Wissenschaftler in aller Welt arbeiten fieberhaft daran, das Gefüge von Raum und Zeit zu verstehen. Seit es wissenschaftlich orientierte Vorgehensweisen gibt, entwickeln sie Theorien und Modelle, um die Natur des Universums zu beschreiben. Sie vereinigen mehrere Theorien zu einer neuen, müssen andere Modelle als falsch betrachten, weil sie den gemachten Beobachtungen widersprechen und diskutieren angeregt ihre Forschungsergebnisse. Vor allem Isaac Newton mit seiner Gravitationstheorie (1686) und Albert Einsteins spezielle und allgemeine Relativitätstheorie (1905 und 1916) haben das Verständnis von der Natur des Universums revolutioniert.
Einige Wissenschaftler beschäftigten sich auch mit Ansätzen, um Gravitation in quantenmechanischen Größenordnungen beschreiben zu können. Zu ihnen gehörte Theodor Kaluza, der 1921 versuchte, Einsteins Relativitätstheorie mit der Theorie des Elektromagnetismus zu vereinheitlichen. Sein Modell basiert auf vier Raumdimensionen und einer Zeitdimension, also insgesamt ein fünfdimensionales Universum. Oskar Klein griff Kaluzas Theorie auf, und erweiterte sie zusätzlich, indem er sagte, dass die vierte Raumdimension nicht beobachtbar sei, weil sie gewissermaßen nur in einem „aufgerollten“ Zustand existieren würde. Die Größe der unbeobachteten Zusatzdimension sollte im Bereich der Planck-Länge (1,616199 * 10-35 m) liegen. Später bildete dieses Modell einen Grundpfeiler für weitere Modelle zur Beschreibung der Raumzeit, etwa der Stringtheorie.
Die Existenz der von dem Modell vorhergesagten zusätzlichen Raumdimension (experimentell) nachzuweisen, ist wegen der oben angesprochenen Größenordnung allerdings extrem schwierig. Einen möglichen Ansatz dafür liefert jetzt Hongbo Cheng vom Department of Physics der East China University of Technology and Science in Shanghai (China).
Eine entscheidende Rolle bei seinem Lösungsvorschlag spielt der so genannte Casimir-Effekt. Dabei handelt es sich um ein quantenmechanisches Phänomen, das zwischen zwei leitfähigen, parallel ausgerichteten Platten auftritt, die sich sehr eng beieinander befinden. In ihrer äußeren Umgebung entstehen durch Vakuumfluktuationen kontinuierlich virtuelle Photonen verschiedenster Wellenlängen. Zwischen den Platten können jedoch nur virtuelle Photonen mit bestimmten Wellenlängen entstehen, die kleiner sind als der Abstand der Platten. Als Folge davon baut sich an den Außenseiten der Platten ein etwas höherer Druck auf als an ihren Innenseiten, wodurch eine geringe, zusammendrückende Kraft auf sie wirkt. Der Casimir-Effekt wurde bereits mehrfach experimentell bestätigt.
Weil die Quantenfluktuationen als Ursache des Casimir-Effektes feststehen und sich die Messgenauigkeit der Experimente in den letzten Jahren enorm verbessert hat, könnte er Chengs Ansicht nach auch ein leistungsfähiges Werkzeug darstellen, um verborgene, zusätzliche Raumdimensionen nachzuweisen, die bisher noch nicht beobachtet wurden. Er führte Berechnungen durch, wie die Anwesenheit einer zusätzlichen fraktalen Dimension sich auf die Kraft des Casimir-Effektes auswirken würde. Cheng kam zu dem Ergebnis, dass sich eine messbare Veränderung ergeben müsste, wenn der Abstand der beiden Platten in jener Größenordnung liegt, die auch die vermutete zusätzliche Dimension besitzt.
Trotz der besseren Messgenauigkeit bleibt aber noch Raum (im wahrsten Sinne des Wortes) für kontroverse Debatten, in denen Physiker diskutieren, in welche Richtung der Casimir-Effekt in einem neu angelegten Experiment wirken würde und welche Größenordnung die resultierende Kraft hätte. Davon abgesehen wäre die exakte Beobachtung des Casimir-Effektes aber prinzipiell ein geeignetes Werkzeug zum Nachweis bislang verborgener zusätzlicher Raumdimensionen.
Referenz: arxiv.org/abs/1106.4610: The Casimir Effect For Parallel Plates In The Spacetime With A Fractal Extra compactified Dimension
(THK)
Antworten