Erstmals hat der Neutron star Interior Composition Explorer (NICER) der NASA die Verschmelzung von mehrere Millionen Grad heißen Röntgenflecken auf der Oberfläche eines Magnetars beobachtet. Ein Magnetar ist ein supermagnetischer stellarer Kern, der nicht größer als eine Stadt ist.
„NICER verfolgte, wie drei helle, Röntgenstrahlung emittierende Hotspots langsam über die Oberfläche des Objekts wanderten und dabei auch kleiner wurden, was den bislang besten Blick auf dieses Phänomen ermöglichte“, sagte George Younes, ein Forscher der George Washington University in Washington und des Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Der größte Fleck verschmolz letztendlich mit einem kleineren, was wir noch nie zuvor beobachtet hatten.“
Diese einzigartigen Beobachtungen werden in einer von Younes geleiteten Studie beschrieben und am 13. Januar 2022 in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht. Sie wird Wissenschaftlern helfen, ein vollständigeres Bild der Interaktionen zwischen der Kruste und dem Magnetfeld dieser extremen Objekte zu zeichnen.
Ein Magnetar ist ein isolierter Neutronenstern – ein zusammengefallener Kern, der nach der Explosion eines massereichen Sterns zurückbleibt. Er vereinigt mehr als die Masse der Sonne in einer Kugel von etwa 20 Kilometern Durchmesser und besteht aus Materie, die so dicht ist, dass ein Teelöffel so viel wiegen würde wie ein Berg auf der Erde.
Was Magnetare besonders macht, sind die stärksten bekannten Magnetfelder, die bis zu zehn Billionen Mal stärker als das eines Kühlschrankmagneten und tausend Mal stärker als das eines typischen Neutronensterns sein können. Das Magnetfeld speichert gewaltige Mengen Energie und kann bei einer Störung einen Ausbruch erhöhter Röntgenaktivität erzeugen, der Monate bis Jahre dauert.
Am 10. Oktober 2020 entdeckte das Neil Gehrels Swift Observatory der NASA genau so einen Ausbruch eines neuen Magnetars namens SGR 1830-0645 (kurz SGR 1830). Er liegt im Sternbild Scutum (Schild) und obwohl seine Distanz nicht exakt bekannt ist, schätzen Astronomen, dass das Objekt etwa 13.000 Lichtjahre entfernt ist. Swift richtete sein Röntgenteleskop auf die Quelle und registrierte sich wiederholende Impulse, die zeigten, dass das Objekt einmal alle 10,4 Sekunden rotiert.
Die NICER-Messungen desselben Tages zeigten, dass die Röntgenemissionen bei jeder Rotation drei nahe beieinander liegende Spitzen aufwiesen. Sie wurden verursacht, als drei einzelne Oberflächenregionen, die viel heißer als ihre Umgebung sind, in unser Blickfeld hinein und heraus rotierten.
NICER beobachtete SGR 1830 seit seiner Entdeckung bis zum 17. November 2020 fast täglich. Danach war die Sonne zu nah am Blickfeld für eine gefahrlose Beobachtung. Während dieses Zeitraums verschoben sich die Röntgenspitzen stetig und traten an geringfügig anderen Zeitpunkten während der Rotation des Magnetars auf. Die Ergebnisse favorisieren ein Modell, in dem sich die Flecken infolge von Krustenbewegungen bilden und bewegen, ähnlich wie die Bewegung der tektonischen Platten auf der Erde seismische Aktivitäten auslöst.
„Die Kruste eines Neutronensterns ist immens stark, aber das gewaltige Magnetfeld eines Magnetars kann sie bis über die Grenzen hinaus belasten“, sagte Sam Lander, ein Astrophysiker an der University of East Anglia in Norwich (Vereinigtes Königreich) und ein Co-Autor der Studie. „Diesen Prozess zu verstehen, ist eine große Herausforderung für Theoretiker und jetzt haben NICER und SGR 1830 uns einen viel direkteren Blick darauf ermöglicht, wie sich die Kruste unter extremen Belastungen verhält.“
Das Team vermutet, dass diese Beobachtungen eine einzige aktive Region offenbaren, in der die Kruste teilweise aufgeschmolzen wurde und sich unter der magnetischen Belastung langsam verformte. Die drei sich bewegenden Hotspots stellen wahrscheinlich Orte dar, wo sich die koronalen Bögen (vergleichbar mit den hellen, leuchtenden Plasmabögen auf der Sonne) mit der Oberfläche verbinden. Die Interaktionen zwischen den Bögen und der Krustenbewegung treibt das Drift- und Verschmelzungsverhalten an.
„Veränderungen in der Impulsgestalt, darunter eine sinkende Anzahl der Spitzen, wurden bislang nur in wenigen ‚Schnappschuss‘-Beobachtungen gesehen, die zeitlich weit auseinander lagen, so dass es keine Möglichkeit gab, ihre Entwicklung zu verfolgen“, sagte Zaven Arzoumanian, der wissenschaftliche Leiter des NICER-Instruments am Goddard Space Flight Center. „Solche Veränderungen könnten plötzlich stattgefunden haben, was besser mit einem taumelnden Magnetfeld als mit wandernden Hotspots übereinstimmen würde.“
Video-Link: https://youtu.be/gj6tx5N-L2k
NICER ist eine Astrophysics Mission of Opportunity des NASA Explorers Program, das häufige Fluggelegenheiten für hochwertige wissenschaftliche Untersuchungen des Weltraums mittels innovativer, schlanker und effizienter Ansätze innerhalb der Fachbereiche Heliophysik und Astrophysik bereitstellt. Das Space Technology Mission Directorate der NASA unterstützt die SEXTANT-Komponente der Mission, die eine pulsarbasierte Navigation für Raumsonden demonstrieren soll.
(THK)
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