Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Wissenschaftlern der University of Manchester hat gezeigt, dass ein schnell rotierender Neutronenstern im Zentrum eines Objekts liegt, das als PSR J2039−5617 bezeichnet wird.
Die internationale Zusammenarbeit nutzte neue Datenanalysemethoden und die enorme Rechenleistung des Bürgerwissenschaftsprojekts Einstein@Home, um die schwachen Gammapulse des Neutronensterns in Daten des NASA-Weltraumteleskops Fermi aufzuspüren. Die Ergebnisse zeigen, dass der Pulsar und ein stellarer Begleiter von etwa einem Sechstel der Sonnenmasse einander umkreisen. Der Pulsar verdampft diesen Stern langsam aber stetig. Das Team stellte auch fest, dass die Umlaufbahn des Begleitsterns im Laufe der Zeit leicht und unvorhersehbar variiert. Mit ihrer Suchmethode erwarten sie, dass mit Einstein@Home in Zukunft weitere solcher Systeme gefunden werden.
Die Suche nach den sogenannten „Spinnen“-Pulsarsystemen (schnell rotierende Neutronensterne, deren hochenergetische Abströmungen ihre Begleitsterne vernichten) erforderte präzise Daten, die im Zeitraum von zehn Jahren gesammelt wurden. Den Pulsaren wurden Namen wie „Schwarze Witwen“ oder „Redbacks“ gegeben, weil die Weibchen dieser Spinnenarten die kleineren Männchen nach dem Geschlechtsakt töten.
Die neue Studie wurde in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht und beschreibt, wie die Forscher mit Fermi-Daten in einem exotischen Doppelsternsystem einen Neutronenstern fanden, der 377 Mal pro Sekunde rotiert.
Die Ergebnisse der Astronomen wurden durch das Einstein@Home-Projekt ermöglicht, einem Netzwerk aus tausenden zivilen Freiwilligen, die die Rechenleistung ihrer Heimcomputer der Verarbeitung astronomischer Daten zur Verfügung stellen.
Die Suche der Gruppe erforderte die sehr präzise Sichtung der Daten, um keine potenziellen Signale zu übersehen. Die benötigte Rechenleistung ist enorm: Mit einem einzigen Computerkern hätte die Suche 500 Jahre gedauert. Durch die teilweise Verwendung des Einstein@Home-Netzwerks wurde sie in zwei Monaten abgeschlossen.
Mit der von den Freiwilligen zur Verfügung gestellten Rechenleistung entdeckte das Team Gammapulsationen von einem schnell rotierenden Neutronenstern. Dieser Gammapulsar, jetzt bekannt als J2039-5617, rotiert 377 Mal pro Sekunde.
„Seit Jahren vermutete man im Zentrum der als PSR J2039−5617 bezeichneten Quelle einen Pulsar – einen schnell rotierenden Neutronenstern“, sagte Lars Nieder, ein Doktorand am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert Einstein Institut) in Hannover. „Aber es war erst mit der Rechenleistung der Zehntausenden Freiwilligen von Einstein@Home möglich, den Schleier zu lüften und die Gammapulsationen zu entdecken.“
Das Objekt ist seit 2014 als Quelle von Röntgenstrahlung, Gammastrahlung und Licht bekannt. Alle bislang erhaltenen Belege wiesen auf einen schnell rotierenden Neutronenstern im Orbit mit einem massearmen Stern im Zentrum der Quelle hin. Aber es gab keine überzeugenden Beweise.
Der erste Schritt zur Lösung dieses Rätsels waren neue Beobachtungen des stellaren Begleiters mit optischen Teleskopen. Sie lieferten präzise Erkenntnisse über das Doppelsternsystem, ohne die eine Suche nach einem Gammapulsar sogar mit der Rechenleistung von Einstein@Home nicht realisierbar gewesen wäre.
Die Helligkeit des Systems variiert während einer Orbitalperiode, die davon abhängt, welche Seite des Begleitsterns in Richtung Erde zeigt. „Bei J2039-5617 sind zwei Hauptprozesse am Werk: Der Pulsar heizt eine Seite des massearmen Begleiters auf, der heller und bläulicher erscheint. Außerdem wird der Begleiter durch die Gravitation des Pulsars verzerrt, was dazu führt, dass die scheinbare Größe des Sterns in der Umlaufbahn variiert. Diese Beobachtungen erlaubten dem Team, die bislang präzisesten Messungen der 5,5-stündigen Orbitalperiode des Doppelsternsystems zu machen und andere Eigenschaften des Systems zu messen“, sagte Dr. Colin Clark vom Jodrell Bank Centre for Astrophysics, der Hauptautor der Studie.
Mit dieser Information und der präzisen Position am Himmel anhand von Gaia-Daten nutzte das Team die kombinierte Rechenleistung von Einstein@Home für eine neue Suche in etwa zehn Jahren Archivdaten des NASA-Weltraumteleskops Fermi. Sie verbesserten die Methoden, die früher von ihnen für diesen Zweck entwickelt wurden, und nahmen die Dienste der Zehntausenden Freiwilligen in Anspruch, um die Fermi-Daten nach periodischen Pulsationen im Gammabereich zu durchsuchen, die vom Large Area Telescope an Bord von Fermi registriert wurden. Die Freiwilligen stellten ungenutzte Rechenleistung auf den Kernen und Grafikprozessoren ihrer Computer für Einstein@Home bereit.
Die neuen Erkenntnisse über die Frequenz der Gammapulsationen erlaubten den Wissenschaftlern auch das Auffinden von Radiopulsen in Archivdaten des Parks Radio Telescope. Ihre Ergebnisse erschienen ebenfalls in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society und zeigen, dass die Radioemission des Pulsars oft von Materie verdeckt wird, die von dem Begleitstern aufgrund der Wechselwirkungen mit dem Pulsar abgestoßen wurde.
(THK)
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