Explosive Vulkane schufen die rätselhafte Formation Medusae Fossae auf dem Mars

Ein isolierter Hügel in der Gesteinsformation Medusae Fossae auf dem Mars. Aufgrund seiner Stromlinienform ist der Effekt der Winderosion hier deutlich sichtbar. (Credit: High Resolution Stereo Camera / European Space Agency)
Ein isolierter Hügel in der Gesteinsformation Medusae Fossae auf dem Mars. Aufgrund seiner Stromlinienform ist der Effekt der Winderosion hier deutlich sichtbar. (Credit: High Resolution Stereo Camera / European Space Agency)

Explosive vulkanische Eruptionen, die Wolken aus heißer Asche, Gestein und Gas in den Himmel stießen, sind laut einer neuen Studie die wahrscheinliche Entstehungsursache einer rätselhaften Gesteinsformation auf dem Mars. Die neuen Ergebnisse könnten Forschern helfen, den inneren Aufbau des Mars und sein vergangenes Potenzial zur Bewohnbarkeit zu verstehen, so die Autoren der Studie.

Die Gesteinsformation Medusae Fossae ist eine ausgedehnte, ungewöhnliche Ablagerung aus weichem Gestein in der Nähe des Marsäquators und besitzt wellige Hügel und steile Tafelberge. Wissenschaftler beobachteten Medusae Fossae erstmals in den 1960er Jahren mit den Mariner-Raumsonden, aber konnten nicht erklären, wie die Gesteinsformation entstand.

Jetzt spricht eine neue Forschungsarbeit dafür, dass die Gesteinsformation vor über drei Milliarden Jahren während explosiver vulkanischer Eruptionen auf dem Roten Planeten abgelagert wurde. Die Formation ist flächenmäßig etwa so groß wie ein Fünftel der Vereinigten Staaten und circa 100 Mal größer als die größte explosive vulkanische Ablagerung auf der Erde. Das macht sie den Autoren der Studie zufolge zur größten bekannten explosiven vulkanischen Ablagerung im Sonnensystem.

Diese Grafik zeigt die Fläche von Medusae Fossae (rot) verglichen mit der Fläche der kontinentalen Vereinigten Staaten und der Fläche des Fish Canyon Tuff, der größten Ablagerung explosiver Vulkanausbrüche. (Credits: American Geophysical Union)
Diese Grafik zeigt die Fläche von Medusae Fossae (rot) verglichen mit der Fläche der kontinentalen Vereinigten Staaten und der Fläche des Fish Canyon Tuff, der größten Ablagerung explosiver Vulkanausbrüche. (Credits: American Geophysical Union)

„Das ist eine riesige Ablagerung, nicht nur im Maßstab des Mars, sondern auch in Bezug auf das Sonnensystem, weil wir keine andere Ablagerung wie diese kennen“, sagte Lujendra Ohha, ein Planetenforscher an der Johns Hopkins University in Baltimore. Er ist der Hauptautor der neuen Studie, die im Journal of Geophysical Research: Planets, einem Fachmagazin der American Geophysical Union, veröffentlicht wurde.

Laut den Autoren hat die Entstehung von Medusae Fossae einen entscheidenden Punkt in der Geschichte des Mars markiert. Die Eruptionen, die die Ablagerung erschufen, könnten große Mengen klimaverändernder Gase in die Marsatmosphäre befördert und genug Wasser ausgestoßen haben, um den Mars mit einem globalen Ozean von vier Zentimetern Tiefe zu bedecken.

Die Treibhausgase, die während der Eruptionen ausgestoßen wurden, die Medusae Fossae entstehen ließen, könnten die Marsoberfläche stark genug erwärmt haben, damit Wasser flüssig bleiben konnte. Aber toxische vulkanische Gase wie Wasserstoffsulfid und Schwefeldioxid hätten die Zusammensetzung der Marsoberfläche und -atmosphäre verändert. Beide Prozesse hätten das Potenzial des Mars für die Bewohnbarkeit beeinflusst, sagte Ojha.

Quellenbestimmung des Gesteins

Die Gesteinsformation Medusae Fossae besteht aus Hügeln und kleinen Bergen aus Sedimentgestein am Marsäquator. Sedimentgesteine bilden sich, wenn sich Gesteinsstaub und Schutt auf einer Planetenoberfläche ablagern und mit der Zeit verfestigen. Wissenschaftler kennen Medusae Fossae seit Jahrzehnten, aber waren unsicher, ob Wind, Wasser, Eis oder vulkanische Eruptionen das Gestein an dem Ort abgelagert hatten.

