Elliptische Riesengalaxien, die ältesten bekannten großen galaktischen Strukturen im Universum, besitzen keine Spiralarme und nur wenig bis gar keine Sternentstehungsaktivitäten, aber ihre zentralen supermassiven Schwarzen Löcher sind oft aktive galaktische Kerne. Obwohl fast alle Galaxien ein supermassives Schwarzes Loch in ihrem Kern aufweisen, sind die meisten Kerne keine aktiven galaktischen Kerne.
Astronomen vermuten, dass elliptische Riesengalaxien nach einer Phase rascher Sternentstehungsprozesse im jungen Universum entstanden, weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall. Dann entwickelten sie sich durch galaktische Verschmelzungen und Akkretion von Gas aus dem intergalaktischen Medium, um noch größer zu werden. Der gleiche Akkretionsprozess nährt die aktiven galaktischen Kerne, die gewaltige Jets aus schnellen, geladenen Teilchen ausstoßen. Die Teilchen strahlen stark in Radiofrequenzen, was diese Objekte zu hellen Zielen für Radioteleskope macht. Viele dieser Galaxien wurden mit Radio-Durchmusterungsprogrammen entdeckt.
VERITAS, das Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System, ist ein Observatorium des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und besteht aus vier 12-Meter-Teleskopen am Fred L. Whipple Observatory auf dem Mt. Hopkins in Arizona. VERITAS wurde entworfen, um Gammaphotonen zu untersuchen. Gammaphotonen sind etwa hundert Millionen Mal energiereicher als die energiereichsten Röntgenphotonen, die mit dem Weltraumteleskop Chandra
beobachtet werden können.
Die CfA-Astronomen Wystan Benbow, Michael Daniel, Pascal Fortin, Gareth Hughes und Emmet Roache nutzten mit zahlreichen Kollegen VERITAS, um nach Gammaphotonen von den aktiven galaktischen Kernen in radiohellen, alten, elliptischen Galaxien zu suchen. Sie und andere Astronomen erkannten, dass die gleichen Jets aus geladenen Teilchen, die in Radiowellenlängen leuchten, auch Gammaemissionen produzieren können. Das geschieht, wenn diese mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fliegenden Teilchen mit energiearmen Photonen interagieren. Diese Emission ist besonders hell, wenn man diese Jets fast frontal betrachtet.
Die Astronomen verwendeten VERITAS von 2017 bis 2019, um die aktiven galaktischen Kerne in der elliptischen Galaxie 3C264 zu untersuchen. Anfang 2018 entdeckten sie sehr hochenergetische Gammaemissionen und erkannten, dass diese Emissionen variabel sein müssen. Die Emission machten diesen aktiven galaktischen Kern, der etwa 300 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist, zu dem fernsten Gamma-emittierenden aktiven galaktischen Kern von nur vier bekannten Exemplaren, deren Jets nicht frontal betrachtet werden.
Nach der Entdeckung führten sie Folgebeobachtungen mit einer Vielzahl an Teleskopen in verschiedenen Wellenlängenbereichen durch: Swift, Fermi-LAT, Chandra und Hubble im Weltraum, sowie optische und Radiobeobachtungen mit dem Kitt Peak Telescope, dem Very Long Baseline Array und dem Very Large Array auf dem Erdboden.
Die komplexen Multiwellenlängendaten und das Analyseprogramm des Teams ermöglichten den Wissenschaftlern festzustellen, dass 3C2364 wahrscheinlich vergleichbar mit der berühmten (und wesentlich näheren) Galaxie M87 und deren Jet ist. M87 enthält das supermassive Schwarze Loch, das im vergangenen Jahr abgebildet wurde. Nur etwa 200 sehr energiereiche Gammaquellen wurden bislang entdeckt, darunter sowohl aktive galaktische Kerne als auch andere. Die neuen Ergebnisse zu 3C264 als einer von nur vier bekannten aktiven galaktischen Kernen in elliptischen Galaxien, die nicht frontal beobachtet werden, erweitern unser Wissen über die Jets von aktiven galaktischen Kernen und deren zugrundeliegender Physik.
Das Team wird die Quelle weiter beobachten: In den Radiojets sind vier helle Knoten sichtbar, und zwei werden in den kommenden paar Jahren voraussichtlich kollidieren, was erwartungsgemäß ein Feuerwerk nach sich ziehen wird.
(THK)
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