GMVA und ALMA lüften den Schleier um Sagittarius A*

Das Global Millimeter VLBI Array (GMVA), ergänzt um ALMA. (Credit: S. Issaoun, Radboud University / D. Pesce, CfA)
Das Global Millimeter VLBI Array (GMVA), ergänzt um ALMA. (Credit: S. Issaoun, Radboud University / D. Pesce, CfA)

Im Zentrum der Milchstraßen-Galaxie lauert ein Schwarzes Loch mit ungefähr vier Millionen Sonnenmassen. Dieses Schwarze Loch namens Sagittarius A* (Sgr A*) verschlingt Materie aus seiner Nähe, die hell aufleuchtet, wenn sie sich dem Ereignishorizont nähert. Dieser galaktische Ofen ist der Schlüssel, um Schwarze Löcher zu verstehen, aber unser Blick darauf wird durch Elektronenwolken in unserer Galaxie verdeckt. Diese Wolken verzerren und verwischen das Bild von Sagittarius A* und lassen es aussehen, als wäre das Schwarze Loch hinter einer riesigen Platte aus geeistem Glas verborgen.

Jetzt war ein Astronomenteam unter Leitung der Doktorandin Sara Issaoun von der Radboud University endlich in der Lage, durch diese Wolken hindurchzublicken und zu untersuchen, was das Schwarze Loch leuchten lässt. Issaoun beendete diese Arbeit während der Teilnahme am Vordoktorandenprogramm des Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge, (Massachusetts).

„Über die Quelle der Strahlung von Sagittarius A* wurde seit Jahrzehnten debattiert“, sagte Michael Johnson vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA). „Manche Modelle sagen voraus, dass die Strahlung von der Materiescheibe stammt, die von dem Schwarzen Loch verschlungen wird. Andere sprechen die Strahlung einem Materiejet zu, der von dem Schwarzen Loch wegschießt. Ohne ein schärferes Bild des Schwarzen Lochs können wir keine Möglichkeit ausschließen.“

Das Team nutzte eine als Very Long Baseline Interferometry (VLBI) bezeichnete Technik, die viele Teleskope kombiniert, um ein virtuelles Teleskop von der Größe der Erde zu bilden. Der entscheidende Fortschritt war die Ausstattung des leistungsfähigen Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) im Norden Chiles mit einem neuen Synchronisierungssystem. Dadurch konnte es sich dem Global mm-VLBI Array (GMVA) anschließen, einem globalen Netzwerk aus zwölf anderen Teleskopen in Nordamerika und Europa.

„ALMA selbst besteht aus mehr als 50 Radioantennenschüsseln. Das Gute an dem neuen ALMA-Synchronisierungssystem ist, dass es all diesen Antennen erlaubt, wie ein einziges Teleskop zu agieren, das die Empfindlichkeit einer Einzelantenne von mehr als 75 Metern Durchmesser besitzt. Diese Empfindlichkeit und sein Standort in den Anden machen es ideal für diese Untersuchung von Sagittarius A*“, sagte Shep Doeleman vom CfA, der leitende Wissenschaftler des ALMA-Synchronisierungsprojekts.

Sagittarius A*. Oben links: Simulation ohne Streuungseffekte. Oben rechts: Simulation mit Streuungseffekten. Unten links: Beobachtung von Sgr A* nach dem Entfernen der Streuungseffekte. Unten rechts: Beobachtung von Sgr A* mit Streuungseffekten. (Credits: S. Issaoun, M. Mościbrodzka, Radboud University/ M. D. Johnson, CfA)
Sagittarius A*. Oben links: Simulation ohne Streuungseffekte. Oben rechts: Simulation mit Streuungseffekten. Unten links: Beobachtung von Sgr A* nach dem Entfernen der Streuungseffekte. Unten rechts: Beobachtung von Sgr A* mit Streuungseffekten. (Credits: S. Issaoun, M. Mościbrodzka, Radboud University/ M. D. Johnson, CfA)

„Der Durchbruch hinsichtlich der Bildqualität basiert auf zwei Faktoren“, erklärte Lindy Blackburn, eine Radioastronomin am CfA. „Durch die Beobachtung in hohen Frequenzen waren die Bildstörungen aufgrund interstellarer Materie weniger ausschlaggebend und durch das Hinzufügen von ALMA haben wir das Auflösungsvermögen unseres Instruments verdoppelt.“

Die neuen Bilder zeigen, dass die Strahlung von Sagittarius A* eine symmetrische Morphologie aufweist und geringer ist als erwartet – sie erstreckt sich nur über 300 Millionstel Grad. „Das könnte dafür sprechen, dass die Radioemission von einer Materiescheibe produziert wird und nicht von einem Radiojet“, erklärte Issaoun, die Computersimulationen mit den Bildern abglich. „Das würde Sagittarius A* allerdings zu einer Ausnahme machen, verglichen mit anderen Schwarzen Löchern, die Radiowellen emittieren. „Die Alternative könnte sein, dass der Radiojet fast genau in unsere Richtung zeigt.“

Issaouns Doktorvater Heino Falcke, Professor für Radioastronomie an der Radboud University, war von diesem Ergebnis überrascht. Im vergangenen hätte Falcke dieses neue Jetmodell für unplausibel gehalten, aber kürzlich kamen andere Forscher mit dem Very Large Telescope Interferometer aus optischen Teleskopen und einer unabhängigen Methode zu einer ähnlichen Schlussfolgerung. „Vielleicht ist es doch so“, schlussfolgerte Falcke, „und wir betrachten dieses Monster aus einer sehr speziellen Perspektive.“

Um mehr zu erfahren, müsste man diese Teleskope in sogar noch höhere Frequenzbereiche bringen. „Die ersten Beobachtungen von Sagittarius A* bei 86 Gigahertz sind 26 Jahre alt und wurden mit nur einer Handvoll Teleskope gemacht. Im Verlauf der Jahre wurde die Qualität der Daten stetig verbessert, weil sich mehr Teleskope anschlossen“, sagte J. Anton Zensus, der Direktor des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie.

Michael Johnson ist optimistisch. „Falls ALMA den gleichen Erfolg bringt, wenn es sich dem Event Horizon Telescope bei sogar noch höheren Frequenzen anschließt, dann zeigen diese neuen Ergebnisse, dass die interstellare Streuung uns nicht davon abhalten wird, bis zum Ereignishorizont des Schwarzen Lochs zu blicken.

Die Ergebnisse wurden im Astrophysical Journal veröffentlicht.

Quelle

(THK)

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