Astronomen, die die Bewegungen der Galaxien und die Eigenschaften des kosmischen Mikrowellenhintergrunds untersuchten, erkannten im letzten Jahrhundert, dass ein Großteil der Materie im Universum nicht sichtbar ist. Etwa 84 Prozent der Materie im Universum ist Dunkle Materie und viel davon befindet sich in den Halos um Galaxien. Sie wurde Dunkle Materie genannt, weil sie kein Licht emittiert, aber sie ist auch rätselhaft: Sie besteht nicht aus Atomen oder deren gewöhnlichen Bestandteilen wie Elektronen und Protonen.
In der Zwischenzeit haben Astronomen die Auswirkungen von Schwarzen Löchern beobachtet und kürzlich sogar Gravitationswellen von einem Paar verschmelzender Schwarzer Löcher registriert. Schwarze Löcher entstehen normalerweise durch den explosiven Tod massereicher Sterne – ein Prozess, der viele hundert Millionen Jahre dauern kann, weil sich ein Stern aus altem Gas zusammenballt, entwickelt und schließlich stirbt.
Man vermutet, dass manche Schwarzen Löcher im frühen Universum existiert haben, aber sie hatten wahrscheinlich nicht genug Zeit im frühen Universum, damit der normale Entstehungsprozess ablaufen konnte. Einige alternative Methoden wurden vorgeschlagen, etwa der direkte Kollaps von primordialem Gas oder Prozesse, die mit der kosmischen Inflation zusammenhängen. Auf diese Weise könnten viele solcher primordialen Schwarzen Löcher entstanden sein.
Der Astronom Qirong Zhu vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) leitete eine Gruppe aus vier Wissenschaftlern und untersuchte die Möglichkeit, dass die heutige Dunkle Materie aus primordialen Löchern besteht. Die Forschungsarbeit baut auf früher veröffentlichten Studien auf. Wenn die galaktischen Halos aus Schwarzen Löchern bestehen, sollten sie eine andere Dichteverteilung haben als Halos, die aus exotischen Teilchen bestehen. Es gibt auch noch andere Unterschiede. So vermutet man, dass Halos aus Schwarzen Löchern in der zeitlichen Entwicklung von Galaxien früher entstehen als einige andere Halotypen.
Die Forscher schlagen vor, dass die Beobachtung der Sterne in den Halos von schwachen Zwerggalaxien diese Effekte untersuchen kann, weil Zwerggalaxien klein und schwach sind (sie leuchten nur ein paar tausend Mal heller als die Sonne), so dass auch schwache Effekte leichter entdeckt werden können. Das Team führte eine Reihe Computersimulationen durch, um zu prüfen, ob die Halos von Zwerggalaxien die Präsenz primordialer Schwarzer Löcher preisgeben könnten, und sie stellten fest, dass dies der Fall wäre: Interaktionen zwischen Sternen und primordialen Schwarzen Löchern sollten die Größen der Sternverteilungen geringfügig verändern.
Die Astronomen schlussfolgern außerdem, dass solche Schwarzen Löcher Massen zwischen zwei und 14 Sonnenmassen aufweisen müssten. Das liegt genau im erwarteten Massenbereich für diese exotischen Objekte (wenn auch kleiner als die Schwarzen Löcher, die kürzlich von Gravitationswellendetektoren entdeckt wurden) und ist vergleichbar mit den Ergebnissen anderer Studien. Das Team betont jedoch, dass all diese Modelle noch nicht eindeutig sind und die Natur der Dunklen Materie weiterhin schwer fassbar bleibt.
Abhandlung: „Primordial Black Holes as Dark Matter: Constraints From Compact Ultra-Faint Dwarfs“ von Zhu et al., MNRAS 476, 2, 2018.
(THK)
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