Die NASA-Raumsonde New Horizons revolutionierte unser Wissen über Pluto, als sie im Juli 2015 an dieser fernen Welt vorbeiflog. Zu ihren zahlreichen Entdeckungen gehörten Bilder von seltsamen Formationen, die an riesige Messerklingen aus Eis erinnern und deren Ursprung rätselhaft war.
Jetzt haben Wissenschaftler eine faszinierende Erklärung für dieses schroffe Terrain gefunden: Die Strukturen bestehen fast ausschließlich aus Methaneis und entstanden wahrscheinlich, als ein besonderer Erosionstyp ihre Oberflächen erodierte und dramatische Grate und scharfe Kluften zurückließ.
Diese zerklüfteten geologischen Grate liegen in den höchsten Lagen auf Plutos Oberfläche in der Nähe seines Äquators und können sich viele hundert Meter hoch in den Himmel erheben – so hoch wie ein Wolkenkratzer in New York City. Sie sind eine der rätselhaftesten Oberflächenformationsarten auf Pluto, und jetzt scheint es so, dass die Eiszacken mit Plutos komplexem Klima und seiner geologischen Vergangenheit zusammenhängen.
Ein Team unter Leitung von Jeffrey Moore, Forscher am Ames Research Center der NASA im kalifornischen Silicon Valley und Mitglied des New-Horizons-Teams, hat festgestellt, dass die Entstehung des schroffen Terrains mit dem Ausfrieren von atmosphärischem Methan in extremen Höhen auf Pluto beginnt. Auf ähnliche Weise gefriert auch Frost auf dem Erdboden oder sogar im Tiefkühler.
„Als wir erkannten, dass das schroffe Gelände aus hohen Methaneis-Ablagerungen besteht, fragten wir uns, warum es all diese Grate bildet und nicht nur große Eisklumpen auf der Oberfläche“, sagte Moore. „Es stellte sich heraus, dass Pluto klimatischen Veränderungen unterliegt und manchmal, wenn Pluto etwas wärmer ist, beginnt das Methaneis im Grunde genommen zu verdampfen.“ Wissenschaftler verwenden den Begriff Sublimation für diesen Prozess, bei dem sich Eis direkt in Gas umwandelt und den dazwischenliegenden flüssigen Aggregatzustand überspringt.
Vergleichbare Strukturen können in hochgelegenen Schneefeldern entlang des Äquators auf der Erde beobachtet werden, wenn auch in einer ganz anderen Größenordnung als die Eiszacken auf Pluto. Die irdischen Strukturen, Büßereis genannt, sind Schneeformationen mit nur ein paar Metern Höhe, aber mit verblüffender Ähnlichkeit zu den deutlich größeren Strukturen auf Pluto. Ihre zackige Oberfläche bildet sich ebenfalls durch Sublimation.
Diese Erosion von Plutos schroffem Terrain spricht dafür, dass sein Klima über lange Zeitperioden hinweg (in der Größenordnung von Millionen Jahren) Veränderungen unterlag, die diese stetige geologische Aktivität verursachen. Frühe klimatische Bedingungen erlaubten dem Methan auf hochgelegenen Oberflächen auszufrieren, aber im Verlauf der Zeit veränderten sich diese Bedingungen und ließen das Eis zu Gas werden.
Infolge dieser Entdeckung wissen wir jetzt, dass die Oberfläche und die Atmosphäre auf Pluto anscheinend viel dynamischer sind als bislang angenommen. Die Ergebnisse wurden kürzlich in Icarus veröffentlicht, einem internationalen Journal für Planetenforschung.
Die Kartierung von Plutos Oberfläche
Das Feststellen der Natur der exotischen, schroffen Eiszacken bringt uns auch einen Schritt näher an das Verstehen der globalen Topografie auf Pluto. Die Raumsonde New Horizons lieferte spektakuläre, hochauflösende Daten über eine Seite auf Pluto, die sogenannte Begegnungshemisphäre, und beobachtete die andere Hemisphäre Plutos mit geringerer Auflösung.
Weil Methan dadurch jetzt mit hochliegenden Gebieten in Verbindung gebracht wird, können Forscher Daten über vorhandenes Methan nutzen, um abzuleiten, welche Gebiete in höheren Lagen liegen. Das bietet eine Möglichkeit, die Höhenprofile in einigen Regionen Plutos zu kartieren, wo scheinbar ebenfalls solche Eiszacken existieren, die allerdings nicht in höherer Auflösung aufgenommen wurden.
Video-Link: https://youtu.be/rSKQwwWehEs
Obwohl die hochauflösenden Bilder von Plutos Büßereis-Strukturen nur ein kleines Gebiet umfassen, konnten NASA-Forscher und ihre Kollegen anhand verschiedener Daten die Schlussfolgerung ziehen, dass diese scharfen Grate auf Plutos abgewandter Seite häufig vorkommen könnten. Das würde helfen, Plutos globale Geografie, seine Gegenwart und seine Vergangenheit zu verstehen.
(THK)
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