Forscher haben das Fossil eines ungewöhnlich großen, „nackten“ Meereslebewesens entdeckt, das vor einer halben Milliarde Jahren lebte. Das Meereslebewesen gehörte zu einer rätselhaften Tierfamilie, die als Chancelloriidae bezeichnet wird – und Wissenschaftler sind nicht sicher, wo im Baum des Lebens sie einzuordnen ist.
Sie repräsentieren eine Abstammungslinie stacheliger, röhrenförmiger Tiere, die während der Kambrischen Explosion auf der Bildfläche auftauchten, aber bald danach ausstarben. In mancher Hinsicht ähneln sie Schwämmen, einer Gruppe einfacher Filtrierer, aber viele Wissenschaftler haben die Ähnlichkeiten als oberflächlich abgetan.
Die neue Entdeckung von einem Forschungsteam der University of Leicester, der University of Oxford und der Yunnan University in China gibt neue Belege, die bei der Lösung des Rätsels helfen könnten. Die Forscher haben ihre Ergebnisse in den Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht, einem Journal der Royal Society. Von der University of Leicester wirkten Tom Harvey, Mark Williams, David Siveter und Sarah Gabbott an der Studie mit.
Die neue Spezies namens Allonnia nuda wurde in den Chengjiang-Ablagerungen der Yunnan-Provinz in China entdeckt. Zu seinen Lebzeiten war das Exemplar überraschend groß (möglicherweise 50 Zentimeter oder mehr), aber es besaß nur wenige sehr kleine Stacheln. Sein ungewöhnlich „nacktes“ Erscheinungsbild spricht dafür, dass sich weitere Exemplare in Fossiliensammlungen verbergen könnten, und zeigt, dass diese Familie vielfältiger war als bislang angenommen.
Darüber hinaus enthält die neue Spezies Anhaltspunkte über die Art und Weise des Körperwachstums mit deutlichen Verbindungen zu modernen Schwämmen. Es ist zu früh, um zu sagen, dass das Rätsel gelöst wurde, aber die Entdeckung unterstreicht die zentrale Rolle schwammähnlicher Fossilien bei der Debatte über die Entwicklung der ersten Tiere.
Dr. Tom Harvey von der School of Geography, Geology and the Environment der University of Leicester erklärte: „Fossile Chancelloriidae wurden erstmals vor etwa 100 Jahren beschrieben, aber widersetzten sich bisher allen Versuchen, sie im Baum des Lebens einzuordnen. Wir argumentieren, dass ihr Muster des Körperwachstums eine Verbindung zu Schwämmen unterstützt, was eine alte Hypothese wiederbelebt. Wir denken nicht, dass die Akte für Chancelloriidae damit geschlossen ist, aber wir hoffen, dass unsere Ergebnisse neue Forschungsarbeiten zur Natur der ersten Tiere inspirieren werden.“
Dr. Pei-Yun Cong vom Yunnan Key Laboratory for Palaeobiology in Kunming (China) ergänzte: „Die Chengjiang-Ablagerungen in der Yunnan-Provinz offenbaren weiterhin überraschende neue Fossilien, die wir uns kaum vorstellen konnten. Zusammengenommen bieten sie einen entscheidenden Schnappschuss des Lebens in den Ozeanen während der Kambrischen Explosion.“
(THK)
Antworten