Es gibt zwei Hauptursachen für den globalen durchschnittlichen Anstieg des Meeresspiegels: Wasser von schmelzenden Eisschilden und Gletschern und die Ausdehnung des Meerwassers, wenn es sich erwärmt. Das Schmelzen des Eisschildes auf Antarktika ist momentan verantwortlich für etwa 20-25 Prozent des globalen Anstiegs des Meeresspiegels.
Aber welche Rolle wird es hunderte Jahre in der Zukunft spielen?
Wissenschaftler stützen sich auf präzise numerische Modelle, um Fragen wie diese zu beantworten. Weil sich die Modelle zur Vorhersage des langfristigen Meeresspiegelanstiegs verbessern, gilt dies auch für die daraus abgeleiteten Vorhersagen. Forscher am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien) haben eine Möglichkeit gefunden, um die aktuellen Modelle präziser zu gestalten. Dadurch kommen sie der Erkenntnis einen Schritt näher, wie der Eisschild auf Antarktika und der mit seinem Abschmelzen einhergehende Anstieg des Meeresspiegels in hunderten Jahren aussehen wird.
„Im Gegensatz zu den meisten aktuellen Modellen haben wir Prozesse der festen Erde berücksichtigt, beispielsweise das elastische Anheben des Gesteins unter dem Eis und den Einfluss von Veränderungen des Meeresspiegels sehr nahe am Eisschild“, sagte Eric Larour vom JPL, der Erstautor der Studie. „Wir untersuchten diese Modelle auch in einer viel höheren Auflösung als die, die normalerweise verwendet wird – etwa ein Kilometer statt der üblichen 20 Kilometer.“
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Voraussagen für die nächsten 100 Jahre weitgehend mit den früheren Ausblicken auf diese Zeitspanne übereinstimmen, aber weiter in der Zukunft beobachteten sie einige wesentliche Unterschiede.
„Wir beobachteten, dass um das Jahr 2250 herum einige der Prozesse auf der festen Erde damit begannen, das Abschmelzen des Eisschildes und den stetigen Anstieg des Meeresspiegels auszugleichen“, sagte Larour. Mit anderen Worten: Sie verlangsamten das Abschmelzen.
Das Team erkannte, dass diese Verlangsamung noch 100 Jahre weiter in der Zukunft (um 2350) bedeutet, dass das Abschmelzen des Eisschildes wahrscheinlich 29 Prozent weniger zum globalen Anstieg des Meeresspiegels beitragen wird als frühere Modelle vermuten ließen.
„Eines der wichtigsten Dinge, die wir gelernt haben, ist dass sich das Grundgestein elastisch anhebt, wenn sich das Grundeis im Inland zurückzieht“, sagte Erik Ivins, ein Co-Autor der Studie. „Es ist vergleichbar damit, wie sich ein Sofakissen entspannt, wenn man Gewicht von ihm entfernt. Dieser Prozess verlangsamt den Rückzug des Eisschildes und letztendlich das Ausmaß des Abschmelzens.“
Obwohl das wie eine gute Nachricht klingt, sagen die Forscher, es sei wichtig, dies nüchtern zu betrachten. „Es ist wie ein Lastwagen, der bergab fährt und dabei auf Bremsschwellen auf der Straße trifft“, sagte Larour. „Der Lastwagen wird etwas langsamer, fährt aber weiterhin den Berg hinunter.“ Genau so wird der Eisschild weiter abschmelzen und der Meeresspiegel weiter ansteigen.
Der Durchbruch dieser Studie sei es, „ausreichend gute Auflösungen zu erreichen, um so viele dieser ‚Bremsschwellen‘ wie möglich zu finden und ihre Auswirkungen auf Antarktika zu bestimmen, während auch der Meeresspiegelanstieg auf dem gesamten Planeten simuliert wird“, sagte er.
Die Studie mit dem Titel „Slowdown in Antarctic Mass Loss from Solid Earth and Sea-Level Feedback“ wurde am 25. April 2019 im Journal Science veröffentlicht.
Zur Simulation: https://vesl.jpl.nasa.gov/sea-level/slr-uplift
(THK)
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