Die Sonne könnte ihr Leben mit einem stellaren Begleiter begonnen haben

Künstlerische Darstellung eines potenziellen Begleiters der Sonne. (Credit: M. Weiss)
Künstlerische Darstellung eines potenziellen Begleiters der Sonne. (Credit: M. Weiss)

Eine gestern in den Astrophysical Journal Letters veröffentlichte Theorie besagt, dass die Sonne einst einen Begleiter von ähnlicher Masse gehabt haben könnte. Die Studie wurde von Wissenschaftlern der Harvard University durchgeführt. Wenn sich das bestätigt, erhöht die Präsenz eines frühen stellaren Begleiters die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Oortsche Wolke so entstand, wie sie beobachtet wurde, und dass der Planet Neun eingefangen wurde und nicht innerhalb des Sonnensystems entstand.

Dr. Avi Loeb, der Frank B. Baird Jr. Professor of Science an der Harvard University, und der Harvard-Student Amir Siraj haben postuliert, dass die Existenz eines lange verlorenen stellaren Begleiters im Geburtssternhaufen der Sonne die Entstehung der Oortschen Wolke, so wie wir sie heute sehen, erklären könnte.

Die gängige Theorie verbindet die Entstehung der Oortschen Wolke mit Überresten aus der Bildung des Sonnensystems und dessen Nachbarn, wo Objekte durch die Planeten auf große Entfernungen zerstreut wurden. Einige wurden zwischen den Sternen ausgetauscht. Aber ein Doppelsternmodell könnte das fehlende Teil des Puzzles sein und Siraj zufolge sollte das für die Wissenschaftler nicht überraschend kommen. „Frühere Modelle hatten Schwierigkeiten damit, das erwartete Verhältnis zwischen gestreuten Kuipergürtelobjekten und äußeren Objekten in der Oortschen Wolke zu produzieren. Das Doppelstern-Einfang-Modell bietet entscheidende Verbesserungen und Verfeinerungen, was im Nachhinein betrachtet offensichtlich ist: Die meisten sonnenähnlichen Sterne werden als Teil eines Doppelsternsystems geboren.“

Falls die Oortsche Wolke tatsächlich mit der Hilfe eines frühen stellaren Begleiters eingefangen wurde, wären die Auswirkungen für unser Wissen über die Entstehung des Sonnensystems immens. „Doppelsternsysteme sind beim Einfangen von Objekten viel effizienter als Einzelsterne“, sagte Loeb. „Falls die Oortsche Wolke so entstand wie beobachtet, würde das dafür sprechen, dass die Sonne tatsächlich einen Begleiter von ähnlicher Masse hatte, der verloren ging, bevor die Sonne ihren Geburtssternhaufen verließ.“

Belege für eine eingefangene Oortsche Wolke definieren nicht nur die Entstehung unseres Sonnensystems neu, sondern könnten auch Fragen zum Ursprung des Lebens auf der Erde beantworten. „Objekte in der äußeren Oortschen Wolke könnten in der Erdgeschichte eine wichtige Rolle gespielt haben, etwa beim Transport des Wassers auf die Erde und beim Aussterben der Dinosaurier“, sagte Siraj. „Ihre Ursprünge zu verstehen, ist wichtig.“

Das Modell hat auch Auswirkungen bezüglich des hypothetischen Planeten Neun, von dem Loeb und Siraj annehmen, dass er dort draußen nicht allein ist. „Das Rätsel betrifft nicht nur die Oortsche Wolke, sondern auch extreme transneptunische Objekte wie den potenziellen Planeten Neun“, sagte Loeb. „Es ist unklar, woher sie stammen, und unser neues Modell sagt voraus, dass es mehr Objekte mit einer ähnlichen Orbitalausrichtung geben sollte wie Planet Neun.“

Sowohl die Oortsche Wolke als auch die vermutete Position des Planeten Neun sind so weit von der Sonne entfernt, dass direkte Beobachtungen für heutige Wissenschaftler eine Herausforderung darstellen. Aber das Vera C. Rubin Observatory, dessen First Light für Anfang 2021 geplant ist, wird die Existenz von Planet Neun und dessen Ursprung entweder bestätigen oder widerlegen. Siraj ist optimistisch: „Falls das VRO die Existenz des Planeten Neun und dessen Ursprung als eingefangenes Objekt bestätigt, und es auch eine Population ähnlicher, eingefangener Zwergplaneten findet, dann wird das Doppelsternmodell gegenüber dem lange vorausgesetzten Einzelsternmodell bevorzugt werden.“

Wenn die Sonne einen frühen Begleiter hatte, der zur Entstehung des äußeren Sonnensystems beitrug, wirft seine derzeitige Abwesenheit die Frage auf: Wo ist er hin? „Vorbeiziehende Sterne im Geburtssternhaufen hätten der Sonne ihren Begleiter durch gravitative Einflüsse entrissen“, sagte Loeb. „Vor dem Verlust des Begleiters hatte das Sonnensystem jedoch bereits seine äußere Hülle aus Objekten eingefangen, nämlich die Oortsche Wolke und die Planet-Neun-Population.“

„Der lange verlorene Begleiter der Sonne könnte jetzt irgendwo anders in der Milchstraßen-Galaxie sein“, ergänzte Siraj.

Quelle

(THK)

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