Chandra beobachtet den Röntgenausbruch eines jungen Protosterns

Illustration und eine Röntgenaufnahme des Protosterns HOPS 383, basierend auf Beobachtungen des Weltraumteleskops Chandra. (Credits: X-ray: NASA / CXC / Aix-Marseille University / N. Grosso et al.; Illustration: NASA / CXC / M. Weiss)
Illustration und eine Röntgenaufnahme des Protosterns HOPS 383, basierend auf Beobachtungen des Weltraumteleskops Chandra. (Credits: X-ray: NASA / CXC / Aix-Marseille University / N. Grosso et al.; Illustration: NASA / CXC / M. Weiss)

Astronomen haben erstmals Röntgenstrahlung aus der frühesten Entwicklungsphase eines sonnenähnlichen Sterns beobachtet. Diese Entdeckung mit dem NASA-Weltraumteleskop Chandra könnte helfen, einige Fragen über die Sonne und das Sonnensystem zu beantworten.

Die Röntgenstrahlung stammte von einem Ausbruch eines Objekts namens HOPS 383 im Orion-Molekülwolkenkomplex, etwa 1.400 Lichtjahre von der Erde entfernt. Astronomen bezeichnen HOPS 383 als einen jungen „Protostern“, weil er sich in der frühesten Phase der stellaren Entwicklung befindet. Diese Phase fängt an, nachdem eine große Wolke aus Gas und Staub zu kollabieren begann. Wenn er älter geworden ist, wird HOPS 383 etwa die halbe Sonnenmasse besitzen.

Dieses Ergebnis ist entscheidend, weil es die Zeitlinie für den Beginn der Röntgenemissionen von sonnenähnlichen Sternen neu setzt. Obwohl Forscher wissen, dass junge Sterne im Röntgenbereich viel aktiver sind als ältere Sterne, war der Beginn dieser Emissionen ein Diskussionsthema.

„Wir haben keine Zeitmaschine, die uns unsere Sonne am Beginn ihres Lebens direkt beobachten lassen könnte, aber das Nächstbessere ist die Beobachtung vergleichbarer Sterne wie HOPS 383“, sagte der Hauptautor Nicolas Grosso vom Astrophysics Laboratory of Marseille der Aix-Marseille University in Frankreich. „Daraus können wir wichtige Ausschnitte aus der Vergangenheit unseres eigenen Sonnensystems rekonstruieren.“

Chandra-Beobachtungen vom Dezember 2017 offenbarten den Röntgenausbruch von HOPS 383, der etwa drei Stunden und 20 Minuten andauerte. Außerhalb dieser Ausbruchsperiode wurden von dem Protostern keine Röntgenemissionen registriert, was darauf hindeutet, dass HOPS 383 in der Zeit im Durchschnitt mindestens zehnmal schwächer war als der Ausbruch zum Zeitpunkt des Maximums. Er ist außerdem 2.000 mal stärker als der hellste Röntgenausbruch, der bei unserer Sonne beobachtet wurde, einem mittelalten Stern mit relativ geringer Masse.

Während der frühesten Entwicklungsstadien von Protosternen – repräsentiert durch Objekte wie HOPS 383 – befindet sich die Hälfte der Masse des Protosterns wahrscheinlich noch in einem Kokon aus Staub und Gas. Diese Materie fällt auf eine Scheibe, die den Zentralstern umgibt. Das Licht des jungen Sterns in HOPS 383 muss diesen Kokon durchdringen. Glücklicherweise sind Röntgenstrahlen stark genug, um genau das zu tun.

Während Materie aus dem Kokon nach innen in Richtung der Scheibe fällt, gibt es auch Ausströmungen von Gas und Staub. Diese Ausströmungen reduzieren den Drehimpuls des Systems, was der Materie aus der Scheibe erlaubt, auf den wachsenden jungen Protostern zu fallen. Astronomen haben solche Ausströmungen bei HOPS 383 gesehen und vermuten, dass starke Röntgenausbrüche wie das von Chandra registrierte Ereignis Elektronen aus den Atomen an der Basis der Ausströmungen herausreißen könnte. Das könnte wichtig sein, um die Ausströmungen durch magnetische Kräfte anzutreiben.

„Wenn dieser Zusammenhang zwischen Röntgenausbrüchen und Ausströmungen korrekt ist, haben vergleichbare Ausbrüche eine wichtige Rolle bei der Entstehung unseres eigenen, lebensspendenden Heimatsterns, der Sonne, gespielt“, sagte der Co-Autor Kenji Hamaguchi vom Center for Research and Exploration in Space Science & Technology und dem Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland).

Als der Stern den Röntgenausbruch erfuhr, hat er wahrscheinlich auch energiereiche Teilchenströme produziert, die mit Staubkörnchen am inneren Rand der Materiescheibe um den Protostern kollidierten. Wenn man voraussetzt, dass etwas Vergleichbares mit der Sonne geschah, könnten die von dieser Kollision verursachten Kernreaktionen die ungewöhnlichen Elementhäufigkeiten in bestimmten Meteoritentypen erklären, die auf der Erde gefunden wurden.

„Was die Sonne vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren tat, beeinflusste das Rohmaterial, aus dem letztendlich die Planeten und alles andere in unserem Sonnensystem entstanden“, sagte der Co-Autor David Principe vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. „Jegliche Röntgenstrahlung von einer jungen Sonne könnte eine große Rolle bei der Gestaltung dieser Bestandteile gespielt haben.“

Im Rahmen weiterer Chandra-Beobachtungen von HOPS 383 mit einer Gesamtdauer von etwas weniger als einem Tag wurden keine anderen Röntgenausbrüche registriert. Astronomen werden längere Röntgenbeobachtungen brauchen, um festzustellen, wie häufig solche Ausbrüche während dieser sehr frühen Entwicklungsphase von sonnenähnlichen Sternen vorkommen.

„Wie häufig sind Röntgenausbrüche bei den jüngsten Protosternen und wie viel Einfluss haben sie auf die Entwicklung von Sonnensystemen?“, fragte der Co-Autor Joel Kastner vom Rochester Institute of Technology in New York. „Nur mehr Beobachtungen können diese wichtigen Fragen beantworten.“

Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, erschien im Journal Astronomy & Astrophysics.

Das Mashall Space Flight Center der NASA leitet das Chandra-Programm. Das Chandra X-ray Center des Smithsonian Astrophysical Observatory steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen von Cambridge und Burlington in Massachusetts aus.

Quelle

(THK)

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