Durch die Untersuchung von Grünalgen in schwedischen Seen hat ein Forschungsteam unter Leitung der Lund University in Schweden festgestellt, welche Umweltbedingungen Mehrzelligkeit fördern. Die Ergebnisse geben uns neue Hinweise auf die erstaunlichen Wege der Evolution.
Die Evolution mehrzelligen Lebens hat eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der biologischen Vielfalt gespielt. Allerdings wussten wir bis jetzt überraschend wenig über die natürlichen Umweltbedingungen, die die Bildung mehrzelliger Gruppen begünstigen.
Die Zusammenarbeit zwischen Zellen innerhalb mehrzelliger Organismen hat die Entwicklung von Augen, Flügeln und Blättern ermöglicht. Die vorherrschende Erklärung für die Entwicklung mehrzelligen Lebens ist, dass das Leben in einer Gruppe den Arten erlaubt, besser mit Umweltveränderungen zurechtzukommen, wo das Zusammenfinden in einer großen Gruppe beispielsweise davor schützen kann, gefressen zu werden.
„Unsere Ergebnisse stellen diese Theorie infrage und zeigen, dass mehrzellige Gruppen nicht entstehen, weil sie grundsätzlich nützlich sind, sondern eher als Nebenprodukt einzelliger Strategien, um umweltbedingte Belastungen zu reduzieren. Insbesondere produzieren Zellen eine Reihe Substanzen, um sie vor der Umwelt zu schützen und diese Substanzen scheinen Tochterzellen daran zu hindern, sich von ihrer Mutterzelle zu entfernen“, sagte Charlie Cornwallis, ein Biologe an der Lund University.
Um zu verstehen, wie und warum einzellige Organismen sich zu mehrzelligen Organismen entwickeln, experimentierten die Wissenschaftler mit Grünalgen, bei denen manche Arten immer einzellig sind, während andere einzellig sind, aber unter bestimmen Bedingungen mehrzellig werden können. Manche Arten sind dagegen immer mehrzellig und bestehen aus tausenden Zellen.
Die Forscher konnten dann die Umweltbedingungen identifizieren, welche die Mehrzelligkeit begünstigen und die Vorteile und Nachteile für die Organismen feststellen. Anschließend kombinierten sie die Daten mit Informationen über die Umgebungen, an welche sich die einzelligen und mehrzelligen Grünalgen in ganz Schweden angepasst haben.
„Ich war überrascht, dass das Leben in mehrzelligen Gruppen keine Vorteile oder Nachteile mit sich brachte. Die Bedingungen, die einzelne Zellen erfahren, können sich extrem unterscheiden, wenn sie für sich alleine schwimmen, bis sie an anderen Zellen haften und die Aktivitäten koordinieren müssen. Man stelle sich vor, man ist physisch an die Familienmitglieder gebunden. Ich glaube, das hätte Auswirkungen“, sagte Cornwallis.
Die Studie wurde in schwedischen Seen durchgeführt und liefert nicht nur Informationen darüber, welche Grünalgen dort auftreten und warum. Sie hilft uns auch, die Ursprünge der biologischen Vielfalt zu verstehen, die die Welt um uns herum gestaltet.
„Die Ergebnisse dieser Studie tragen zu unserem Wissen bei, wie sich komplexes Leben auf der Erde entwickelt hat. Sie geben auch Informationen darüber, wie eine wichtige Organismengruppe imstande ist, sich unter verschiedenen Umweltbedingungen zu vermehren und zu überleben: Grünalgen, die eine Nährstoffgrundlage für Ökosysteme darstellen. Das nächste Mal, wenn man die Ufer eines stickstoffreichen Sees entlang geht, stelle man sich einfach vor, dass dies die Entwicklung mehrzelligen Lebens begünstigt“, sagte Cornwallis.
(THK)
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