Die Wettervorhersage für ferne, glühende Exoplaneten, sogenannte „Heiße Jupiter“ („Hot Jupiters“), könnte in etwa so klingen: wolkige Nächte und sonnige Tage mit Höchstwerten von rund 1.300 Grad Celsius (circa 1.600 Kelvin).
Diese rätselhaften Welten sind zu weit von uns entfernt, um Wolken in ihren Atmosphären beobachten zu können. Aber eine neue Studie unter Verwendung des NASA-Weltraumteleskops Kepler und Computermodellierungstechniken findet Hinweise darauf, wo sich solche Wolken sammeln könnten und woraus sie wahrscheinlich bestehen. Die Studie wurde im Astrophysical Journal veröffentlicht und ist online auf arxiv.org verfügbar.
Heiße Jupiter gehören zu den ersten der tausenden Exoplaneten (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems), die bislang in unserer Galaxie entdeckt wurden, und umkreisen ihre Sterne in so geringer Entfernung, dass sie ständig gegrillt werden. Obwohl das galaktische Urlauber entmutigen dürfte, repräsentiert die Studie einen entscheidenden Fortschritt dabei, die Struktur fremder Atmosphären zu verstehen.
Endlose Tage, endlose Nächte
Heiße Jupiter besitzen eine gebundene Rotation, was bedeutet, dass eine Seite des Planeten immer in Richtung seines Zentralsterns zeigt und die andere in ständiger Dunkelheit liegt. Der Studie zufolge wäre die „Tagseite“ in den meisten Fällen größtenteils wolkenfrei und die „Nachtseite“ stark bewölkt – in der Zone dazwischen gäbe es einen teilweise bewölkten Himmel.
„Die Wolkenbildung unterscheidet sich sehr von dem, was wir aus unserem Sonnensystem kennen“, sagte Vivien Parmentier, ein NASA-Sagan-Stipendiat und Postdoktorand an der University of Arizona in Tucson, der Hauptautor der Studie. Ein „Jahr“ auf solch einem Planeten, also die Zeit, die er für eine Umrundung seines Sterns benötigt, kann wenige Erdtage dauern. Auf einem „kühleren“ Heißen Jupiter könnten Temperaturen von um die 1.300 Grad Celsius herrschen.
Aber die extremen Bedingungen auf Heißen Jupitern arbeiteten zugunsten der Wissenschaftler. „Der Tag-Nacht-Kontrast ist tatsächlich leicht zu modellieren“, sagte Parmentier. „Die Heißen Jupiter sind viel einfacher zu modellieren als Jupiter selbst.“
Eine Bedeckung, dann Helligkeitsveränderungen
Die Wissenschaftler erschufen zunächst eine Vielzahl an idealisierten Heißen Jupitern, indem sie globale Zirkulationsmodelle verwendeten – das sind vereinfachte Versionen der Computermodelle, die für die Simulation des Erdklimas genutzt werden. Dann verglichen sie die Modelle mit dem Licht, das Kepler von echten Heißen Jupitern registrierte. Kepler arbeitet jetzt im Rahmen seiner K2-Mission und wurde entwickelt, um den extrem schwachen Helligkeitsabfall zu messen, wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht, was als Transit bezeichnet wird. Aber in diesem Fall konzentrierten sich die Forscher auf die Phasenkurven des Planeten. Das sind Veränderungen im Licht des Planeten, während er seine Phasen durchläuft, so wie der Erdmond.
Die Übereinstimmung der modellierten Heißen Jupiter mit den Phasenkurven der echten Heißen Jupiter offenbarte, welche Kurven durch die Hitze des Planeten verursacht wurden und welche auf reflektiertes Licht von Wolken in der Atmosphäre zurückgingen. Durch die Kombination der Kepler-Daten mit Computermodellen konnten die Wissenschaftler erstmals globale Wolkenmuster auf diesen fernen Welten ableiten.
Die neue Wolkenansicht erlaubte dem Team, Schlussfolgerungen über Winde und Temperaturunterschiede auf den untersuchten Heißen Jupitern zu ziehen. Kurz bevor die heißeren Planeten in einer Art Bedeckung hinter ihrem Stern verschwinden offenbarte ein Lichtimpuls in der optischen Lichtkurve des Planeten einen „Hotspot“ auf dessen Ostseite. Und auf kühleren Planeten wurde kurz nach der Bedeckung eine Veränderung beobachtet, nachdem er auf der anderen Seite des Sterns wieder auftauchte, diesmal auf der Westseite des Planeten.
