Flyception2 entschlüsselt soziale Verhaltensweisen von Fruchtfliegen

Eine Fruchtfliege mit dem chirurgisch implantierten Fenster, einer Schlüsselkomponente des Flyception2-Systems. (Credit: Dhruv Grover, UC San Diego)
Eine Fruchtfliege mit dem chirurgisch implantierten Fenster, einer Schlüsselkomponente des Flyception2-Systems. (Credit: Dhruv Grover, UC San Diego)

Wissenschaftler der University of California in San Diego haben dank der Entwicklung eines fortschrittlichen Abbildungssystems zur Aufzeichnung ultragenauer Gehirnaktivitäten bei Fliegen neue Einblicke gewonnen.

Als es im Jahr 2016 angekündigt wurde, trug es die Bezeichnung Flyception. Es handelte sich um ein System, das freilaufende Fliegen aufzeichnen konnte. Das neue System Flyception2 bietet ein präziseres Verfolgungs- und Aufzeichnungssystem, das den Fliegen ungehinderte Bewegungsfreiheit gibt und den Forschern erlaubt, die Gehirnaktivitäten während besonderer Verhaltensweisen zu untersuchen.

Die Technologie, von der die Forscher sagen, dass sie das allererste Bild der Gehirnprozesse während der Paarung produziert hat, wird in einer Abhandlung im Journal Nature Communications beschrieben.

„Diese Technologie hat es möglich gemacht, die Tiere aufzuzeichnen, während sie sich komplett ungehindert bewegen“, sagte Ralph Greenspan, ein Professor der Division of Biological Sciences und des Department of Cognitive Science. Greenspan ist außerdem der Associate Director des Kavli Institute for Brain and Mind (KIBM). „Die Stärke des Systems liegt darin, dass es uns Echtzeitinformationen darüber liefert, was die Zellen in dem Gehirn tun und uns ermöglicht, das Sozialverhalten zu verstehen.“

Entwickelt vom Erstautor Dhruv Grover und dem Co-Autor Takeo Katsuki, besitzt Flyception2 ein bahnbrechendes Design, wobei die Forscher ein transparentes Fenster chirurgisch auf den Kopf der Fliege aufsetzen. Drei dreieckig angeordnete Marker auf dem Fenster erlauben die Aufzeichnung ultraschneller Bewegungen – bei Fliegen etwa 20 Millimeter pro Sekunde – während sie mit anderen Fliegen interagiert. Kameras verfolgen das Tier und zeichnen es mit einer Geschwindigkeit von 1.000 Bildern pro Sekunde auf.

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Video-Link: https://youtu.be/aXxkytVkcEQ

 

Die Aufzeichnungen von Flyception2 haben nie gesehene Einblicke in die Gehirnaktivität offenbart. Zum Beispiel war Neurowissenschaftlern lange bekannt, dass Gehirnnervenzellen namens P1-Neuronen während der Liebeswerbung aktiv sind. Dies wurde mit den Daten von Flyception2 bestätigt. Als sich eine männliche Fliege einer weiblichen näherte, nahm die P1-Aktivität zu. Aber die Forscher waren überrascht zu sehen, dass die P1-Neuronen in männlichen Fliegen nach dem Sex abgeschalteten. Stattdessen zeigten die Daten, dass ein als mAL bezeichnetes Neuron, welches an einen GABA-Neurotransmitter gebunden ist, während der Kopulation angeschaltet wird.

„Nur durch die Verwendung dieses Systems konnten wir die überraschende Erkenntnis gewinnen, dass die P1-Neuronen während der Kopulation inaktiv sind“, sagte Grover. „Meine Hypothese ist, dass die P1-Aktivität abnimmt, wenn sich die mAL-Neuronen anschalten, was für einen entgegenwirkenden Effekt der mAL-Neuronen gegenüber der P1-Aktivität spricht.“

Die ersten Ergebnisse sind der erste Schritt, um eine Reihe Verhaltensweisen zu verfolgen und zu untersuchen, deren Erforschung das Flyception2-System erlaubt. Die Beobachtung des Gehirns von weiblichen Fliegen während der Liebeswerbung und der Paarung ist ein unerschlossenes Forschungsgebiet, sagen die Wissenschaftler.

„Wir hoffen, dass diese Art technischer Fortschritt, der momentan nur bei der Fruchtfliege angewandt werden kann, den Weg zu anderen Organismen ebnen kann“, sagte Greenspan. „Wissenschaftler beginnen Parallelen zu ziehen, welche Teile des Gehirns bei wirbellosen Tieren und bei Säugetieren aus denselben Vorläufern hervorgingen. Wenn man mehr Studien dieser Art durchführt, können wir diese Parallelen genauer untersuchen.“

Quelle

(THK)

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