Neues Modell rückt die Schwingungen von Neutronensternen in den Fokus

Simulation der Verschmelzung zweier Neutronensterne. (Credits: University of Birmingham)
Simulation der Verschmelzung zweier Neutronensterne. (Credits: University of Birmingham)

Gravitationswellenforscher der University of Birmingham haben ein neues Modell entwickelt, das neue Einblicke in die Struktur und Zusammensetzung von Neutronensternen verspricht. Das Modell zeigt, dass Vibrationen oder Schwingungen innerhalb der Sterne direkt anhand des Gravitationswellensignals allein gemessen werden können. Das liegt daran, dass Neutronensterne unter dem Einfluss von Gezeitenkräften verformt werden, was sie in bestimmten Frequenzen schwingen lässt. Diese Frequenzen kodieren einzigartige Informationen über den Stern in dem Gravitationswellensignal.

Das macht die Astreroseismologie – die Erforschung stellarer Schwingungen – mittels Gravitationswellen von kollidierenden Neutronensternen zu einem vielversprechenden neuen Hilfsmittel, um die schwer zu erforschende Natur von extrem dichter Kernmaterie zu untersuchen.

Neutronensterne sind die ultradichten Überreste von kollabierten, massereichen Sternen. Sie wurden zu tausenden im elektromagnetischen Spektrum beobachtet, und trotzdem ist nur wenig über ihre Natur bekannt. Einzigartige Informationen können gesammelt werden, indem man die Gravitationswellen misst, wenn zwei Neutronensterne ein Doppelsternsystem bilden. Diese Störungen der Raumzeit wurden von Albert Einstein vorhergesagt und im Jahr 2015 erstmals vom Advanced Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory (LIGO) registriert.

Durch die Verwendung des Gravitationswellensignals zur Messung der Schwingungen von Neutronensternen werden die Forscher in der Lage sein, neue Einblicke in das Innere dieser Sterne zu bekommen. Die Studie wird im Journal Nature Communications veröffentlicht.

Dr. Geraint Pratten vom Gravitational Wave Institute der University of Birmingham ist der Hauptautor der Studie. „Wenn sich die beiden Sterne spiralförmig aufeinanderzubewegen, werden ihre Formen durch die Gravitationskraft ihres Begleiters verzerrt. Das verstärkt sich mehr und mehr und hinterlässt einen charakteristischen Abdruck im Gravitationswellensignal.“, erklärte er.

„Die Gezeitenkräfte, die auf die Neutronensterne wirken, lösen Schwingungen innerhalb der Sterne aus, was uns Einblicke in ihre innere Struktur gibt. Durch die Messung dieser Schwingungen anhand des Gravitationswellensignals können wir Informationen über die grundlegende Natur und Zusammensetzung dieser rätselhaften Objekte ableiten, die sonst nicht verfügbar wären“, ergänzte er.

Das von dem Team entwickelte Modell ermöglicht erstmals die direkte Bestimmung dieser Schwingungen aufgrund von Gravitationswellenmessungen. Die Forscher nutzten ihr Modell für das erste beobachtete Gravitationswellensignal aus der Verschmelzung zweier Neutronensterne – GW170817.

Dr. Patricia Schmidt, ebenfalls Hauptautorin der Studie, sagte: „Fast drei Jahre nach dem ersten Gravitationswellennachweis von einem System aus zwei verschmelzenden Neutronensternen finden wir immer noch neue Wege, um mehr Informationen aus den Signalen herauszuziehen. Je mehr Informationen wir durch die Entwicklung immer fortschrittlicherer Modelle sammeln können, desto näher gelangen wir daran, die wahre Natur von Neutronensternen zu herauszufinden.“

Gravitationswellenobservatorien der nächsten Generation, die für die 2030er Jahre geplant sind, werden imstande sein, weit mehr solcher Neutronensternsysteme zu registrieren und sie detaillierter zu beobachten, als es momentan möglich ist. Das von dem Team entwickelte Modell wird einen entscheidenden Beitrag zu dieser Forschung leisten.

„Die Informationen von diesem ersten Ereignis waren begrenzt, weil es recht viel Hintergrundrauschen gab, was die Isolierung des Signals schwierig machte“, sagte Pratten. „Mit moderneren Instrumenten können wir die Frequenzen dieser Schwingungen viel präziser messen, und das sollte zu einigen wirklich interessanten Einblicken führen.“

Quelle

(THK)

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