühmte Lieder findet, aber ‚AME in the Sky with Diamonds‘ scheint eine wohlüberlegte Möglichkeit zu sein, um unsere Arbeit zusammenzufassen.“
Zukünftige Instrumente für den Zentimeterwellenlängenbereich wie der geplante Band-1-Empfänger des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) und das Next Generation Very Large Array werden imstande sein, dieses Phänomen viel detailreicher zu untersuchen. Jetzt da es ein physikalisches Modell und erstmals eine deutliche Spektralsignatur gibt, gehen Astronomen davon aus, dass sich unser Wissen rasch erweitern wird.
(THK)
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