Erstmals haben Wissenschaftler direkte Hinweise auf aktiven Vulkanismus auf der Venus beobachtet, was den Weg für die Erforschung durch die NASA-Mission VERITAS bereitet.
Zum ersten Mal wurden direkte geologische Belege für kürzliche vulkanische Aktivitäten auf der Oberfläche der Venus gefunden. Wissenschaftler machten die Entdeckung nach der Sichtung von archivierten Radarbildern der Venus, die vor mehr als 30 Jahren von der NASA-Mission Magellan aufgenommen wurden. Die Bilder zeigten einen Vulkanschlot, der seine Form verändert und in weniger als einem Jahr erheblich größer wurde.
Forscher untersuchen aktive Vulkane, um zu verstehen, wie das Innere eines Planeten seine Kruste gestalten, seine Entwicklung steuern und seine Bewohnbarkeit beeinflussen kann. Eine der neuen NASA-Missionen zur Venus wird genau das tun. Unter Leitung des Jet Propulsion Laboratory in Südkalifornien wird VERITAS (Venus Emissivity, Radio science, InSAR, Topography, And Spectroscopy) im kommenden Jahrzehnt starten. Der Orbiter wird die Venus von der Oberfläche bis zum Kern untersuchen, um zu verstehen, wie ein ungefähr erdgroßer Gesteinsplanet einen völlig anderen Weg beschritt und sich in eine Welt entwickelte, die von vulkanischen Ebenen und deformiertem Gelände bedeckt ist, unter einer dichten, heißen, giftigen Atmosphäre.
„Die Wahl der VERITAS-Mission inspirierte mich dazu, in den Magellan-Daten nach kürzlicher vulkanischer Aktivität zu suchen“, sagte Professor Robert Herrick von der University of Alaska in Fairbanks, ein Mitglied des VERITAS-Forschungsteams und Leiter der Datensichtung. „Ich rechnete nicht wirklich mit einem Erfolg, aber nachdem ich etwa 200 Stunden lang Bilder aus verschiedenen Magellan-Umkreisungen verglichen hatte, sah ich zwei Bilder derselben Region, die im Abstand von acht Monaten gemacht wurden. Sie zeigten verräterische geologische Veränderungen, die durch eine Eruption verursacht wurden.“
Die Suche und ihre Schlussfolgerungen werden in einer neuen Studie beschrieben, die im Journal Science erschien. Herrick präsentierte die Ergebnisse auch am 15. März 2023 im Rahmen der 54. Lunar and Planetary Science Conference in The Woodlands (Texas).
Die Simulation eines Vulkans
Die von Herrick gefundenen geologischen Veränderungen traten in Atla Regio auf, einer ausgedehnten Hochlandregion nahe des Venusäquators, in der zwei der größten Vulkane des Planeten liegen: Ozza Mons und Maat Mons. Man hatte lange vermutet, dass die Region vulkanisch aktiv ist, aber es gab keine direkten Belege für kürzliche Aktivitäten. Bei der sorgfältigen Analyse der Magellan-Radarbilder identifizierte Herrick einen mit Maat Mons zusammenhängenden Vulkanschlot, der sich zwischen Februar und Oktober 1991 deutlich veränderte.
Auf dem Februar-Bild erschien der Schlot fast kreisförmig und bedeckte ein Gebiet von weniger als 2,2 Quadratkilometern. Er hatte steile Innenwände und zeigte Anzeichen von getrockneter Lava an seinen Außenflanken. Das sind Faktoren, die für eine Aktivität sprachen. Auf den acht Monate später aufgenommenen Radarbildern hatte sich die Größe desselben Schlots verdoppelt und seine Form hatte sich verändert. Er erschien auch bis zum Rand mit einem Lavasee gefüllt zu sein.
Aber weil die beiden Beobachtungen aus entgegengesetzten Winkeln gemacht wurden, zeigten sie verschiedene Perspektiven, weshalb sie schwer zu vergleichen waren. Die geringe Auflösung der 30 Jahre alten Daten machte die Arbeit nur noch schwerer.
Herrick tat sich mit dem VERITAS-Projektwissenschaftler Scott Hensley vom JPL zusammen, einem Experten für die Analyse von Radardaten wie jene von Magellan. Die beiden Forscher erstellten Computermodelle des Schlotes in unterschiedlichen Konfigurationen, um verschiedene geologische Szenarien zu überprüfen, beispielsweise Erdrutsche. Anhand dieser Modelle schlussfolgerten sie, dass nur eine Eruption die Veränderungen verursacht haben konnte.
„Nur ein paar Simulationen passten zu den Bildern und das wahrscheinlichste Szenario ist, dass während der Magellan-Mission vulkanische Aktivitäten auf der Venus auftraten“, sagte Hensley. „Obwohl das nur ein Datenpunkt für einen ganzen Planeten darstellt, bestätigt es, dass es dort aktuell geologische Aktivität gibt.“
Die Forscher vergleichen die Größe des durch die Aktivität von Maat Mons produzierten Lavastroms mit der Eruption des Kilauea auf dem Big Island von Hawaii im Jahre 2018.
Magellans Vermächtnis
Herrick, Hensley und der Rest des VERITAS-Teams sind gespannt zu sehen, wie die modernen wissenschaftlichen Instrumente und hochauflösenden Daten die bemerkenswerten Radardaten Magellans ergänzen werden, die das Wissen der Menschheit über die Venus gewandelt haben.
„Die Venus ist eine rätselhafte Welt und Magellan schuf so viele Möglichkeiten“, sagte Jennifer Whitten, die stellvertretende Leiterin von VERITAS von der Tulane University in New Orleans. „Jetzt, da wir sicher sind, dass der Planet vor erst 30 Jahren einen Vulkanausbruch erfuhr, ist das ein kleiner Ausblick auf die unglaublichen Entdeckungen, die VERITAS machen wird.“
VERITAS wird ein modernes Synthetic Aperture Radar (SAR) verwenden, um globale 3D-Karten zu erstellen und ein Nahinfrarotspektrometer wird feststellen, woraus die Oberfläche besteht. Die Raumsonde wird auch das Gravitationsfeld des Planeten messen, um die Struktur des Planeteninneren zu bestimmen. Zusammen werden die Instrumente Hinweise auf die vergangenen und aktuellen geologischen Prozesse des Planeten geben.
Und wo die Magellan-Daten ursprünglich mühsam zu untersuchen waren (Herrick sagte, dass man sich in den 1990er Jahren auf CD-Boxen stützte, die von der NASA zusammengestellt und per Post ausgeliefert wurden), werden die VERITAS-Daten für die wissenschaftliche Gemeinschaft online verfügbar sein. Das wird Forscher in die Lage versetzen, modernste Technologien wie maschinelles Lernen anzuwenden, um den Planeten zu analysieren und bei der Aufdeckung seiner innersten Geheimnisse zu helfen.
Diese Studien werden durch EnVision ergänzt, einer Mission der European Space Agency (ESA) zur Venus, deren Start für Anfang der 2030er Jahre geplant ist. Die Raumsonde wird ihr eigenes Synthetic Aperture Radar (genannt VenSAR) tragen, das am JPL entwickelt wird, sowie ein ähnliches Spektrometer wie VERITAS. Hensley und Herrick sind wichtige Mitglieder des VenSAR-Wissenschaftsteams.
(THK)
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