Wenn Astronomen tief in den Weltraum schauen, erwarten sie nicht, dass etwas auf sie zurück starrt. Auf diesem neuen Bild des Weltraumteleskops Hubble blickt ein Paar leuchtender Augen bedrohlich in unsere Richtung. Die durchdringenden „Augen“ sind das auffälligste Merkmal, das an das Gesicht einer fremdartigen Kreatur erinnert. Aber dies ist keine Geistererscheinung. Hubble beobachtet eine gigantische Frontalkollision zweier Galaxien.
Die beiden „Augen“ sind die hellen Kerne zweier Galaxien, die frontal zusammenprallen. Der Rand des Gesichts ist ein Ring aus jungen, blauen Sternen. Weitere Knoten aus neu entstandenen Sternen bilden eine Nase und einen Mund. Das gesamte System ist im Arp-Madore Catalogue of Southern Peculiar Galaxies and Associations katalogisiert als Arp-Madore 2026-424 (AM 2026-424).
Obwohl Galaxienkollisionen vor allem im jungen Universum häufig vorkommen, sind die meisten keine Frontalkollisionen wie jene, die wahrscheinlich dieses Arp-Madore-System erschuf. Die gewaltige Begegnung gibt dem System nur für eine kurze Zeitspanne von etwa 100 Millionen Jahren eine Ringstruktur. Die Kollision zog die galaktischen Scheiben aus Gas, Staub und Sternen
auseinander und verzerrte sie. Dieser Vorgang bildete den Ring aus intensiven Sternentstehungsprozessen, der die Nase und das Gesicht formt.
Ringgalaxien sind selten – in unserer kosmischen Nachbarschaft existieren nur wenige hundert von ihnen. Die Galaxien müssen genau mit der passenden Ausrichtung kollidieren, um den Ring zu bilden. Die Galaxien werden in etwa 1-2 Milliarden Jahren vollständig miteinander verschmolzen sein und ihre chaotische Vergangenheit verbergen.
Die Positionen der beiden zentralen Sternansammlungen beider Galaxien nebeneinander ist ebenfalls ungewöhnlich. Weil die Ansammlungen (auch Bulges genannt), aus denen die Augen bestehen, die gleiche Größe zu haben scheinen, ist dies ein Beleg dafür, dass zwei Galaxien mit nahezu vergleichbaren Abmessungen an der Kollision beteiligt waren. Bei noch häufigeren Kollisionen werden kleine Galaxien von ihren großen Nachbarn verschlungen.
Hubble beobachtete dieses einzigartige System als Teil eines Schnappschuss-Programms, das sich die gelegentlichen Lücken im Beobachtungsplan des Teleskops zunutze macht, um zusätzliche Bilder aufzunehmen.
Astronomen planen dieses innovative Hubble-Programm zu nutzen, um einen genauen Blick auf viele andere ungewöhnliche interagierende Galaxien zu werfen. Das Ziel liegt darin, eine solide Stichprobe der nahen interagierenden Galaxien zu bekommen, was Einblicke in die Art und Weise geben könnte, wie Galaxien im Laufe der Zeit durch galaktische Verschmelzungen anwuchsen. Durch die Analyse dieser detaillierten Hubble-Beobachtungen könnten Astronomen dann wählen, welche Systeme zu Hauptzielen für das kommende James Webb Space Telescope der NASA werden, dessen Start für das Jahr 2021 angesetzt ist.
Video-Link: https://youtu.be/p0Mhf3TCklc
Der Astronom Halton Arp veröffentlichte im Jahr 1966 sein Kompendium mit 338 ungewöhnlich aussehenden, interagierenden Galaxien. Später arbeitete er mit dem Astronom Barry Madore zusammen, um die Suche nach einmaligen, galaktischen Begegnungen auf den Himmel über der Südhalbkugel auszuweiten. In diesem Survey, veröffentlicht im Jahr 1987, sind mehrere tausend Galaxien aufgeführt. Das Hubble-Bild von AM 2026-424 wurde am 19. Juni 2019 von der Advanced Camera for Surveys (ACS) in sichtbaren Wellenlängen aufgenommen. Das System liegt rund 704 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
https://imgsrc.hubblesite.org/hvi/uploads/image_file/image_attachment/31885/STSCI-H-p1951a-f-1631×1767.png
(THK)
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