Auf der Erde ist die Flusserosion normalerweise ein langsamer Prozess. Auf dem Mars spielten massive Überschwemmungen von überfließenden Kraterseen eine große Rolle bei der Gestaltung der Marsoberfläche, wobei sie tiefe Täler formten und riesige Mengen an Sedimenten bewegten. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie unter Leitung von Wissenschaftlern der University of Texas in Austin. Die Studie wurde am 29. September 2021 im Journal Nature veröffentlicht. Sie beschreibt, dass die Fluten, die wahrscheinlich mehrere Wochen andauerten, mehr als genug Sedimente abtrugen, um den Oberen See und den Ontariosee zu füllen.
„Wenn wir darüber nachdenken, wie Sedimente durch die Landschaft des frühzeitlichen Mars transportiert wurden, waren auslaufende Seen ein wirklich wichtiger globaler Prozess“, sagte der Hauptautor Tim Goudge, ein Assistenzprofessor an der Jackson School of Geosciences der UT. „Und das ist ein überraschendes Ergebnis, weil sie lange Zeit als einmalige Anomalien betrachtet wurden.“
Vor Milliarden Jahren, als der Rote Planet flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche besaß, waren Kraterseen auf dem Mars üblich. Einige Krater konnten die Wassermenge eines kleinen Meeres enthalten. Aber als das Wasser zu viel wurde, brach der Rand des Kraters und verursachte katastrophale Überschwemmungen, die Flusstäler schufen. Eine von Goudge geleitete Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass diese Ereignisse schnell abliefen.
Fernerkundungsbilder von Satelliten in der Marsumlaufbahn haben Wissenschaftlern erlaubt, die Überreste der ausgelaufenen Kraterseen auf dem Mars zu untersuchen. Allerdings wurden die Kraterseen und ihre Flusstäler hauptsächlich auf einer individuellen Grundlage studiert. Dies ist die erste Studie, die erforscht, wie die 262 ausgelaufenen Seen auf dem Roten Planeten die Marsoberfläche als Ganzes gestalteten.
Die Forscher betrachteten einen bereits vorhandenen Katalog von Flusstälern auf dem Mars und klassifizierten sie in zwei Kategorien: Täler, die ihren Anfang am Rand eines Kraters haben, was darauf hindeutet, dass sie während einer bruchbedingten Überflutung entstanden, und Täler die anderswo in der Landschaft entstanden, was für eine schrittweise Bildung im Laufe der Zeit spricht.
Davon ausgehend verglichen die Forscher die Tiefe, Länge und das Volumen der verschiedenen Taltypen miteinander und stellten fest, dass Flusstäler, die durch Brüche von Kraterseen entstanden, deutlich mehr Erosion verursachten. Sie erodierten fast ein Viertel des Gesamtvolumens der Flusstäler auf dem Roten Planeten, obwohl sie nur drei Prozent der Gesamtlänge aller Täler ausmachen.
„Diese Diskrepanz liegt an der Tatsache, dass diese Canyons deutlich tiefer als andere Täler sind“, sagte der Co-Autor Alexander Morgan vom Planetary Science Institute.
Mit einer durchschnittlichen Tiefe von 170,5 Metern ist ein kraterbruchbedingtes Flusstal mehr als doppelt so tief wie andere Täler, die im Laufe der Zeit entstanden – ihre durchschnittliche Tiefe beträgt nur 77,5 Meter.
Obwohl die Täler in einem geologisch sehr kurzen Zeitraum entstanden, könnten sie einen dauerhaften Effekt auf die umgebende Landschaft gehabt haben. Die Studie spricht dafür, dass die Brüche derart tiefe Täler erodierten, dass sie die Bildung anderer benachbarter Flusstäler beeinflusst haben könnten. Die Autoren sagen, dass dies eine potenzielle alternative Erklärung für die einzigartige Flusstal-Topografie auf dem Mars sei, die für gewöhnlich dem Klima zugesprochen wird.
Die Studie demonstriert, dass die von Kraterrandbrüchen verursachten Flusstäler eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Marsoberfläche spielten, aber Goudge sagte, es sei auch eine Lektion bezüglich der Erwartungshaltung. Die irdische Geologie hat die meisten Krater verschwinden lassen und macht die Flusserosion in den meisten Fällen zu einem langsamen und stetigen Prozess. Aber das bedeutet nicht, dass es auf anderen Welten auch so funktioniert.
„Wenn man die Krater mit Wasser füllt, gibt es dort eine Menge gespeicherter Energie, die freigesetzt werden kann“, sagte Goudge. „Es ergibt Sinn, dass der Mars in diesem Fall dazu tendiert, stärker als die Erde durch Katastrophen gestaltet zu werden.“
Die anderen Autoren sind die Postdoktorandin Gaia Stucky de Quay von der Jackson School und Caleb Fassett vom Marshall Space Flight Center der NASA. Die NASA finanzierte die Forschungsarbeit.
(THK)
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