Sterne mit einer Sonnenmasse oder größer werden normalerweise von einem oder mehr Begleitsternen umkreist. Das System entsteht, wenn die Gravitation das Gas und den Staub einer interstellaren Wolke kontrahiert, bis sich Klumpen entwickeln, die dicht genug sind, um zu Sternen zu werden. Mehrfachsternsysteme entwickeln sich dem Modell zufolge, wenn die Wolke eine geringe Rotation aufweist. Das verursacht eine Scheibe, die dann fragmentiert und mehrere Sterne hervorbringt.
In einem konkurrierenden Modell lassen Turbulenzen in der Wolke die Klumpen in Mehrfachsysteme fragmentieren. Wenn die Umlaufbahn eines Doppelsternsystem so gestaltet ist, dass die Sterne aus unserer Perspektive voreinander vorbeiziehen, bilden sie einen bedeckungsveränderlichen Doppelstern. Bedeckungsveränderliche Doppelsterne mit ungefähr Sonnenmasse haben typischerweise Umlaufperioden im Bereich von Tagen.
Auch Dreifachsysteme können einander bedecken, aber weil der dritte Stern in einem typischen Dreifachsystem weiter außen kreist, liegt seine Umlaufperiode näher an einem Jahr und es erfordert längere Beobachtungen, um sie zu entdecken und zu untersuchen. Bislang sind zwar mehr als eine Million bedeckungsveränderliche Doppelsterne bekannt, aber es wurden nur 20 bedeckungsveränderliche Dreifachsysteme veröffentlicht.
Bedeckunsveränderliche Dreifachsysteme und Doppelsternsysteme erlauben Astronomen die zuverlässige Messung von physikalischen Eigenschaften des Systems, die ansonsten nicht zugänglich wären. Dazu gehören die Inklination und die Exzentrizität der Umlaufbahnen, und (in Kombination mit anderen Daten) die stellaren Massen, Radien, Temperaturen, chemischen Zusammensetzungen (Metallizität) sowie das Alter.
Bei bedeckungsveränderlichen Dreifachsystemen treten jedoch komplexe dynamische Interaktionen in kurzen Zeitspannen auf, die untersucht werden können. Nicht zuletzt werfen die Statistiken solcher Dreifachsysteme auch Licht auf die Entstehungsmechanismen dieser Systeme – Einzelheiten, die dann mit Simulationen verglichen werden können.
Der Astronom Willie Torres vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) war Mitglied eines Teams, das die Transitbeobachtungen von TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) verwendete, um etwa 50 neue bedeckungsveränderliche Dreifachsysteme zu entdecken. Für 20 davon wurden zuverlässige Umlaufbahnen aller drei Sterne berechnet. Das Team berichtet, dass ergänzende Daten für sechs dieser Systeme eine vollständigere Beschreibung der Eigenschaften der Sterne ermöglichten. Alle sechs Sternsysteme sind mit rund einer Milliarde Jahren relativ alt. Alle sechs Systeme beobachten wir fast von der Seite, wobei der innere Doppelstern manchmal den äußeren dritten Stern verdeckt und manchmal andersherum.
Die Massen aller zwölf Sterne in den inneren Doppelsternsystemen liegen zwischen 0,7 und 1,8 Sonnenmassen und alle Sterne befinden sich in der Hauptreihe ihrer Entwicklung. Die sechs dritten Sterne dieser Systeme besitzen zwischen 1,5 und 2,3 Sonnenmassen.
Die Untersuchung der Statistiken dieser Systeme ergab, dass 0,02 Prozent der engen Doppelsternsysteme einen dritten Stern in einer flachen Konfiguration besitzen wie es in dem aktuellen Datensatz der Fall ist. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass es in unserer Galaxie möglicherweise mehrere Hunderttausend solcher Systeme gibt. Sie weisen auch auf mögliche Zusammenhänge zwischen Dreifachsystemen und sogar noch komplexeren Sternsystemen hin, wie beispielsweise die sogenannten „2 plus 2 kompakten Vierfachsystemen“.
Abhandlung: „Six New Compact Triply Eclipsing Triples Found With TESS“ von S. A. Rappaport, T. Borkovits, R. Gagliano, T. L. Jacobs, V. B. Kostov, B. P. Powell, I. Terentev, M. Omohundro, G. Torres, A. Vanderburg , T. Mitnyan, M. H. Kristiansen, D. LaCourse, H. M. Schwengeler, T. G. Kaye, A. Pal, T. Pribulla, I. B. Bıro, Cs anyi, Z. Garai, P. Zasche, P. F. L. Maxted, J. E. Rodriguez und D. J. Stevens, MNRAS 513, 4341 2022.
(THK)
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