Saturn – Ringsystem

Die Ringe des Saturn sind mit Sicherheit sein markantestes Merkmal. Sie können bereits mit kleinen Fernrohren und Teleskopen für den Amateureinsatz beobachtet werden. Die erste Beobachtung der Saturnringe gelang Galileo Galilei im Jahre 1610. Sein Teleskop war nicht so leistungsfähig wie heutige Instrumente, weswegen er die unscharfen „Beulen“ an den Rändern von Saturn fälschlicherweise als Henkel beschrieb. Im Jahr 1655 erkannte Christiaan Huygens, dass es sich tatsächlich um unabhängige Ringe handelte, die den Planeten umkreisen.

Sie bestehen aus Gesteinstrümmern und Eisbrocken, deren Größe bis zu ein paar Meter betragen kann. Die meisten sind mit Staubkorngröße bis hin zu einigen Zentimetern Durchmesser aber deutlich kleiner. Die Ringe sind – relativ betrachtet – extrem dünn: Während der Durchmesser des Ringsystems knapp eine Million Kilometer beträgt, sind sie nur wenige hundert Meter dick. Würde man einen Rasierer von entsprechender Größe konstruieren, wären sie weitaus schärfer (dünner) als jede Rasierklinge.

Saturn und sein Ringsystem (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Saturn und sein Ringsystem (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)

Oben: Anfang Oktober 2004 fertigte Cassini aus mehr als sechs Millionen Kilometern Entfernung eine Serie von Einzelaufnahmen an, die mittels Software bearbeitet und zusammengefügt wurden. Sie ergeben das beste Portrait Saturns in natürlichen Farben, das bis jetzt gemacht wurde. Das Mosaik besteht aus 126 Bildern, die in der höchsten Auflösung Details von 38 Kilometern Größe erkennen lassen. Hier auf der Website wurde des Layouts wegen natürlich eine kleinere Version eingebunden. Das Original misst 8888 x 4544 Pixel: http://photojournal.jpl.nasa.gov/jpeg/PIA06193.jpg

Das Portrait fasst viele der zuvor auf kleinen Einzelbildern festgehaltenen Strukturen in einem Bild zusammen: Die Ringe werfen ihren Schatten auf die bläuliche nördliche Hemisphäre, während der Planetenkörper selbst die Ringe im linken Teil mit seinem Schatten überzieht. Man erkennt einige Sturmsysteme in der südlichen Hemisphäre, die feine Struktur der verschiedenen Ringe und links unten sind ganz schwach die beiden Monde Mimas und Janus zu sehen. Von solchen Bildern kann ein Amateur-Astrofotograf nur träumen, doch auch mit vergleichsweise günstigen und kleinen Instrumenten lässt sich der „Herr der Ringe“ sehr gut beobachten.

Das Ringsystem hat ein eigentümliches Benennungssystem: Die Ringe werden (von einer Ausnahme abgesehen) in der Reihenfolge ihrer Entdeckung mit Großbuchstaben gekennzeichnet, deswegen entspricht die Abfolge von innen nach außen nicht der alphabetischen Reihe, sondern sie ist etwas durcheinander. Es werden auch nur die sichtbaren Hauptringe mit einem Buchstaben bezeichnet. Die Hauptringe selbst bestehen wiederum aus Tausenden von hauchdünnen Einzelringen, was eine vollständige Bezeichnung sämtlicher Ringe zur Lebensaufgabe machen würde.

Einteilung des Ringsystems - Klick öffnet die größere Version (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Einteilung des Ringsystems – Klick öffnet die größere Version (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)

Oben: Dieses Bild gibt (in der größeren Version) einen Überblick über die Einteilung und Benennung des Ringsystems. Von innen nach außen unterscheidet man den D-Ring, C-Ring, B-Ring, A-Ring, F-Ring, G-Ring und E-Ring. Der D-Ring ist sehr lichtschwach und auf diesem Foto nicht zu sehen, seine Lage ist aber angegeben. Nach außen folgen dann der recht dunkle C-Ring, und die beiden deutlich helleren Ringe B und A. Daran schließt sich der sehr schmale F-Ring an. Der E-Ring und der G-Ring liegen außerhalb des Blickfeldes und wären wegen ihrer geringen Reflektivität kaum zu erkennen.

