Eine neue Studie unter der Leitung eines Wissenschaftlers der Scripps Institution of Oceanography von der University of California in San Diego zeichnet ein vollständigeres Bild von einem außergewöhnlichen Meereswurm, der in den Tiefen der Ozeane auf den Knochen toter Tiere lebt.
Die marinen „Knochenwürmer“, oder Osedax (Name der Gattung, Anm. d. Red.) wurden vor weniger als zehn Jahren vor Monterey (Kalifornien) entdeckt, aber seitdem auch in anderen Ozeanen identifiziert. Sie leben hauptsächlich auf Walgerippen, die auf den Meeresgrund sinken, was bei Wissenschaftlern zu der Annahme führte, dass die Würmer sich auf Walknochen spezialisiert haben. Aber Professor Greg Rouse von der Scripps Institution und Kollegen vom Occidental College und dem Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) fragten sich: Lebt Osedax auch auf den Knochen von Nicht-Säugetieren?
Um diese Frage zu beantworten, führten die Forscher ein Experiment durch, das in der Onlineausgabe der Biology Letters vom 13. April, einem Magazin der Royal Society, beschrieben wird. Das Team benutzte die zwei ferngesteuerten Roboter Ventana und Doc Ricketts des MBARI, um Thunfisch- und Wahoogräten, sowie Haiknorpel in etwa 1.000 Meter tief liegenden Drahtkäfigen vor Monterey zu deponieren. Als die Wissenschaftler die Käfige fünf Monate später kontrollierten, fanden sie Osedax auf den Fischgräten – der Haiknorpel wurde von unbekannten Organismen gefressen.
„Wir waren nicht sicher, ob Osedax Knochenwürmer in der Lage sind, Fischgräten zu besiedeln und bis zur Geschlechtsreife heranzuwachsen. Als sich herausstellte, dass wir all diese Dinge einwandfrei feststellen konnten, war das sehr zufriedenstellend“, sagte Rouse. „Dass wir gleich drei verschiedene Osedaxspezies auf den Fischgräten gefunden haben, war ein weiterer Bonus. Der Fund zeigt, dass Osedax Knochenwürmer keine Walknochenspezialisten sind, sondern wohl als Generalisten in der Lage sind, eine Vielzahl von Wirbeltierknochen zu verwerten.“
Die Ergebnisse unterstützen auch eine bestehende Hypothese, nach der Osedax und sein knochenfressender Lebensstil sich vor vielen Millionen Jahren während der Kreidezeit entwickelten, lange vor dem Aufkommen mariner Säugetiere.
„Diese knochenfressenden Würmer könnten ihre Fressgewohnheiten mehrere Male erweitert haben, um die Knochen großer mariner Wirbeltiere zu verwerten, als diese nach und nach vom Land aus die Ozeane der Erde kolonisierten“, schreiben die Autoren in der Studie.
Die Wissenschaftler sagen, dass Osedax‘ Fähigkeit zur Verwertung von Knochen, welche nicht von Säugetieren stammen, ein uraltes geerbtes Merkmal sein könnte: „Wir denken, dass Walknochen nur eine von vielen Futterquellen sind, die Osedax verwertet hat und noch immer verwertet.“
„Unsere experimentellen Studien am MBARI haben 17 Osedaxspezies aus unterschiedlichen Tiefen der unter Wasser liegenden Canyonsysteme vor Monterey identifiziert“, sagte Bob Vrijenhoek vom MBARI und ein Co-Autor der Studie. „Wir wissen jetzt, dass die Würmer dazu fähig sind, auf einer Vielzahl Knochen von Kühen, Schweinen und Robben zu existieren, aber diese neue Entdeckung von Osedax auf Fischgräten zwingt uns, die Grenzen ihrer Ernährungsweise und Entwicklung neu zu betrachten.“
Das Team plant jetzt, die ptenzielle Verwertung von Haiüberresten durch Osedax weiter zu untersuchen und die vor Monterey entdeckten, neuen Spezies der Knochenwürmer zu beschreiben und zu verstehen. Sie wollen auch herausfinden, wie genau sich die Würmer in die Knochen hinein fressen.
Die Co-Autoren neben Rouse und Vrijenhoek sind Shana Goffredi vom Occidental College und Shannon Johnson vom MBARI.
Die Arbeit erhielt finanzielle Unterstützung durch die David and Lucile Packard Foundation (über das MBARI) und die Scripps Institution of Oceanography.
Quelle: http://scrippsnews.ucsd.edu/Releases/?releaseID=1153
(THK)
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