Wissenschaftler haben den bislang besten Beleg für eine Stratosphäre auf einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gefunden, einem sogenannten Exoplaneten. Die Stratosphäre ist eine Atmosphärenschicht, in der die Temperatur mit zunehmender Höhe ansteigt.
„Dieses Ergebnis ist spannend, weil es zeigt, dass ein gemeinsames Merkmal der meisten Atmosphären in unserem Sonnensystem, nämlich eine warme Stratosphäre, auch in den Atmosphären von Exoplaneten beobachtet werden kann“, sagte Mark Marley vom Ames Research Center der NASA im Silicon Valley (Kalifornien), ein Co-Autor der Studie. „Wir können jetzt die Prozesse in exoplanetaren Atmosphären mit den gleichen Prozessen vergleichen, die unter verschiedenen Bedingungen in unserem eigenen Sonnensystem auftreten.“
Wie sie im Journal Nature berichten, nutzten die Wissenschaftler Daten des Weltraumteleskops Hubble, um WASP-121b zu untersuchen. Der Exoplanet gehört zu einem Typ, der als „heißer Jupiter“ bezeichnet wird. Seine Masse entspricht der 1,2-fachen Jupitermasse, und sein Radius ist etwa 1,9 Mal größer als der Jupiterradius.
Aber während Jupiter unsere Sonne einmal in zwölf Jahren umkreist, hat WASP-121b eine Umlaufperiode von nur 1,3 Tagen. Dieser Exoplanet liegt so nah an seinem Stern, dass dessen Gravitation ihn auseinanderreißen würde, käme er noch näher. Es bedeutet auch, dass der oberste Teil der planetaren Atmosphäre auf 2.500 Grad Celsius aufgeheizt wird – heiß genug, um manche Metalle zu sieden. Das System WASP-121 ist ungefähr 900 Lichtjahre von der Erde entfernt – eine lange Strecke, aber in galaktischen Maßstäben recht nah.
Eine frühere Studie fand mögliche Hinweise auf eine Stratosphäre auf dem Exoplaneten WASP-33b und ein paar anderen heißen Jupitern. Die neue Studie repräsentiert den bislang besten Beleg aufgrund der Signatur von heißen Wassermolekülen, die hier erstmals von Forschern beobachtet wurde.
„Theoretische Modelle haben vorgeschlagen, dass Stratosphären eine eigene Klasse ultraheißer Planeten definieren könnten, was bedeutende Auswirkungen auf ihre atmosphärische Physik und Chemie hätte“, sagte Tom Evans, Hauptautor und Forschungsstipendiat an der University of Exeter (Vereinigtes Königreich). „Unsere Beobachtungen unterstützen dieses Bild.“
Um die Stratosphäre von WASP-121b zu untersuchen, analysierten die Forscher, wie unterschiedliche Moleküle in der Atmosphäre auf bestimmte Lichtwellenlängen reagieren. Dafür kamen Hubbles spektroskopische Fähigkeiten zum Einsatz. Beispielsweise reagiert Wasserdampf in der planetaren Atmosphäre in vorhersagbarer Art und Weise auf bestimmte Lichtwellenlängen, abhängig von der Temperatur des Wassers.
Sternlicht kann tief in die Atmosphäre eines Planeten eindringen, wo es die Temperatur des dortigen Gases erhöht. Dieses Gas gibt seine Wärme dann als Infrarotstrahlung in den Weltraum ab. Wenn es im obersten Bereich der Atmosphäre allerdings kühleren Wasserdampf gibt, werden die Wassermoleküle bestimmte Wellenlängen dieses Lichts daran hindern, in den Weltraum zu gelangen. Aber wenn die Wassermoleküle im obersten Bereich der Atmosphäre eine höhere Temperatur aufweisen, werden sie in den gleichen Wellenlängen leuchten.
„Die Lichtemission des Wassers zeigt, dass die Temperatur mit der Höhe ansteigt“, sagte Tiffany Kataria, Co-Autorin der Studie vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien).
Das Phänomen ist vergleichbar mit Feuerwerkskörpern, die ihre Farben aus chemischen Substanzen erhalten, welche Licht emittieren. Wenn metallische Substanzen aufgeheizt und verdampft werden, bewegen sich ihre Elektronen in höhere Energiezustände. Abhängig von dem Material werden diese Elektronen Licht in bestimmten Wellenlängen emittieren, wenn sie Energie verlieren: Zum Beispiel produziert Natrium orange-gelbes Licht, und Strontium erzeugt bei diesem Prozess rotes Licht. Die Wassermoleküle in der Atmosphäre von WASP-121b geben auf ähnliche Weise Strahlung ab, wenn sie Energie verlieren. Allerdings geschieht das in der Form von infraroten Wellenlängen, die das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann.
In der irdischen Stratosphäre fängt Ozon ultraviolette Strahlung der Sonne ein, was die Temperatur dieser Atmosphärenschicht erhöht. Andere Himmelskörper im Sonnensystem besitzen ebenfalls Stratosphären: Beispielsweise ist Methan für das Aufheizen in den Stratosphären von Jupiter und dem Saturnmond Titan verantwortlich.
Video-Link: https://youtu.be/fyMd-CJJqoo
Bei den Planeten im Sonnensystem beträgt die Temperaturveränderung innerhalb einer Stratosphäre typischerweise etwa 56 Grad Celsius. Auf WASP-121b steigt die Temperatur in der Stratosphäre um circa 560 Grad Celsius an. Die Forscher wissen noch nicht, welche Substanzen den Temperaturanstieg in der Atmosphäre von WASP-121b verursachen. Vanadiumoxid und Titanoxid sind Kandidaten, weil sie auf Braunen Zwergen häufig vorkommen. Braune Zwerge sind „verhinderte Sterne“, die einige Gemeinsamkeiten mit Exoplaneten aufweisen. Man nimmt an, dass solche Substanzen nur auf den heißesten Exemplaren der Heißer-Jupiter-Typs vorhanden sind, weil hohe Temperaturen erforderlich sind, um sie im gasförmigen Zustand zu halten.
„Dieser superheiße Exoplanet wird ein Test für unsere Atmosphärenmodelle und wird in der Ära des James Webb Space Telescope ein großartiges Beobachtungsziel darstellen“, sagte Hannah Wakeford, eine Co-Autorin der Studie, die während ihrer Zeit am Goddard Space Flight Center an dieser Forschungsarbeit mitwirkte.
Das Hubble Space Telescope ist ein Projekt internationaler Zusammenarbeit zwischen der NASA und der ESA. Das Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) betreibt das Teleskop. Das Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore (Maryland) führt die wissenschaftlichen Operationen Hubbles durch. Das STScI wird von der Association of Universities for Research in Astronomy, Inc. in Washington für die NASA betrieben. Das Caltech betreibt das JPL für die NASA.
(THK)
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