Farbveränderte Ansicht von Saturn und seinen Ringen (NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute)
Farbveränderte Ansicht von Saturn und seinen Ringen (NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute)

Oben: In infraroten, roten und violetten Wellenlängen bietet Saturn einen ungewohnten, aber trotzdem faszinierenden Anblick. Cassini machte diese Aufnahme am 17. Oktober 2012 aus einer Entfernung von 800.000 Kilometern. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich die Raumsonde hinter Saturn im Schatten des Planeten. Cassini blickt aus einem Winkel von 19 Grad unter der Ringebene auf den unbeleuchteten Teil der Ringe. Im Gegenlicht kommen die feinen Ringe besonders gut zur Geltung, was neben dem ästhetischen Aspekt auch wichtige Informationen über ihre Struktur und Dynamik liefern kann. Unten links sind außerdem zwei Monde erkennbar: Die zwei schwachen Lichtpunkte sind Enceladus (in der Nähe der Ringe) und Tethys (links unterhalb von Enceladus).

Daten der Saturnringe
StrukturRadius (km)Umlaufzeit
Innere Kante von Ring D67.0004,91 h
Innere Kante von Ring C73.2005,61 h
Innere Kante von Ring B92.2007,93 h
Äußere Kante von Ring B117.50011,41 h
Mitte der Cassini-Teilung119.00011,75 h
Innere Kante von Ring A121.00011,92 h
Encke-Teilung133.50013,82 h
Äußere Kante von Ring A135.20014,14 h
Ring F140.60014,94 h
Innere Kante von Ring G165.80018 h
Äußere Kante von Ring G173.80021 h
Innere Kante von Ring E180.00022 h
Äußere Kante von Ring E480.0004 d
   
Phoebe-Ring12.000.000551 d

Der Namensgeber der Cassini-Sonde, Giovanni Domenico Cassini, entdeckte und beschrieb 1675 die nach ihm benannte Lücke im Ringsystem. Doch die sogenannte Cassini-Teilung ist nicht völlig leer. Innerhalb der Cassini-Teilung existieren viele weitere, sehr dünne Ringe, die aber erheblich dunkler sind als die benachbarten Ringe B und A, weswegen sie für den Astronomen vor mehr als 300 Jahren nicht zu sehen waren. Allerdings gibt es in dem komplexen Ringsystem Saturns tatsächlich einige Bereiche, die vollkommen frei von Material sind. Die Ursache dafür sind gravitative Wechselwirkungen zwischen den Ringen selbst und mehreren Monden, die ihre Bahnen in direkter Nähe zu den Ringen ziehen.

Die obenstehende Tabelle listet die wichtigsten Orbitaldaten der einzelnen Strukturen (Ringe und Teilungen) auf. Der Durchmesser des Ringsystems beträgt rund 960.000 Kilometer. Der äußerste Ring, welcher auf den typischen (Amateur-)Aufnahmen gut sichtbar ist, der A-Ring, hat einen Durchmesser von etwa 270.400 Kilometern, also weniger als ein Drittel des gesamten Ringsystems. Der Phoebe-Ring nimmt eine Sonderstellung ein, die weiter unten näher erläutert wird.

Verschiedene Blickwinkel auf das Ringsystem (Courtesy of NASA / Hubble Heritage Team (STScI/AURA))
Verschiedene Blickwinkel auf das Ringsystem (Courtesy of NASA / Hubble Heritage Team (STScI/AURA))

Die Ringe umkreisen ihren Planeten in seiner Äquatorebene. Weil diese etwa 27 Grad gegen Saturns Bahnebene geneigt ist, führt das zwangsläufig zu einer Änderung des Winkels, unter dem wir das Ringsystem betrachten (siehe links).

Wir beginnen den „Ringzyklus“ mit dem maximalen Winkel, der die Südhalbkugel Saturns offenbart (in der Abbildung rechts oben). Innerhalb von rund 7,5 Jahren ändert sich die Perspektive so, dass wir direkt auf die Ringebene schauen, wodurch die dünnen Ringe fast zu verschwinden scheinen (in der Abbildung unten links). Nach weiteren 7,5 Jahren ist der maximale Winkel erreicht und Saturn zeigt uns seine Nordhalbkugel (nicht auf der Abbildung zu sehen). 7,5 Jahre später wird wieder die Kantenstellung erreicht. Dann, nach nochmals 7,5 Jahren, blicken wir auf den maximalen Winkel und Saturns Südhalbkugel – die Ausgangsstellung.

