In den Dampf- und Eisfahnen des Saturnmondes Enceladus wurden neue Arten organischer Verbindungen registriert, die Bestandteile von Aminosäuren. Das ist das Ergebnis der aktuell durchgeführten, tiefgehenden Analyse von Daten der Cassini-Mission.
Gewaltige hydrothermale Schlote stoßen Materie aus Enceladus‘ Kern aus, die sich mit Wasser aus dem großen Ozean unter der Oberfläche des Mondes vermischt, bevor sie als Wasserdampf und Eisteilchen in den Weltraum freigesetzt wird. Die neu entdeckten Moleküle kondensieren an den Eisteilchen und wurden als stickstoff- und sauerstoffhaltige Verbindungen identifiziert.
Auf der Erde sind ähnliche Verbindungen ein Teil der chemischen Reaktionen, die Aminosäuren produzieren – die Bausteine des Lebens. Hydrothermale Schlote auf dem Meeresboden liefern die Energie, die diese Reaktionen versorgt. Wissenschaftler vermuten, dass die hydrothermalen Schlote auf Enceladus auf die gleiche Weise funktionieren und Energie bereitstellen, die zur Entstehung von Aminosäuren führt.
„Wenn die Bedingungen stimmen, könnten diese Moleküle aus dem tiefen Ozean auf Enceladus auf dem gleichen Reaktionswegen sein, wie wir es hier auf der Erde sehen. Wir wissen noch nicht, ob Aminosäuren für Leben jenseits der Erde benötigt werden, aber das Auffinden der Moleküle, die Aminosäuren bilden, ist ein wichtiges Teil des Puzzles“, sagte Nozair Khawaja von der Freien Universität Berlin, der Leiter des Forschungsteams. Die Ergebnisse wurden am 2. Oktober 2019 in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.
Obwohl die Cassini-Mission im September 2017 endete, werden die von ihr gelieferten Daten noch Jahrzehnte lang untersucht werden. Khawajas Team nutzte Daten des Cosmic Dust Analyzer (CDA) an Bord der Raumsonde, der Eisteilchen registrierte, welche von Enceladus in Saturns E-Ring strömen. Die Wissenschaftler verwendeten die Messungen des Massenspektrometers, um die Zusammensetzung des organischen Materials in den Teilchen zu bestimmen.
Die identifizierten organischen Substanzen wurden zunächst im Ozean unter der Oberfläche von Enceladus gelöst und verdampften dann von der Wasseroberfläche, bevor sie an Eisteilchen innerhalb der Brüche in der Mondkruste kondensierten und festfroren. Mit der durch diese Brüche aufsteigenden Dampf und-Eisfahne wurden sie in den Weltraum geblasen, wo Cassinis CDA sie anschließend analysierte.
Die neuen Ergebnisse ergänzen die letztjährige Entdeckung des Teams – große, unlösliche, komplexe organische Moleküle, von denen man annimmt, dass sie auf der Oberfläche von Enceladus‘ Ozean schwimmen. Das Team vertiefte diese frühere Arbeit, um die im Ozean gelösten Bestandteile zu finden, die für die hydrothermalen Prozesse erforderlich sind, welche die Bildung von Aminosäuren anstoßen.
„Hier finden wir kleinere und lösliche organische Bausteine – potenzielle Vorläufer für Aminosäuren und andere Bestandteile, die für Leben auf der Erde notwendig sind“, sagte der Co-Autor Jon Hillier.
„Diese Arbeit zeigt, dass Enceladus‘ Ozean reichlich reaktive Bausteine besitzt, und ist ein weiteres grünes Licht für die Erforschung der Bewohnbarkeit von Enceladus“, ergänzte der Co-Autor Frank Postberg.
Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, eine Abteilung des Caltech in Pasadena (Kalifornien), leitete die Mission für das Science Mission Directorate der Agentur in Washington. Das JPL entwarf, entwickelte und konstruierte den Cassini-Orbiter. Das Radar-Instrument wurde vom JPL und der Italian Space Agency gebaut, in Zusammenarbeit mit Teammitgliedern aus den Vereinigten Staaten und mehreren europäischen Ländern.
(THK)
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