Frühere Radarmessungen von der Marsoberfläche ließen darauf schließen, dass Medusae Fossae eine ungewöhnliche Zusammensetzung aufwies, aber die Wissenschaftler konnten nicht feststellen, ob die Gesteinsformation aus hochgradig porösem Gestein oder einem Gemisch aus Gestein und Eis besteht. In der neuen Studie nutzten Ojha und ein Kollege Gravitationsfelddaten verschiedener Mars-Orbiter, um erstmals die Dichte von Medusae Fossae zu bestimmen. Die Messungen ergaben, dass das Gestein ungewöhnlich porös ist: Es ist etwa zwei Drittel so dicht wie der Rest der Marskruste. Die Forscher verwendeten außerdem Radar- und Gravitationsfelddaten in Kombination, um zu zeigen, dass die Dichte von Medusae Fossae nicht durch die Präsenz von Eis erklärt werden kann, das deutlich weniger dicht als Gestein ist.

Weil das Gestein so porös ist, muss es den Forschern zufolge durch explosive vulkanische Eruptionen abgelagert worden sein. Vulkane eruptieren teilweise deshalb, weil die im Magma gelösten Gase wie Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf das geschmolzene Gestein zwingen, zur Oberfläche aufzusteigen. Magma, das viel Gas enthält, explodiert nach oben und schleudert dabei Wolken aus Asche und Gestein in die Atmosphäre.

Asche aus diesen Explosionen sammelt sich am Boden an und strömt abwärts. Wenn genug Zeit verstrichen ist, verfestigt sich die Asche zu Gestein, und Ojha vermutet, dass dies die Formation Medusae Fossae entstehen ließ. Fast die Hälfte des ursprünglich während der Eruptionen abgelagerten, weichen Gesteins wurden abgetragen und ließ die Hügel und Täler zurück, die heute in Medusae Fossae beobachtet werden.

Ein 13 Kilometer breiter Krater, der teilweise mit Sedimentgesteinen der Medusae Fossae Formation gefüllt ist. (Credit: High Resolution Stereo Camera / European Space Agency)
Ein 13 Kilometer breiter Krater, der teilweise mit Sedimentgesteinen der Medusae Fossae Formation gefüllt ist. (Credit: High Resolution Stereo Camera / European Space Agency)

Das Innere des Mars verstehen

Diese neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Innere des Mars komplexer ist als Wissenschaftler bislang annahmen. Sie wissen, dass der Mars etwas Wasser und Kohlenstoffdioxid in seiner Kruste besitzt, was explosive vulkanische Eruptionen auf seiner Oberfläche erlauben würde. Aber im Inneren des Planeten wären große Mengen flüchtiger Gase erforderlich gewesen – Substanzen, die bei niedrigen Temperaturen gasförmig werden -, um eine Ablagerung dieser Größe zu produzieren, sagte er.

„Wenn man Medusae Fossae global verteilen würde, ergäbe es eine 9,7 Meter dicke Schicht“, sagte Ojha. „Im Hinblick auf die schieren Ausmaße dieser Ablagerung ist es wirklich unglaublich, weil es dafür spricht, dass das Magma nicht nur reich an flüchtigen Substanzen war, es musste auch über lange Zeitperioden hinweg reich an flüchtigen Substanzen bleiben.“

Die neue Studie demonstriere den Nutzen von Gravitationsfeldmessungen bei der Interpretation von Gesteinsaufzeichnungen auf dem Mars, sagte Kevin Lewis, ein Planetenforscher an der Johns Hopkins University und Co-Autor der Studie. „Zukünftige Gravitationsfeldmessungen könnten helfen, zwischen Eis, Sedimenten und Explosivgestein in der oberen Kruste des Planeten zu unterscheiden.“

Quelle

(THK)

Werbung

2 Kommentare

    • Eventuell werden weitere Beobachtungen mit den Marsorbitern diese Frage beantworten können oder zumindest Hinweise auf die beteiligten Vulkane geben. Östlich von Medusae Fossae liegt die Tharsis-Region mit den großen Marsvulkanen Olympus Mons, Ascraeus Mons, Pavonis Mons und Arsia Mons.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*