Studie zeichnet die turbulente Reise des Novato-Meteoriten nach

Der Feuerball vom 18. Oktober 2012 über der San Francisco Bay Area zeigt das Ende des Auseinanderbrechens des Novato-Meteoriten. Die Bilder wurden aus einer Entfernung von 65 Kilometern aufgenommen. (Robert P. Moreno Jr., Jim Albers and Peter Jenniskens)
Der Feuerball vom 18. Oktober 2012 über der San Francisco Bay Area zeigt das Ende des Auseinanderbrechens des Novato-Meteoriten. Die Bilder wurden aus einer Entfernung von 65 Kilometern aufgenommen. (Robert P. Moreno Jr., Jim Albers and Peter Jenniskens)

Ein Meteorit, der am 17. Oktober 2012 auf das Dach eines Hauses in Novato (Kalifornien) fiel, hat ein detailliertes Bild seiner Herkunft und seiner turbulenten Reise durch den Weltraum und die Erdatmosphäre offenbart. Ein internationales Konsortium aus 50 Wissenschaftlern untersuchte den gefallenen Meteoriten und veröffentlichte seine Ergebnisse in der August-Ausgabe des Journals Meteoritics and Planetary Science.

„Unsere Untersuchung hat eine lange Geschichte offenbart, die bis in eine Zeit zurückreicht, als sich nach einem gigantischen Einschlag auf der Erde der Mond bildete“, sagte Peter Jenniskens, ein Meteorastronom und Studienleiter des Konsortiums, der am Ames Research Center in Moffett Field für das SETI Institute in Mountain View (Kalifornien) arbeitet.

Jenniskens nahm den Sturz des Meteoroiden mit den NASA-Kameras zur Überwachung von Meteoren auf und berechnete rasch das wahrscheinliche Absturzgebiet über der Stadt Novato. Die Einwohner Lisa Webber und Glenn Revera aus Novato erinnerten sich, wie in jener Nacht Etwas ihr Garagendach traf. Sie fanden den ersten Meteoriten und stellten ihn für Untersuchungen zur Verfügung. Oft verwenden Forscher den Ort des Meteoritenfundes, um den Stein zu benennen: Dieser Meteorit trägt der Meteoritical Society zufolge jetzt offiziell den Namen „Novato“.

„Wir stellten fest, dass der Meteorit sein schwarzes Erscheinungsbild wahrscheinlich durch massive Einschlagschocks erhielt, als vor 4,472 Milliarden Jahren ein Kollisionsereignis stattfand. Das war etwa 64-126 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems“, sagte Qing-zhu Yin, ein Professor am Department of Earth and Planetary Sciences an der University of California in Davis. „Wir vermuten jetzt, dass der mondbildende Einschlag Trümmer über das gesamte innere Sonnensystem verteilt haben könnte und dass eines davon den Mutterkörper des Novato-Meteoriten traf.“

Yin und seine Kollegen stellten auch fest, dass der Mutterkörper des Meteoriten vor etwa 470 Millionen Jahren durch eine andere schwere Kollision in Fragmente zerbrach. Das erzeugte ein Trümmerfeld im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, aus dem Novato-ähnliche Meteoriten – sogenannte „gewöhnliche L6-Chondriten“ – jetzt zur Erde gelangen.

Wissenschaftler hatten bereits die ähnlich alte Gefion-Asteroidenfamilie in der Mitte des Hauptasteroidengürtels als die wahrscheinliche Quelle von Novato-ähnlichen Meteoriten identifiziert. Jenniskens bestimmte erfolgreich den Annäherungskurs und bestätigte, das Gefion die Quelle dieser Meteoriten sein kann. „Novato brach vor neun Millionen Jahren von einem Asteroiden der Gefion-Familie ab“, sagte Kees Welten, Kosmochemiker an der University of California in Berkeley. „Aber viele wurden vor etwa einer Million Jahren in ein größeres Objekt eingebettet“, ergänzte Kunihiko Nishiizumi, Kosmichemiker an der UC Berkeley.

Nachdem der Novato-Meteoroid aus dem Asteroidengürtel katapultiert wurde, brachte ihn seine Umlaufbahn regelmäßig zurück in den Asteroidengürtel. Wissenschaftler maßen die Thermolumineszenz des Meteoriten, um zu bestimmen, dass Novato vor weniger als 100.000 Jahren eine weitere Kollision gehabt haben könnte. Die Thermolumineszenz ist das Licht, welches bei der Aufheizung des Materials und der Freisetzung der gespeicherten Energie aus vergangenen elektromagnetischen und ionisierenden Prozessen reemittiert wird. „Wir können sagen, dass der Stein erhitzt wurde, aber die Ursache der Aufheizung ist unklar“, sagte Derek Sears, ein Meteoritenforscher, der am Ames Research Center für das Bay Area Environmental Research Institute in Sonoma (Kalifornien) arbeitet. „Es scheint so, als wäre Novato noch einmal getroffen worden.“

Als der Novato-Meteoroid schließlich auf die Erdatmosphäre traf, war er den Wissenschaftlern zufolge 35 Zentimeter groß und wog 80 Kilogramm. Robert P. Moreno Jr. fotografierte in Santa Rosa (Kalifornien) das endgültige Auseinanderbrechen des Meteoroiden in der Erdatmosphäre sehr detailliert. „Diese Fotos zeigen, dass dieser Meteorit, der jetzt zu den am besten untersuchten Meteoriten seiner Art gehört, stoßweise auseinanderbrach und jedes Mal einen Lichtblitz produzierte, als er in die Erdatmosphäre eintrat“, sagte Jenniskens. „Insgesamt wurden sechs Fragmente geborgen.“

Die Forscher waren überrascht herauszufinden, dass all diese Einschläge die organischen Bestandteile in diesem Meteoriten nicht vollständig zerstört hatten. Qinghao Wu und Richard Zare von der Stanford University in Kalifornien maßen eine Vielzahl polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffbestandteile – das sind komplexe, kohlenstoffreiche Moleküle, die im Universum weit verbreitet sind und häufig vorkommen.

Daniel Glavin vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) leitete ein Team, um in den Novato-Meteoriten nach Aminosäuren zu suchen – Moleküle, die in Leben auf der Erde präsent sind und als Grundvoraussetzung für Leben auf der Erde gelten. Sie registrierten einige ungewöhnliche Aminosäuren ohne Proteine, die auf der Erde jetzt sehr selten vorkommen, aber in dem Novato-Meteoriten präsent sind. „Das schnelle Auffinden der Novato-Meteoriten machte diese Untersuchungen möglich“, sagte Jenniskens.

Die Forschungsarbeit wurde vom Near Earth Object Program und dem Planetary Astronomy and Cosmochemistry Program der NASA sowie der Swiss National Science Foundation unterstützt.

Quelle: http://www.nasa.gov/content/nasa-partners-reveal-california-meteorites-rough-and-tumble-journey/

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*