NGC 799 und NGC 800 sind zwei schöne Spiralgalaxien, die in Richtung des Sternbildes Cetus (Walfisch) zu finden sind. Sie liegen rund 300 Millionen Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt und wurden bereits im Jahr 1885 von dem US-amerikanischen Astronomen Lewis Swift entdeckt und beschrieben.
Auf den ersten Blick fallen zunächst ein paar Gemeinsamkeiten auf: Beide Galaxien besitzen lange Spiralarme, in denen zahlreiche bläulich leuchtende Gebiete zu sehen sind. Diese Gebiete sind Sternentstehungsregionen, in denen viele massereiche, blaue Sterne gebildet werden. Aufgrund der großen Anzahl kann ihre energiereiche Strahlung von entsprechend empfindlichen Instrumenten registriert und sichtbar gemacht werden. In den Zentren der beiden Galaxien befinden sich hauptsächlich ältere, rötliche Sterne, die in einem vergleichsweise kleinen Raumvolumen versammelt sind.
Obwohl es sich bei beiden Objekten um Spiralgalaxien handelt, erkennt man bei genauerem Hinsehen aber mehrere markante Unterschiede, abgesehen von dem ganz offensichtlichen Größenunterschied. NGC 799, die untere Galaxie, besitzt im Gegensatz zu NGC 800 (oben) einen Zentralbalken. Die Balkenstruktur verläuft durch die zentrale Ausbuchtung („Bulge“) der Galaxie, und ihre Spiralarme haben ihren Ursprung an den Enden des Balkens. Astronomen vermuten, dass der Zentralbalken eine Art Kanalisierungsmechanismus darstellt, durch den große Mengen Gas aus den Spiralarmen in Richtung Zentrum transportiert werden.
Ein weiterer Unterschied ist die Anzahl der Spiralarme: Während NGC 800 über drei sehr ausgeprägte Spiralarme mit zahlreichen Gasknoten verfügt, kann NGC 799 nur mit zwei Spiralarmen aufwarten, die dazu noch wesentlich schwächer und unauffälliger sind. Dafür sind sie viel breiter als die Spiralarme ihrer Nachbarin. Die Spiralarme gehen – wie bereits erwähnt – von den Enden des Zentralbalkens aus und winden sich eng um den galaktischen Kern, wodurch sich fast ein ringähnliches Erscheinungsbild ergibt. Das Aussehen der Spiralarme von NGC 800 erinnert mehr an ein rotierendes Feuerrad, wie man es von Silvester oder anderen großen Feierlichkeiten kennt.
Wir sehen hier gewissermaßen die Ruhe vor dem Sturm. Die beiden Galaxien liegen so nah beieinander, dass sich durch ihre Gravitationskräfte gegenseitig beeinflussen. Gravitativ interagierende Galaxienpaare werden häufig beobachtet und sind Gegenstand vieler Forschungsstudien über die Entwicklung von Sternentstehungsregionen, Galaxien und Galaxiengruppen. Die Stärke der Wechselwirkungen hängt dabei von vielen Parametern ab, beispielsweise von den Massen der beteiligten Galaxien, von ihrer Entfernung zueinander und von ihren Relativgeschwindigkeiten.
In manchen Fällen zieht der Gravitationstanz nur geringe Verzerrungen an den Strukturen der Galaxien nach sich, in anderen nimmt die Gravitation Überhand und leitet die Kollision und Verschmelzung der Galaxien ein. Die Phase kann viele hundert Millionen Jahre andauern. Mit Computersimulationen kann man die Wechselwirkungen bis zu einem gewissen Grad vorhersagen, aber mit zunehmender Länge der Simulation steigt natürlich auch die Ungenauigkeit. Daher beobachtet man gravitativ wechselwirkende Galaxienpaare in den verschiedensten Stadien ihrer Interaktion, um die Modelle möglichst präzise zu machen.
Das Bild wurde mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile gemacht. Die auffälligen, bunten Strichspuren sind auf Asteroiden zurückzuführen, die während der Einzelaufnahmen durch das Blickfeld flogen und jeweils eine Strichspur hinterließen.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://cdn.eso.org/images/large/potw1332a.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Die interagierenden Galaxien NGC 1531 und NGC 1532
Bild 2: wird nächste Woche zum Astro-Bild (Stimmengleichstand)
Bild 4: Das interagierende Galaxienpaar Arp 261
(THK)
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