Im August vergangenen Jahres fanden auf dem Jupitermond Io drei starke Vulkanausbrüche innerhalb von zwei Wochen statt. Das führte Astronomen zu der Vermutung, dass solche Ausbrüche, die Material hunderte Kilometer in die Höhe schleudern können, möglicherweise viel häufiger sind, als sie dachten.
„Normalerweise erwarten wir einen großen Ausbruch im Zeitraum von einem oder zwei Jahren und sie sind für gewöhnlich auch nicht so hell“, sagte Imke de Pater, Professorin und Vorsitzende für Astronomie an der University of California in Berkeley. Sie ist die leitende Autorin einer von zwei Abhandlungen, die die Eruptionen beschreiben. „Hier hatten wir drei extrem helle Ausbrüche, was dafür spricht, dass wir viele weitere Ausbrüche auf Io sehen könnten, wenn wir öfter hinsehen würden.“
Io, der innerste von Jupiters vier „Galileischen Monden“, hat einen Durchmesser von etwa 3.630 Kilometern. Abgesehen von der Erde ist es der einzige bekannte Ort im Sonnensystem, an dem Vulkane extrem heiße Lava eruptieren, so wie auf der Erde. Wegen Ios geringer Anziehungskraft produzieren starke Eruptionen einen Schirm aus Material, das hoch in den Weltraum aufsteigt. De Paters langjähriger Kollege und Co-Autor Ashley Davies, ein Vulkanologe vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadenda (Kalifornien), sagte, dass die kürzlichen Eruptionen älteren Ereignissen ähnelten, bei denen zig Kubikkilometer Lava in einer kurzen Zeitperiode über hunderte Quadratkilometer verteilt wurden.
„Diese neuen Ereignisse gehören aufgrund ihrer Größe und ihrer erstaunlich hohen Wärmeabstrahlung zu einer relativ seltenen Eruptionsklasse auf Io“, sagte Davies. „Die von diesen Eruptionen emittierte Energiemenge lässt auf großvolumige Lavafontänen schließen, die aus Bruchstrukturen ausbrechen und Lavaströme bilden, welche sich sehr schnell auf der Oberfläche Ios ausbreiten. Alle drei Ereignisse, darunter die größte und stärkste Eruption vom 29. August 2013, wurden wahrscheinlich durch ‚Vorhänge aus Feuer‘ charakterisiert, weil Lava aus möglicherweise viele Kilometer langen Bruchstrukturen emporschoss.
Eine Abhandlung wurde von der leitenden Autorin Katherine de Kleer, einer Doktorandin der UC Berkeley, und dem Co-Autoren und Astronom Máté Ádámkovics verfasst, an der anderen Abhandlung wirkten Ádámkovics und David R. Ciardi vom Exoplanet Science Institute / California Institute of Technology in Pasadena als Co-Autoren mit. Die beiden Studien wurden zur Veröffentlichung im Journal Icarus freigegeben. Ciardi ist ein Astronom, der Exoplaneten erforscht, aber während Beobachtungen am W. M. Keck Observatory auf Hawaii machte er Infrarotaufnahmen für de Pater, die zu dieser Forschungsarbeit gehörten. „Ich sah dies als eine nette Gelegenheit an, um das eine Ende der Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems enger mit dem anderen Ende zu verbinden“, sagte er. „Unser Sonnensystem zu verstehen wird uns helfen, all die anderen, von uns entdeckten Systeme zu verstehen und umgekehrt.“
De Pater entdeckte die ersten beiden starken Eruptionen am 15. August 2013 in Ios südlicher Hemisphäre. Dafür verwendete sie die Near-Infrared Camera (NIRC2) an der adaptiven Optik des Keck II Telescope, einem von zwei 10-Meter-Telesopen, die am Keck Observatory in Betrieb sind. Die hellste Eruption fand in einer Caldera namens Rarog Patera statt und Berechnungen ergaben, dass sie einen 130 Quadratkilometer großen und zehn Meter dicken Lavastrom produziert hatte. Die andere Eruption in der Nähe einer weiteren Caldera namens Heno Patera erzeugte Lavaströme, die eine Fläche von 310 Quadratkilometern bedeckten.
Am 29. August 2013 entdeckte de Pater eine dritte und sogar noch hellere Eruption – eine der hellsten, die jemals auf Io beobachtet wurden. Dafür benutzte sie den Near Infrared Imager mit adaptiver Optik am Gemini North Telescope auf dem Mauna Kea (Hawaii) und das SpeX Near-Infrared Spectrometer der benachbarten Infrared Telescope Facility (IRTF) der NASA. De Kleer nutzte die zufällige Entdeckung dieses Ausbruchs, um mit dem Gemini-Teleskop und der IRTF zu belegen, dass die Eruptionstemperatur wahrscheinlich viel höher war als die normalen Eruptionstemperaturen hier auf der Erde. „Das spricht für eine Zusammensetzung der Magma, die es auf der Erde nur in der Entstehungszeit des Planeten gab“, sagte sie. Davies hat Modelle entwickelt, um das eruptierte Magmavolumen anhand von spektroskopischen Beobachtungen vorherzusagen. „Das wird uns helfen, die Prozesse zu verstehen, die an der Gestaltung der Oberflächen aller terrestrischer Planeten (die Erde eingeschlossen) und des Mondes beteiligt waren.“
Vulkane auf Io wurden erstmals im Jahr 1979 entdeckt und nachfolgende Untersuchungen durch die NASA-Raumsonde Galileo, die 1996 das erste Mal an Io vorbeiflog, und durch bodenbasierte Teleskope haben gezeigt, dass Eruptionen und Lavafontänen auf Io ständig stattfinden, wobei sie Flüsse und Seen aus Lava bilden. Zwischen 1978 und 2006 wurden nur 13 starke Eruptionen registriert, zum Teil deshalb, weil nur eine Handvoll Astronomen (darunter de Pater) den Mond regelmäßig überwacht. Die Ausbrüche auf Io sind wahrscheinlich mit denen vergleichbar, welche die Oberflächen der inneren Planeten wie Erde und Venus in ihrer Frühzeit gestalteten. „Wir nutzen Io als ein vulkanisches Labor, wo wir in die Vergangenheit der terrestrischen Planeten zurückblicken können, um besser zu verstehen, wie diese starken Eruptionen stattfanden, wie schnell sie abliefen und wie lange sie andauerten“, sagte Davies.
In einer dritten Abhandlung, die von Icarus akzeptiert wurde, fassen de Pater, Davies und ihre Kollegen ein Jahrzehnt der Beobachtungen Ios durch die Keck II und Gemini-Teleskope zusammen. Ihre Oberflächenkarte von Io zeigte mehr als zwei dutzend Hotspots, deren räumliche Verteilung sich zwischen 2001 und 2010 deutlich veränderte. Das Team hofft, dass die jährliche Überwachung von Ios Oberfläche die Art der dortigen Vulkanausbrüche enthüllen, die Zusammensetzung der Magma eingrenzen und die räumliche Verteilung des Wärmeflusses und potenzieller zeitlicher Veränderungen genau kartieren wird. Diese Informationen seien entscheidend dafür, die an den Aufheizungs- und Abkühlungsprozessen beteiligten physikalischen Vorgänge besser zu verstehen, sagte de Pater.
Die Arbeit wird von der National Science Foundation und den NASA-Programmen für Outer Planets Research und Planetary Geology and Geophysics finanziert. Das Jet Propulsion Laboratory wird vom California Institute of Technology für die NASA betrieben. Das JPL leitete die Galileo-Mission für die NASA.
Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2014-260
(THK)
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