Hyperaktive Kometen und der Ursprung des irdischen Wassers

Der Komet 46/P Wirtanen, aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble. (Credits: NASA, ESA, and D. Bodewits (Auburn University) and J.-Y. Li (Planetary Science Institute))
Der Komet 46/P Wirtanen, aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble. (Credits: NASA, ESA, and D. Bodewits (Auburn University) and J.-Y. Li (Planetary Science Institute))

Woher stammt das Wasser der Erde? Obwohl Kometen mit ihren Eiskernen wie ideale Kandidaten scheinen, haben bisherige Analysen gezeigt, dass ihr Wasser sich von jenem in unseren Ozeanen unterscheidet. Jetzt hat ein internationales Team jedoch festgestellt, dass eine Kometenfamilie – die hyperaktiven Kometen – Wasser enthält, das mit irdischem Wasser vergleichbar ist.

Die Studie wurde am 20. Mai 2019 im Journal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht und basiert insbesondere auf Messungen des Kometen 46/P Wirtanen, durchgeführt vom Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy (SOFIA). An der Studie waren Forscher des CNRS vom Laboratory for Studies of Radiation and Matter in Astrophysics and Atmospheres (Paris Observatory – PSL / CNRS / Sorbonne University / University of Cergy-Pontoise) und des Laboratory of Space Studies and Instrumentation in Astrophysics (Paris Observatory – PSL / CNRS / Sorbonne University / University of Paris) beteiligt.

Der gängigen Theorie zufolge entstand die Erde aus der Kollision kleiner Himmelskörper, die als Planetesimale bezeichnet werden. Weil solche Himmelskörper arm an Wasser sind, muss das Wasser der Erde entweder von einem größeren Planetesimal oder durch einen Regen aus kleineren Objekten wie Asteroiden oder Kometen auf die Erde gebracht worden sein.

Um die Quelle des irdischen Wassers zurückzuverfolgen, untersuchen Forscher Isotopenverhältnisse, besonders das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff in Wasser, bekannt als D/H-Verhältnis. Deuterium ist eine schwerere Form von Wasserstoff. Wenn sich ein Komet der Sonne nähert, sublimiert sein Eis und bildet eine Atmosphäre aus Wasserdampf, die aus der Ferne analysiert werden kann. Allerdings sind die bisher bei Kometen gemessenen D/H-Verhältnisse etwa 2-3 Mal so hoch wie das von Meerwasser. Das bedeutet, dass Kometen nur rund zehn Prozent des irdischen Wassers auf die Erde brachten.

Als sich der Komet 46/P Wirtanen im Dezember 2018 der Erde näherte, wurde er mit dem fliegenden Observatorium SOFIA untersucht. Dies war der dritte Komet, bei dem das gleiche D/H-Verhältnis wie bei irdischem Wasser gefunden wurde. Wie die beiden anderen Kometen gehört er zur Kategorie der hyperaktiven Kometen, die in Sonnennähe mehr Wasser freisetzen, als die Oberfläche ihr Kerne erlauben sollte. Dieses Übermaß wird durch eisreiche Partikel in ihren Atmosphären produziert.

Verblüfft bestimmten die Forscher den aktiven Anteil aller Kometen mit einem bekannten D/H-Verhältnis (zum Beispiel den Bruchteil der Oberfläche eines Kerns, der für die Menge an Wasser in ihren Atmosphären erforderlich ist). Sie stellten fest, dass es eine umgekehrte Korrelation zwischen dem aktiven Anteil und dem D/H-Verhältnis des Wasserdampfs gibt: Je mehr ein Komet zur Hyperaktivität neigt (beispielsweise ein aktiver Anteil über 1), desto stärker sinkt sein D/H-Verhältnis und nähert sich dem des irdischen Wassers.

Hyperaktive Kometen, deren Wasserdampf besonders von Eisteilchen in ihren Atmosphären stammt, besitzen deswegen ein ähnliches D/H-Verhältnis wie irdisches Wasser. Anders ist das bei Kometen, deren Gashalo nur von Oberflächeneis stammt.

Die Forscher vermuten, dass die in den Atmosphären der zuletzt genannten Kometen gemessenen D/H-Verhältnisse nicht zwangsläufig auf das Eis in ihren Kernen hinweisen. Wenn diese Hyptothese korrekt ist, könnte das Wasser in allen Kometenkernen dem irdischen Wasser tatsächlich sehr ähnlich sein. Das würde die Debatte um den Ursprung der Ozeane auf der Erde neu entfachen.

Abhandlung: „Terrestrial deuterium-to-hydrogen ratio in water in hyperactive comets“ von D. C. Lis, D. Bockelee-Morvan, R. Guesten, N. Biver, J. Stutzki, Y. Delorme, C. Duran, H. Wiesemeyer, Y. Okada. Astronomy & Astrophysics, 20 May 2019

Quelle

(THK)

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