Erstmals seit der Entdeckung von Exoplaneten (Planeten um fremde Sterne) haben Röntgenbeobachtungen das Vorbeiziehen eines Exoplaneten vor seinem Zentralstern registriert – einen sogenannten Transit. Die vorteilhafte Ausrichtung eines Planeten und dessen Zentralstern in dem 63 Lichtjahre entfernten System HD 189733 versetzte das Chandra X-ray Observatory der NASA und das XMM Newton Observatory der European Space Agency (ESA) in die Lage, einen Abfall in der Röntgenintensität zu beobachten, als der Planet vor dem Stern vorbeizog.
„Tausende Planetenkandidaten wurden bisher nur in sichtbarem Licht bei einem Transit beobachtet“, sagte Katja Poppenhaeger vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) in Cambridge (Massachusetts). Sie ist Leiterin einer neuen Studie, die am 10. August 2013 im The Astrophysical Journal veröffentlicht wird. „Einen Transit schließlich im Röntgenbereich untersuchen zu können ist wichtig, weil es neue Informationen über die Eigenschaften eines Exoplaneten enthüllt.“ Das Team nutzte Chandra, um sechs Transits zu verfolgen und verwendete Beobachtungsdaten XMM-Newtons von einem Transit.
Der Planet mit der Bezeichnung HD 189733b ist ein heißer Jupiter, was bedeutet, dass er eine ähnliche Größe wie Jupiter in unserem Sonnensystem besitzt, aber seinen Stern in sehr geringer Entfernung umkreist. HD 189733b liegt etwa 30 Mal näher an seinem Stern als die Erde an der Sonne. Er umkreist den Stern einmal in 2,2 Tagen. HD 189733b ist der erdnächste heiße Jupiter – das macht ihn zu einem Hauptziel für Astronomen, die mehr über diesen Exoplanetentyp und dessen Atmosphäre erfahren wollen. Sie haben das Weltraumteleskop Kepler benutzt, um ihn in optischen Wellenlängen zu untersuchen und konnten mit Hilfe des Hubble Space Telescope bestätigen, dass er eine bläuliche Farbe aufweist. Der bläuliche Farbton ist ein Resultat der bevorzugten Streuung von blauem Licht an Silikatpartikeln in seiner Atmosphäre.
Die Studie mit Chandra und XMM Newton hat Anhaltspunkte über die Größe der planetaren Atmosphäre ergeben. Die Instrumente sahen einen Lichtabfall während der Transits. Der Abfall im Röntgenlicht war dreimal höher als der entsprechende Abfall im sichtbaren Licht. „Die Röntgendaten sprechen dafür, dass ausgedehnte Schichten der planetaren Atmosphäre durchlässig für sichtbares Licht sind, aber undurchlässig für Röntgenstrahlung“, sagte Co-Autor Jürgen Schmitt von der Hamburger Sternwarte in Deutschland. „Wir brauchen allerdings mehr Daten, um diese Theorie zu bestätigen.“
Die Forscher bringen auch in Erfahrung, wie der Planet und der Stern einander beeinflussen können. Astronomen wissen seit etwa einem Jahrzehnt, dass Ultraviolett- und Röntgenstrahlung des Zentralsterns im System HD 189733 die Atmosphäre von HD 189733b mit der Zeit verdampfen. Die Autoren schätzen, dass sie pro Sekunde zwischen 100 Millionen und 600 Millionen Kilogramm (100.000 – 600.000 Tonnen) an Masse verliert. Die Atmosphäre von HD 189733b scheint sich 25-65 Prozent schneller auszudünnen, als es bei einer kleineren Atmosphäre der Fall wäre. „Die ausgedehnte Atmosphäre dieses Planeten macht sie zu einem größeren Ziel für hochenergetische Strahlung seines Sterns, deswegen finden mehr Verdampfungsprozesse statt“, sagte Co-Autor Scott Wolk vom CfA.
Der Zentralstern des Systems HD 189733 hat außerdem einen schwachen, roten Begleiter, der mit Chandra erstmals im Röntgenbereich nachgewiesen wurde. Die Sterne entstanden wahrscheinlich zur selben Zeit, aber der Zentralstern scheint drei bis 3,5 Milliarden Jahre jünger zu sein als sein Begleiter, weil er schneller rotiert, eine höhere magnetische Aktivität zeigt und im Röntgenbereich rund 30 Mal heller leuchtet als sein Begleiter. „Dieser Stern verhält sich nicht seinem Alter entsprechend und das Vorhandensein eines großen Planeten als Begleiter könnte die Erklärung dafür sein“, sagte Poppenhaeger. „Es ist möglich, dass dieser heiße Jupiter die Rotation und die magnetische Aktivität des Sterns durch Gezeitenkräfte aufrechterhält, was ihn in mancher Hinsicht wie einen viel jüngeren Stern agieren lässt.“
Quelle: http://chandra.harvard.edu/press/13_releases/press_072913.html
(THK)
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