Spitzer-Beobachtungen der Gravitationswellenquelle GW170817

IRAC-Infrarotbild der Emission von der Verschmelzung zweier Neutronensterne bei 4,5 Mikrometern. Das Bild wurde 43 Tage nach dem Ereignis aufgenommen. Nach der Bildbearbeitung ist die Quelle der Verschmelzung oben links erkennbar (rot). (Credits: NASA / Spitzer / SAO Villar et al., 2018)
IRAC-Infrarotbild der Emission von der Verschmelzung zweier Neutronensterne bei 4,5 Mikrometern. Das Bild wurde 43 Tage nach dem Ereignis aufgenommen. Nach der Bildbearbeitung ist die Quelle der Verschmelzung oben links erkennbar (rot). (Credits: NASA / Spitzer / SAO Villar et al., 2018)

GW170817 ist die Bezeichnung eines Gravitationswellensignals, das am 17. August 2017 von den LIGO- und Virgo-Detektoren registriert wurde. Es dauerte etwa 100 Sekunden und entstand bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne. Die Beobachtung wurde dann – erstmals bei Gravitationswellen – in sichtbaren Wellenlängen bestätigt. Die vorangegangenen fünf Nachweise von verschmelzenden Schwarzen Löchern wurden nicht von elektromagnetischen Signalen begleitet (was auch nicht erwartet worden war).

Das Licht von der Neutronenstern-Verschmelzung wird durch den radioaktiven Zerfall von Atomkernen erzeugt, die bei diesem Ereignis entstanden. Neutronenstern-Verschmelzungen produzieren nicht nur sichtbares Licht, sondern sind auch für die Bildung eines Großteils des Goldes im Universum verantwortlich. Mit zahlreichen bodengestützten optischen Beobachtungen der Verschmelzungen gelangte man zu dem Schluss, dass die zerfallenden Atomkerne in mindestens zwei Gruppen eingeordnet werden können: eine sich schnell entwickelnde und bewegende Gruppe aus Elementen, die weniger massereich als die Elemente der Lanthanreihe sind, und eine Gruppe aus Elementen, die sich etwas langsamer entwickelt und von schwereren Elementen dominiert wird.

Zehn Tage nach der Verschmelzung erreichte die Kontinuumemission ihren Spitzenwert in infraroten Wellenlängen bei einer Temperatur von rund 1.300 Kelvin, anschließend kühlte sie sich ab und wurde schwächer. Die Infrared Array Camera (IRAC) an Bord des Weltraumteleskops Spitzer beobachtete die Region um GW170817 für 3,9 Stunden in drei Zeitabschnitten 43 Tage, 74 Tage und 264 Tage nach dem Ereignis. (Das Smithsonian Astrophysical Observatory ist der Sitz des leitenden Wissenschaftlers des IRAC-Instruments, Fazio, und seinem Team.)

Die Form und Entwicklung der Emission spiegelt die physikalischen Prozesse wider, die dort ablaufen, beispielsweise der Anteil der schweren Elemente in den abgestoßenen Überresten oder die mögliche Rolle des Kohlenstoffstaubs. Die Messung der Daten im Verlauf der Zeit erlaubt den Astronomen, ihre Modelle zu verfeinern und besser zu verstehen, was bei einer Verschmelzung von Neutronensternen passiert.

Ein Astronomenteam vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), bestehend aus Victoria Villar, Philip Cowperthwaite, Edo Berger, Peter Blanchard, Sebastian Gomez, Kate Alexander, Tarraneh Eftekhari, Giovanni Fazio, James Guillochon, Joe Hora, Matthew Nicholl und Peter Williams sowie zwei Kollegen nahmen an einem Projekt teil, um die Infrarotbeobachtungen zu interpretieren.

Die Quelle war extrem schwach und liegt darüber hinaus noch nah an einer sehr hellen Punktquelle. Mit einem neuen Algorithmus, der die IRAC-Bilder verarbeitet und abzieht, um die Objekte mit konstanter Helligkeit zu eliminieren, konnte das Team die Quelle der Verschmelzung in den ersten beiden Zeitabschnitten eindeutig lokalisieren. Sie war jedoch um den Faktor Zwei schwächer, als von den Modellen vorhergesagt wurde. Bis zum dritten Zeitabschnitt hatte sie sich bis unterhalb der Nachweisgrenze abgeschwächt. Die Abschwächungsrate und die infraroten Wellenlängen stimmen allerdings mit den Modellen überein: In diesen Zeitabschnitten hatte sich die Materie bis auf 1.200 Kelvin abgekühlt.

Das Team schlägt mehrere mögliche Gründe für die überraschende Abschwächung vor, etwa die mögliche Umwandlung der abgestoßenen Materie in eine nebelähnliche Phase. Den Forschern zufolge wird der neue Datensatz helfen, die Modelle zu verbessern.

Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass zukünftige Nachweise von Dppelstern-Verschmelzungen (wie sie der verbesserte LISA-Detektor ab 2019 wieder beobachten wird) auf ähnliche Weise von Infrarotbeobachtungen profitieren werden. Die Charakterisierung der Infrarotbeobachtungen werde eine genauere Bestimmung der nuklearen Zerfallsprozesse ermöglichen. Ihre aktuelle Abhandlung zeigt außerdem, dass das Weltraumteleskop Spitzer in der Lage sein sollte, Doppelstern-Verschmelzungen bis in eine Entfernung von 400 Millionen Lichtjahren aufzuspüren. Das entspricht ungefähr der Distanz, die der verbesserte LISA-Detektor untersuchen können sollte.

Abhandlung: „Spitzer Space Telescope Infrared Observations of the Binary Neutron Star Merger GW170817“ von V. Villar, Philip Cowperthwaite, Edo Berge, P Blanchard, S. Gomez, K Alexander, R. Margutti, R. Chornock, T. Eftekhari, Giovanni Fazio, J. Guillochon, Joe Hora, M. Nicholl und P.K.G. Williams, ApJL 862, L11 2018.

Quelle

(THK)

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