Die meisten Galaxien enthalten ein supermassives Schwarzes Loch mit mehr als einer Million Sonnenmassen in ihren Kernen. Ein wichtiges ungelöstes Problem bei der Galaxienentstehung und -entwicklung ist die Rolle, die diese supermassiven Schwarzen Löcher bei der Gestaltung ihrer Galaxien spielen. Die meisten Astronomen stimmen darin überein, dass es aufgrund der beobachteten Zusammenhänge zwischen der Masse eines supermassiven Schwarzen Lochs, der Helligkeit seiner Heimatgalaxie, der stellaren Masse und der Sternbewegungen eine starke Verbindung geben muss. Diese Übereinstimmungen treffen auf lokale Galaxien zu und auch auf jene in früheren kosmischen Epochen.
Aber trotz Fortschritten bei der Untersuchung supermassiver Schwarzer Löcher ist noch nicht gut verstanden, wie sie ihre Heimatgalaxien beeinflussen. In einigen vorgeschlagenen Szenarien unterdrücken die supermassiven Schwarzen Löcher die Sternentstehungsprozesse in der Galaxie, indem sie Materie wegblasen. In anderen Szenarien, wie dem Verschmelzungsszenario, bewirken sie das Gegenteil: Das supermassive Schwarze Loch intensiviert die Sternentstehungsprozesse, indem es hilft, das interstellare Medium aufzuwühlen. Es wurden Computersimulationen durchgeführt, um die Unterschiede festzustellen und sie tendieren dazu, dass kaltes Gas, welches aus dem intergalaktischen Medium zuströmt sowohl das supermassive Schwarze Loch als auch das Galaxienwachstum nähren kann.
Die Sternentstehung ist eines der grundlegenden Merkmale des Galaxienwachstums. Beobachtungen von Galaxien haben versucht, die Sternentstehungsprozesse zu messen, indem sie die Sternentstehungsrate zu der Leuchtkraft in Bezug setzten (die Sternentstehung erwärmt den Staub, dessen Infrarotemissionen die Leuchtkraft dominieren können). Die Emissionen aus der Region um ein supermassives schwarzes Loch, das aktiv Materie ansammelt – ein sogenannter aktiver galaktischer Kern – kann allerdings leicht mit den Emissionen der Sternentstehungsprozesse verwechselt werden.
Röntgenstrahlung oder die Emissionen hochgradig angeregter Ionen kann verwendet werden, um den Beitrag des aktiven galaktischen Kerns unabhängig festzustellen, aber diese Messungen könnten durch Staub in der Sichtlinie oder andere Effekte gestört werden. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass in kleinen oder weniger hellen Galaxien, oder in Galaxien aus jüngeren kosmischen Epochen andere Faktoren wie etwa die Elementhäufigkeiten die galaktische Entwicklung stark beeinflussten.
Die Astronominnen Belinda Wilkes und Joanna Kuraszkiewicz vom Harward-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und fünf Kollegen untersuchten 323 Galaxien, die bekanntermaßen einen aktiven galaktischen Kern besitzen (Röntgenstrahlung gemessen vom Weltraumteleskop XMM-Newton) und aktive Sternentstehungsprozesse zeigen (gemessen im Ferninfrarotbereich vom Weltraumteleskop Herschel). Die Galaxien liegen alle in Distanzen zwischen zwei und elf Milliarden Lichtjahren (bezogen auf die Lichtlaufzeit).
Ihre statistische Analyse der Probe hat ergeben, dass der aktive galaktische Kern im Durchschnitt 20 Prozent der Infrarothelligkeit beisteuert, obwohl es manchmal bis zu 90 Prozent sein können. Sie kommen zu der wichtigen Schlussfolgerung, dass es (zumindest in dieser Probe) keine Belege für eine starke Korrelation zwischen den beiden gibt oder dafür, dass der aktive galaktische Kern die Sternentstehung verlangsamt. Tatsächlich scheint es so, dass beides gemeinsam wächst.
Abhandlung: „Is There a Relationship Between Agn and Star Formation in Ir-Bright Agns?“ von Y. Sophia Dai, Belinda J. Wilkes, Jacqueline Bergeron, Joanna Kuraszkiewicz, Alain Omont, Adam Atanas und Harry I. Teplitz, MNRAS 478, 4238, 2018.
(THK)
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