Der frühe Lichtveränderung auf heißeren Welten enthüllt, dass starke Winde den heißesten, wolkenfreien Teil der Atmosphäre, der sich normalerweise direkt unterhalb des Sterns befindet, nach Osten treiben. Auf kühleren Welten hingegen türmen sich die Wolken auf und reflektieren mehr Licht auf der „kühleren“ Westseite des Planeten, was die Lichtveränderung nach der Bedeckung verursacht. „Wir vermuten, dass die Westseite der planetaren Tagseite wolkiger ist als die Ostseite“, sagte Parmentier.
Obwohl dieses rätselhafte Muster bereits früher beobachtet wurde, ist diese Forschungsarbeit die erste, die alle Heißen Jupiter untersuchte, welche dieses Verhalten zeigen. Das führte zu einer weiteren Premiere: Indem sie herausfanden, wie die Wolken verteilt sind (was eng mit der Durchschnittstemperatur des Planeten zusammenhängt), waren die Wissenschaftler in der Lage festzustellen, woraus die Wolken wahrscheinlich bestehen.
Nur Mangan hinzufügen und umrühren
Heiße Jupiter sind viel zu heiß für Wasserdampfwolken wie auf der Erde. Stattdessen entstehen die Wolken auf diesen Planeten wahrscheinlich, wenn exotische Dämpfe zu Mineralen und chemischen Verbindungen wie Aluminiumoxid oder sogar zu Metallen wie Eisen kondensieren.
Das Forschungsteam stellte fest, dass auf „kühleren“ Heißen Jupitern wahrscheinlich Mangansulfidwolken dominieren, während bei höheren Temperaturen Silikatwolken vorherrschen. Auf diesen Planeten „regnen“ die Silikate vermutlich in das Innere und verschwinden aus der beobachtbaren Atmosphäre. Mit anderen Worten: Eine planetare Durchschnittstemperatur, die von seiner Entfernung zu seinem Zentralstern abhängt, bedingt die Art der Wolken, die sich bilden können. Das führt dazu, dass auf unterschiedlichen Planeten verschiedene Wolkentypen entstehen.
„Die Zusammensetzung der Wolken verändert sich mit der Temperatur des Planeten“, sagte Parmentier. „Die Lichtkurven erzählen die Geschichte der Wolkenzusammensetzung. Es ist sehr interessant, weil die Wolkenzusammensetzung sonst schwer zu untersuchen ist.“ Die neuen Ergebnisse zeigen auch, dass die Wolken auf Heißen Jupitern nicht gleichmäßig verteilt sind. Das passt zu früheren Ergebnissen des NASA-Weltraumteleskops Spitzer, die darauf hindeuteten, dass verschiedene Bereiche von Heißen Jupitern ganz unterschiedliche Temperaturen aufweisen.
Die neuen Ergebnisse kommen zu Zeiten, da wir den 21. Jahrestag der Exoplanetenjagd feiern. Am 6. Oktober 1995 gab ein Schweizer Team die Entdeckung von 51 Pegasi b bekannt, einem Heißen Jupiter, der zum ersten bestätigten Exoplaneten im Orbit um einen sonnenähnlichen Stern wurde. Parmentier und sein Team hoffen, dass ihre Ergebnisse über die Wolken auf Heißen Jupitern neue, detaillierte Erkenntnisse über die Atmosphären von Heißen Jupitern und deren Zusammensetzung bringen werden – ein wichtiges Ziel der Studien zu exoplanetaren Atmosphären.
Das Ames Research Center der NASA leitet die Kepler- und K2-Missionen für das Science Mission Directorate in Washington. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena (Kalifornien) leitete die Entwicklung der Kepler-Mission. Die Ball Aerospace & Technologies Corporation steuert das Flugsystem mit Unterstützung des Laboratory for Atmospheric and Space Physics an der University of Colorado in Boulder. Diese Arbeit wurde teilweise unter Vertrag mit dem JPL durchgeführt und im Rahmen des Sagan Fellowship Program von der NASA finanziert, ausgeführt vom NASA Exoplanet Science Institute.
Quelle: https://www.nasa.gov/feature/jpl/cloudy-nights-sunny-days-on-distant-hot-jupiters
(THK)
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