Neue Studie zur Temperaturstruktur von protoplanetaren Scheiben

ALMA-Aufnahme der protoplanetaren Scheibe um einen jungen Stern. (Credits: Lee, Chin-Fei et al.)
ALMA-Aufnahme der protoplanetaren Scheibe um einen jungen Stern. (Credits: Lee, Chin-Fei et al.)

Polarisiertes Licht ist ein vertrautes Phänomen, weil die Streuung oder die Reflexion von Licht darin resultiert, dass ein bestimmter Anteil bevorzugt absorbiert wird. Der Großteil des Sonnenlichts auf der Erde wird zum Beispiel bevorzugt durch Streuung in der Atmosphäre polarisiert. Daher sind polarisierte Sonnenbrillen effektiv.

Elektromagnetische Strahlung von astrophysikalischen Quellen kann ebenfalls polarisiert sein, typischerweise aufgrund von Streueffekten an länglichen Staubkörnchen, die sich an den lokalen Magnetfeldern entlang ausrichten. Man vermutet, dass diese Magnetfelder eine wichtige und vielleicht sogar dominierende Rolle bei der Gestaltung der Formen und Bewegungen von interstellaren Gaswolken spielen. Solche Magnetfelder sind extrem schwer direkt zu messen. Beobachtungen der Polarisation aufgrund von Staubkörnchen bieten einen einzigartigen Weg, um die Magnetfelder zu untersuchen.

Die polarisierten Emissionen von ausgerichteten Staubkörnchen in Scheiben um junge stellare Objekte sind von besonderem Interesse für Astronomen, die die Entstehung und Entwicklung von Planeten in diesen Scheiben untersuchen. Die polarisierten Emissionen können nicht nur die Einzelheiten der präsenten Magnetfelder offenbaren, sondern auch (abhängig von den Formen und Eigenschaften der Körnchen) andere strukturelle Merkmale der Scheibenumgebung. Dazu gehört etwa die Präsenz von anisotropischer stellarer Strahlung.

Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) hatte kürzlich Erfolg bei dem Nachweis polarisierter Emissionen von einer Reihe junger protoplanetarer Scheiben. Der Astronom Ian Stephens vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) war Mitglied eines Teams, das ALMA für die Beobachtung der Stärke solcher Emissionen in verschiedenen Wellenlängen nutzte.

Das Team schlussfolgert, dass Magnetfeldprozesse wahrscheinlich nicht die einzigen beteiligten Mechanismen sind. Die Forscher zeigen, dass ein Temperaturgradient entlang der Scheibe die polarisierten Emissionen von ausgerichteten Staubkörnchen verändern kann. Das erlaubt eine bessere Nachbildung von Beobachtungsdaten als die einfachen Magnetfeldmodelle.

Die Analyse der polarisierten Staubemissionen in Scheiben ergab, dass die Auswirkungen eines Temperaturgradienten auf die Polarisation am stärksten sind, wenn die Scheibe von der Seite aus betrachtet wird. Die Schlussfolgerung wird mit detaillierten Modellen validiert. Weil Temperaturgradienten durch die Ansammlung von Materie (Akkretion) beeinflusst werden können, bieten diese Ergebnisse eine neue Methode zur Untersuchung der Akkretion. Beispielsweise kann die akkretionsbedingte Aufheizung den Winkel der Polarisation in Bezug zur Scheibe verändern.

Abhandlung: „Probing the Temperature Structure of Optically thick Discs using Polarized Emission of Aligned Grains“ von Zhe-Yu Daniel Lin, Zhi-Yun Li, Haifeng Yang, Leslie Looney, Chin-Fei Lee, Ian Stephens und Shih-Ping Lai, MNRAS 493, 4868, 2020.

Quelle

(THK)

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