Mit Bildern, die das Chandra X-ray Observatory der NASA im Laufe von 20 Jahren aufgenommen hat, haben Astronomen wichtige neue Einzelheiten über einen Ausbruch von Eta Carinae erfahren, der auf der Erde Mitte des 19. Jahrhunderts beobachtet wurde.
Die Chandra-Daten decken mehr als 20 Jahre ab und wurden zu einem neuen Video kombiniert, das Einzelbilder von Eta Carinae aus den Jahren 1999, 2003, 2009, 2014 und 2020 enthält. Astronomen nutzten die Chandra-Beobachtungen und Daten des ESA-Weltraumteleskops XMM-Newton, um zu verfolgen, wie die stellare Eruption vor 180 Jahren weiterhin mit Geschwindigkeiten von über sieben Millionen Kilometern pro Stunde in den Weltraum expandiert. Die neuen Einblicke in Eta Carinae zeigen, wie unterschiedliche Weltraumobservatorien zusammenarbeiten können, um uns dabei zu helfen, die Veränderungen im Universum zu verstehen, die sich im Verlauf eines Menschenlebens abspielen.
Eta Carinae ist ein System mit zwei massereichen Sternen – einer besitzt etwa 90 Sonnenmassen, der andere schätzungsweise 30 Sonnenmassen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde eine gigantische Explosion in dem System beobachtet, die von Astronomen als die Große Eruption bezeichnet wird. Während dieses Ereignisses stieß Eta Carinae etwa das 10- bis 45-Fache der Sonnenmasse ab. Diese Materie wurde zu einem dichten Paar sphärischer Gaswolken, die jetzt als der Homunculus-Nebel bekannt sind und sich an entgegengesetzten Seiten des Doppelsterns befinden.
Vor rund 50 Jahren wurde ein heller Ring aus Röntgenemissionen um den Homunculus-Nebel entdeckt und in früheren Chandra-Studien untersucht. Das neue Chandra-Video und ein tieferes Bild, das die Daten kombiniert, offenbaren wichtige Hinweise über die flüchtige Geschichte Eta Carinaes, darunter eine rasche Expansion des Rings und eine bislang unbekannte, schwache Röntgenhülle außerhalb des Rings.
„Wir haben diese schwache Röntgenhülle als die Schockwelle der Großen Eruption aus den 1840er Jahren interpretiert“, sagte der Studienleiter Michael Corcoran vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Sie erzählt einen wichtigen Teil der Hintergrundgeschichte Eta Carinaes, die wir ansonsten nicht kennen würden.“
Weil die neu entdeckte äußere Röntgenhülle eine ähnliche Form und Ausrichtung hat wie der Homunculus-Nebel, vermuten Corcoran und seine Kollegen, dass beide Strukturen einen gemeinsamen Ursprung haben.
Diese Theorie besagt, dass Materie von Eta Carinae lange vor der Großen Eruption von 1843 abgestoßen wurde, basierend auf den Bewegungen der Gasstrukturen in früheren Daten des Hubble-Teleskops irgendwann zwischen 1200 und 1800. Später eilte die schnelle Schockwelle der Großen Eruption durch den Weltraum und kollidierte mit den Gasstrukturen und heize sie auf Millionen Grad auf, so dass sie den hellen Röntgenring erschufen. Die Schockwelle hat diesen hellen Ring jetzt passiert.
„Die Form dieser schwachen Röntgenhülle ist eine überraschende Wendung für mich“, sagte der Co-Autor Kenji Hamaguchi von der University of Maryland in Baltimore County und dem Goddard Space Flight Center. „Sie zeigt uns, dass die schwache Hülle, der Homunculus-Nebel und der helle innere Ring wahrscheinlich alle von Eruptionen des Sternsystems stammen.“
Video-Link: https://youtu.be/rhasq0rLfyY
Mit XMM-Newton sahen die Forscher, dass sich die Röntgenhelligkeit von Eta Carinae mit der Zeit abschwächte, was mit früheren Beobachtungen des Systems übereinstimmt, welche mit dem Neutron Star Interior Composition Explorer (NICER) an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) gemacht wurden. Die Autoren wandten ein simples Modell an, um zu schätzen, wie hell Eta Carinae zur Zeit der Großen Eruption im Röntgenbereich war, und kombinierten dies mit der Geschwindigkeit der Materie, die sie anhand des Videos bestimmten. Auf diese Weise schätzten sie, wie schnell das Gas abgestoßen wurde.
Die Wissenschaftler kombinierten diese Information mit einer Schätzung dessen, wie viel Gas ausgestoßen wurde, um festzustellen, dass die Große Eruption wahrscheinlich aus zwei Explosionen bestand. Es gab einen ersten, raschen Ausstoß einer kleinen Menge schnellen Gases mit geringer Dichte, was die Röntgenschockwelle produzierte. Danach folgte der langsamere Ausstoß von dichtem Gas, das schließlich den Homunculus-Nebel bildete.
Ein Team unter Leitung von Nathan Smith von der University of Arizona, einem der Co-Autoren der neuen Röntgenstudie, hat bereits früher schon vermutet, dass die Große Eruption durch die Verschmelzung zweier Sterne in einem ursprünglichen Dreifachsystem entstand. Das würde auch die ringähnliche Struktur erklären, die im Röntgenbereich sichtbar ist, weil sie Materie in einer flachen Ebene abstoßen lassen würde.
„Die Geschichte von Era Carinae wird einfach immer interessanter“, sagte Smith. „Alle Belege sprechen dafür, dass Eta Carinae eine sehr energiereiche Explosion überstand, die einen Stern normalerweise vernichten würde. Ich kann nicht erwarten, die nächsten Daten zu sehen, um herauszufinden, welche anderen Überraschungen Eta Carinae noch für uns bereithält.“
Eine Studie, die diese Ergebnisse beschreibt, erschien im Astrophysical Journal.
Das Marshall Space Flight Center leitet das Chandra-Programm. Das Chandra X-ray Center des Smithsonian Astrophysical Observatory steuert Chandras wissenschaftliche Operationen von Cambridge (Massachusetts) und die Flugoperationen von Burlington (Massachusetts).
(THK)
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