Um den 20. Jahrestag des Chandra X-ray Observatory zu feiern, wurde eine Reihe neuer Bilder veröffentlicht. Diese Bilder repräsentieren das Spektrum von Chandras Forschung und demonstrieren die Vielfalt an Objekten, die es beobachtet, und die Art und Weise, wie Röntgenstrahlung die in anderen Wellenlängen gesammelten Daten ergänzen. Manche der Bilder enthalten nur Chandra-Daten, während der Rest zeigt, wie die Röntgenstrahlen zu den unterschiedlichen Wellenlängen passen, die von anderen Teleskopen registriert werden.
Die Jubiläumsbilder sind von links nach rechts:
Obere Reihe:
Abell 2146
Das kolossale System Abell 2146 ist die Folge einer Kollision und Verschmelzung zweier Galaxienhaufen. Astronomen vermuten, dass Galaxienhaufen – die größten Strukturen im Universum, die durch die Gravitation zusammengehalten werden – durch die Kollision und Verschmelzung mit anderen Galaxienhaufen wachsen. Verschmelzungen von Galaxienhaufen gehören zu den energiereichsten Ereignissen seit dem Urknall. Chandra hat viele Verschmelzungen von Galaxienhaufen beobachtet, was Wissenschaftlern Einblicke darin gibt, wie diese Megastrukturen entstanden.
Auf diesem Bild von Abell 2146 zeigen Röntgendaten von Chandra (Violett) heißes Gas und optische Daten des Weltraumteleskops Hubble zeigen Galaxien und Sterne. Die pistolenkugelförmige Struktur zeigt das heiße Gas eines Galaxienhaufens, wie es durch das heiße Gas des anderen Galaxienhaufens pflügt.
Sagittarius A* (Galaktisches Zentrum)
Die Zentralregion unserer Milchstraßen-Galaxie enthält eine exotische Ansammlung von Objekten, darunter ein supermassives Schwarzes Loch mit etwa vier Millionen Sonnenmassen (Sagittarius A* genannt), Gaswolken mit Temperaturen von mehreren Millionen Grad, sowie Neutronensterne und Weiße Zwerge, die Materie von Begleitsternen abziehen und schöne Filamente aus Radioemissionen.
Die Region um Sagittarius A* ist auf diesem neuen Kompositbild zu sehen, wobei Chandra-Daten (Grün und Blau) mit Radiodaten (Rot) des MeerKAT-Teleskops in Südafrika kombiniert wurden. Letzteres wird ein Bestandteil des Square Kilometer Array (SKA) werden.
30 Doradus
Im Zentrum von 30 Doradus, einer der größten Sternentstehungsregionen in der Nähe der Milchstraßen-Galaxie, stoßen tausende massereicher Sterne Materie ab und produzieren intensive Strahlung zusammen mit starken Winden. Chandra registriert Gas, das von diesen stellaren Winden und auch von Supernova-Explosionen auf mehrere Millionen Grad aufgeheizt wurde. Diese Röntgenstrahlen stammen von Schockwellen, die das System durchqueren, ähnlich wie Überschallknalle, die von Überschallflugzeugen produziert werden.
Dieses neue Chandra-Bild der Region 30 Doradus, die den Spitznamen Tarantelnebel trägt, enthält Daten verschiedener Langzeitbeobachtungen – insgesamt 24 Beobachtungstage verteilt über einen Zeitraum von 700 Tagen. Die Farben auf dem Chandra-Bild sind Rot, Grün und Violett, um Röntgenstrahlen mit geringen, mittleren und hohen Energien hervorzuheben.
Astronomen nutzten die Langzeitbeobachtungen Chandras, um zu entdecken, dass eine der hellen Röntgenquellen regelmäßige Veränderungen ihrer Röntgenemissionen mit einer Periode von 155 Tagen zeigt. Diese Periode liegt darin begründet, dass sich zwei massereiche Sterne in einem Doppelsternsystem namens Melnick 34 gegenseitig umkreisen. Nachfolgebeobachtungen mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte und dem Gemini Observatorium (beide in Chile) maßen die Geschwindigkeitsveränderungen beider Sterne während ihrer Umkreisung. Das führte zu Schätzungen ihrer Massen auf 139 und 127 Sonnenmassen.
Das macht Melnick 34 zu dem massereichsten Doppelsternsystem, das der Wissenschaft bekannt ist, wie eine früher in diesem Jahr veröffentlichte Abhandlung von Katie Tehrani von der University of Sheffield berichtet. Innerhalb der nächsten zwei oder drei Millionen Jahre sollten beide Sterne zu Schwarzen Löchern kollabieren. Wenn das Doppelsternsystem diese gewaltigen Ereignisse übersteht, könnten die Schwarzen Löcher letztendlich miteinander verschmelzen und Gravitationswellen produzieren.
