Der Vulkan Popocatépetl südöstlich von Mexico City ist der zweithöchste Berg Mexikos und wird als einer der potenziell gefährlichsten Vulkane weltweit eingeschätzt. Der Grund dafür sind die Aufzeichnungen seiner hochgradig explosiven Ausbrüche während der letzten 23.000 Jahre.
Wissenschaftler untersuchen die Aufzeichnungen vergangener Eruptionen des Popocatépetl, um zukünftige Eruptionsszenarien besser zu verstehen und potenzielle Risiken zu minimieren. Eine neue Studie, die am 25. Februar 2022 in GSA Bulletin veröffentlicht wurde, warf einen genauen Blick auf einen der größten Lavaströme des Popocatépetl – den Nealtican-Lavastrom -, um dessen Fließmechanismen und zukünftige vulkanische Bedrohungen zu bewerten.
Die Forscher untersuchten den Lavastrom in seiner Gesamtheit, indem sie Einheiten des Lavastroms kartierten und dessen Formen und Eigenschaften analysierten, sowie durch chemische und mineralogische Analysen der Gesteine.
„All das hilft uns, die Eruptionsgeschichte dieses Lavastroms zu rekonstruieren und genau festzustellen, was die grundlegenden Eigenschaften für diese Eruption waren“, sagte Israel Ramírez-Uribe, der Hauptautor der Studie. „Es ist wichtig, diese Phänomene zu untersuchen, so dass wir zukünftige Szenarien besser vorhersehen und die Risiken minimieren können.“
„Wir können die Gebiete bestimmen, die durch frühere Eruptionen beeinflusst wurden und dann über Gebiete spekulieren, die in Zukunft beeinflusst werden könnten. Und wenn diese Gebiete von Menschen besiedelt sind, können wir sagen, ob sie die Folgen einer zukünftigen Eruption spüren würden“, sagte der Co-Autor Dr. Claus Siebe.
Der Nealtican-Lavastrom bedeckt eine Fläche von etwa 70 Quadratkilometern östlich des Popocatépetl und entstand kurz nach einer hochgradig explosiven Eruption, die als die Lorenzo Pumice bekannt ist, datiert auf 350-50 vor unserer Zeitrechnung. Aus der Untersuchung der Schichten aus vulkanischem Material weiß man, dass der Nealtican-Lavastrom wahrscheinlich nur Monate bis Jahre nach der explosiven Lorenzo Pumice Eruption entstand.
Im Gegensatz zu den Lavaströmen mit geringer Viskosität, die wir oft bei Vulkanen auf Hawaii sehen, stellten die Forscher fest, dass der Nealtican-Lavastrom eine viel höhere Viskosität gehabt haben muss und sich nur etwa 1-33 Meter pro Tag fortbewegte. Basierend auf den rekonstruierten Eruptionsraten dauerte es wahrscheinlich rund 35 Jahre, bis das gesamte Nealtican-Lavafeld an Ort und Stelle war.
Obwohl ein derart langsamer Lavastrom keine direkte Gefahr für Menschenleben bedeuten würde, würde er existierende Strukturen vollständig zerstören und landwirtschaftliche Nutzflächen permanent unbrauchbar machen.
Der Nealtican-Lavastrom und die vorangegangene explosive Lorenzo Pumice Eruption hätten die prähispanischen Siedlungen stark in Mitleidenschaft gezogen und Dörfer unter vulkanischem Material begraben und einen Exodus der lokalen Bevölkerung verursacht. Ein Teil der prähispanischen Tetimpa-Siedlung ist derzeit unter Asche und 30-100 Meter dicker Lava begraben, aber die volle Wirkung der Eruption auf Siedlungen, die näher am Vulkan liegen, ist nicht bekannt.
„Die archäologische Stätte von Tetimpa scheint die Siedlungs-Randgebiete darzustellen, die unter zig Meter dicker Lavaströmen begraben sind, also liegt das bedeutende archäologische Material noch immer unter der Lava und wird nicht leicht zu untersuchen sein“, sagte Siebe.
Bemerkenswerterweise fallen der Aufstieg und der Niedergang großer mesoamerikanischer Städte wie Teotihuacán und Cholula mit den letzten großen explosiven Eruptionen des Popocatépetl zusammen. Der Exodus der Bevölkerung und die nachfolgende Standortwechsel infolge der Vulkanausbrüche könnten zum Aufstieg dieser wichtigen Städte in Zentralmexiko geführt haben.
Wenn der Popocatépetl heute einen Lavastrom von ähnlichen Ausmaßen wie das Nealtican-Lavafeld produzieren würde, könnte er die Infrastruktur existierender Städte in der Umgebung des Vulkans ernsthaft beschädigen und die lokalen Einwohner vertreiben, so wie es in der Vergangenheit geschehen ist.
Die Millionen Einwohner in der Umgebung des Popocatépetl sollten vorbereitet und sich dieser vulkanischen Bedrohungen bewusst sein, denn es ist nicht die Frage, ob der Vulkan ausbrechen wird, sondern wann.
„Dieser Vulkan ist aktiv und wir wissen nicht, wann er wieder eine starke Eruption zeigen wird, aber es wird sicherlich einen Ausbruch geben und wir sollten darauf vorbereitet sein“, sagte Siebe.
Ramírez-Uribe sagte, dass „wir mit den bedrohten Gemeinschaften zusammenarbeiten und versuchen müssen, die vulkanischen Gefahren und ihre Auswirkungen nicht nur aus einer technischen Perspektive zu klären, sondern auch die soziokulturellen Aspekte, religiöse Ansichten und die Weltsicht der Einwohner in Betracht ziehen.“
(THK)
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