TESS liefert neue Einblicke in die ultraheiße Welt KELT-9 b

Künstlerische Darstellung des Planeten KELT-9 b und seines Zentralsterns. (Credit: NASA's Goddard / Space Flight Center / Chris Smith (USRA))
Künstlerische Darstellung des Planeten KELT-9 b und seines Zentralsterns. (Credit: NASA's Goddard / Space Flight Center / Chris Smith (USRA))

Messungen des Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) haben Astronomen ermöglicht, ihr Wissen über die bizarre Umgebung von KELT-9 b deutlich zu verbessern. KELT-9 b ist einer der heißesten bekannten Planeten.

„Auf der Verrücktheitsskala liegt KELT-9 b weit oben“, sagte John Ahlers, ein Astronom von der Universities Space Research Association in Columbia (Maryland) und dem Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Es ist ein Riesenplanet in einem sehr nahen, fast polaren Orbit um einen schnell rotierenden Stern. Diese Eigenschaften verkomplizieren unsere Fähigkeit, den Stern und seine Effekte auf den Planeten zu verstehen.“

Die neuen Ergebnisse wurden von unter Leitung von Ahlers in einer Abhandlung im Astronomical Journal veröffentlicht.

KELT-9 b liegt rund 670 Lichtjahre entfernt im Sternbild Cygnus (Schwan) und wurde im Jahr 2017 entdeckt, als der Planet auf seiner Umlaufbahn vor seinem Zentralstern vorbeizog – ein Ereignis, das als Transit bezeichnet wird. Transits schwächen das Licht des Sterns regelmäßig um einen geringen, aber messbaren Anteil ab. Die Transits von KELT-9 b wurden erstmals vom KELT Transit Survey beobachtet, einem Projekt, das Beobachtungen zweier automatischer Teleskope in Arizona und Südafrika sammelte.

Zwischen dem 18. Juli und dem 11. September 2019 registrierte TESS im Rahmen seiner jahrelangen Mission zur Beobachtung des Nordhimmels 27 Transits von KELT-9 b, wobei es alle zwei Minuten Messungen vornahm. Diese Beobachtungen erlaubten dem Team, den ungewöhnlichen Stern des Systems und dessen Einfluss auf den Planeten zu modellieren.

KELT-9 b ist ein Gasriese und besitzt etwa die 1,8-fache Größe und die 2,9-fache Masse des Jupiter. Gezeitenkräfte haben seine Rotation dahingehend verändert, dass er seinem Stern immer dieselbe Seite zuwendet. Der Planet umkreist seinen Stern in nur 36 Stunden und folgt einer Umlaufbahn, die ihn fast über die Pole des Sterns führt.

KELT-9 b erhält von seinem Stern 44.000 Mal mehr Energie als die Erde von der Sonne. Das lässt die Temperatur auf der Tagseite des Planeten auf 4.300 Grad Celsius ansteigen – heißer als die Oberflächen mancher Sterne. Die intensive Aufheizung lässt die Atmosphäre des Planeten auch in den Weltraum entweichen.

Der Zentralstern selbst ist ebenfalls eine Kuriosität. Er ist etwa doppelt so groß wie die Sonne und im Durchschnitt 56 Prozent heißer. Aber er rotiert 38 Mal schneller als die Sonne und vollzieht eine volle Umdrehung in nur 16 Stunden. Seine schnelle Rotation verzerrt die Form des Sterns, wobei er an den Polen abgeflacht und an der Äquatorregion breiter wird. Dadurch heizen sich die Pole des Sterns auf und werden heller, während sich die Äquatorregion abkühlt und abschwächt. Dieses Phänomen wird als Gravitationsverdunkelung bezeichnet. Die Folge ist ein Temperaturunterschied auf der Oberfläche des Sterns von fast 800 Grad Celsius.

Bei jeder Umkreisung erfährt KELT-9 b zweimal den vollen Temperaturbereich des Sterns, was zu einem besonderen saisonalen Muster führt. Der Planet hat „Sommer“, wenn er über jeden heißen Pol zieht, und „Winter“, wenn er die kühlere Äquatorregion des Sterns passiert. Deshalb hat KELT-9b zwei Sommer und zwei Winter pro Jahr, wobei jede Jahreszeit etwa neun Stunden dauert.

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Video-Link: https://youtu.be/bLMIo9Q5mDA


„Es ist wirklich erstaunlich darüber nachzudenken, wie der Temperaturgradient des Sterns den Planeten beeinflusst“, sagte Knicole Colón vom Goddard Space Flight Center, eine Co-Autorin der Studie. „Die variierenden Energiemengen von seinem Stern erzeugen eine extrem dynamische Atmosphäre.“

Der polare Orbit von KELT-9 b um seinen abgeflachten Stern verursacht einzigartige, „schiefe“ Transits. Der Planet beginnt seinen Transit nahe der hellen Pole des Sterns und blockiert dann weniger und weniger Licht, während er über den dunkleren Äquator des Sterns zieht. Diese Asymmetrie gibt Hinweise auf die Temperatur und Helligkeitsveränderungen auf der Oberfläche des Sterns. Sie erlaubte dem Team, daraus die unrunde Form des Sterns zu rekonstruieren, ebenso wie er im Weltraum orientiert ist, seinen Schwankungsbereich der Oberflächentemperaturen und andere Faktoren, die den Planeten beeinflussen.

„Von den Planetensystemen, die wir mittels Gravitationsverdunkelung untersucht haben, sind die Effekte bei KELT-9 b mit Abstand die spektakulärsten“, sagte Jason Barnes, ein Physik-Professor von der University of Idaho und Co-Autor der Studie. „Diese Arbeit macht einen großen Schritt in die Richtung, um die Gravitationsverdunkelung mit anderen Techniken zu vereinen, die die Ausrichtung von Planeten messen. Wir hoffen, dass wir am Ende Geheimnisse über die Entstehung und Entwicklungsgeschichte von Planeten um massereiche Sterne aufdecken.“

TESS ist eine NASA Astrophysics Explorer Mission, die vom MIT in Cambridge (Massachusetts) betrieben und vom Goddard Space Flight Center der NASA geleitet wird. Weitere Partner sind Northrop Grumman (Falls Church, Virginia), das Ames Research Center im Silicon Valley (Kalifornien), das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (Massachusetts), das Lincoln Laboratory des MIT und das Space Telescope Science Institute in Baltimore. Mehr als ein Dutzend Universitäten, Forschungsinstitute und Observatorien weltweit wirken an der Mission mit.

Quelle

(THK)

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