Die Röntgenstrahlen stammen wahrscheinlich von Schockwellen, die durch die Kollision von Materie entstehen, die von den Oberflächen der beiden Sterne abströmt, was Melnick 34 zu einem Kollisionswinddoppelstern macht.
Untere Reihe:
Cygnus OB2
Sterne gibt es in verschiedenen Größen und Massen. Unsere Sonne ist ein durchschnittlich großer Stern mit einer Lebensspanne von etwa zehn Milliarden Jahren. Massereichere Sterne wie jene in Cygnus OB2 existieren nur wenige Millionen Jahre. Während ihrer Lebenszeit blasen sie große Mengen hochenergetischer Winde in ihre Umgebungen. Diese gewaltigen Winde können mit Gas und Staub in der Umgebung der Sterne kollidieren und Schockwellen erzeugen. Dabei werden große Mengen Energie freigesetzt, deren Röntgenemissionen Chandra registrieren kann.
Auf diesem Kompositbild von Cygnus OB2 wurden Röntgendaten Chandras (rote, diffuse Emissionen und blaue Punktquellen) mit optischen Daten des Isaac Newton Telescope (diffuse Emissionen in Hellblau) und Infrarotdaten des Weltraumteleskops Spitzer (Orange) kombiniert.
NGC 604
Die nahe Galaxie Messier 33 enthält eine Sternentstehungsregion mit der Katalogbezeichnung NGC 604, wo sich rund 200 heiße, junge, massereiche Sterne befinden. Der kühle Staub und das wärmere Gas in dieser stellaren Kinderstube erscheint auf einem optischen Bild des Hubble-Teleskops als zarte Filamentstrukturen. Zwischen diesen Filamenten gibt es riesige Blasen, die mit heißem, Röntgenstrahlung emittierendem Gas gefüllt sind. Astronomen vermuten, dass diese Blasen von den Oberflächen der jungen und massereichen Sterne in NGC 604 fortgeweht werden.
NGC 604 enthält wahrscheinlich auch ein extremes Mitglied einer Klasse Kollisionswinddoppelsterne, wie in einer kürzlichen Studie unter Leitung von Kristen Garofali von der University of Arkansas in Fayetteville berichtet wird. Dies ist der erste Kandidat für diese Klasse, der in M33 entdeckt wurde und das fernste bekannte Beispiel. Das Objekt teilt verschiedene Eigenschaften mit dem berühmten veränderlichen System Eta Carinae in unserer Milchstraßen-Galaxie.
Chandras Röntgendaten (Blau) wurden auf diesem Bild mit optischen Daten von Hubble (Violett) kombiniert.
G292
Supernova-Überreste sind die Relikte explodierter Sterne. G292.0+1.8 gehört zu einem seltenen Typ, in dem große Mengen Sauerstoff beobachtet wurden. Weil sie eine der Hauptquellen schwerer Elemente sind (also alles Schwerere als Wasserstoff und Helium), die zur Bildung von Planeten erforderlich sind, stellen diese sauerstoffreichen Supernova-Überreste ein wichtiges Studienobjekt dar.
Das Chandra-Röntgenbild von G292.0+1.8 zeigt ein rasch expandierendes, strukturiertes Feld, das von dem explodierten Stern zurückgelassen wurde. Das Bild zeigt rote, grüne, blaugrüne und violette Farbtöne, um die Röntgenstrahlen von geringsten bis zu den höchsten Energien darzustellen.
Kürzlich gelang der erste Nachweis von Eisenüberresten des explodierten Sterns, laut einer Studie unter Leitung von Jayant Bhalerao von der University of Texas in Arlington. Die Forscher erstellten eine Karte dieser Überreste, zusammen mit Karten der Verbreitung von Silizium und Schwefel, um mehr über die Explosion zu erfahren. Sie stellten fest, dass diese drei Elemente hauptsächlich im oberen rechten Bereich des Supernova-Überrests vorhanden sind. Das liegt in der entgegengesetzten Richtung zu dem Neutronenstern, der durch die Explosion entstand und dann nach unten links katapultiert wurde.
Das lässt darauf schließen, dass die Ursache für das Fortkatapultieren Kräfte der Gravitation und Fluiddynamik von einer asymmetrischen Explosion sind. Wenn mehr als die Hälfte der Überreste des Sterns in eine Richtung abgestoßen werden, dann wird der Neutronenstern in die andere Richtung katapultiert, um den Impuls zu erhalten. Dieses Ergebnis spricht gegen die Theorie, dass die riesigen Mengen der bei der Supernova-Explosion entstandenen Neutrinos eine Kraft auf den Neutronenstern ausübten.
Video-Link: https://youtu.be/z6r-QuICRyI
(THK)
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