Prometheus begleitet Saturns F-Ring (Courtesy of NASA / JPL-Caltech)
Prometheus begleitet Saturns F-Ring (Courtesy of NASA / JPL-Caltech)

Oben: Die bereits erwähnten „Schäfermonde“ (auch Hirtenmonde genannt) sorgen auf ihren Umlaufbahnen dafür, dass in der Nähe befindliche Ringe stabilisiert werden. Im obigen Beispiel sind es Prometheus und Pandora, die den F-Ring begleiten. Diese „Wachpatrouille“ basiert auf simpler Physik. Gelangt ein Ringpartikel etwa durch eine Kollision in die Umlaufbahn eines Schäfermondes, gibt es zwei Möglichkeiten:

Das Teilchen befindet sich vor dem Schäfermond:
In dem Fall bremst die geringe Gravitation des Schäfermondes das Staubteilchen (oder auch größere Brocken) ab, wodurch es langsamer wird. Aufgrund der kleineren Geschwindigkeit fällt es infolgedessen wieder in den tieferliegenden Ring zurück.

Das Teilchen befindet sich hinter dem Schäfermond:
In diesem Fall beschleunigt die geringe Gravitation des Schäfermondes das Staubteilchen, wodurch es schneller wird. Wegen der höheren Geschwindigkeit wird das Teilchen nach außen getragen, bis es wieder eine stabile Umlaufbahn einnehmen kann, die in dem nächsthöher gelegenen Ring verläuft.

Neben Prometheus und Pandora gibt es im Saturnsystem noch einige andere Schäfermonde, hauptsächlich im Bereich der inneren Ringe. Auch Jupiter, Uranus und Neptun besitzen diverse Schäfermonde, jedoch lässt sich ihr Einfluss nicht so gut beobachten wie bei dem ausgeprägten Ringsystem von Saturn.

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Video-Link: https://youtu.be/4-h5aQX0aHI

Die Schäfermonde Prometheus und Pandora gestalten den F-Ring. (NASA / JPL / Space Science Institute)

Vertikale Strukturen am äußeren B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Vertikale Strukturen am äußeren B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)

Neben den Wechselwirkungen zwischen Monden und Ringen treten im Ringsystem von Saturn noch andere hochinteressante Phänomene auf. Besonders eindrucksvoll sind vertikale Strukturen, die sich an den äußeren Rändern der Ringe bilden können. Cassini hat schon mehrfach solche Strukturen fotografiert. Die Aufnahme links stammt vom 26. Juli 2009 und zeigt turmartige Formationen, die sich am Rand des B-Rings erheben. Das abgebildete Ringsegment ist etwa 1.200 Kilometer lang. Die „Türme“ aus Ringmaterial erheben sich bis zu 2,5 Kilometer über die Ringebene – was durchaus beachtlich ist, wenn man bedenkt, dass der B-Ring durchschnittlich nur zehn Meter dick ist. Derartige Phänomene lassen sich auf Saturn aber nur um die Zeit der Tagundnachtgleiche untersuchen, die ungefähr alle 15 Jahre eintritt. Die Sonne beleuchtet die Ringe dann fast von der Kante. Der kleine Winkel des einfallenden Sonnenlichts hat zur Folge, dass Objekte, welche sich außerhalb der Ringebene bewegen, einen langen Schatten auf die Ringe werfen. Die Ursache ist noch nicht ganz klar. Man vermutet, dass sehr kleine Monde – so genannte Moonlets – mit Durchmessern bis zu einem Kilometer die Ringteilchen aus ihrer Bahnebene heraus befördern.

Dunkle, radial verlaufende Speichen auf dem B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Dunkle, radial verlaufende Speichen auf dem B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Helle, radial verlaufende Speichen auf dem B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)
Helle, radial verlaufende Speichen auf dem B-Ring (Courtesy of NASA / JPL / Space Science Institute)

Oben: Viel länger bekannt als die vertikalen „Türme“ in den Randzonen der Ringe sind die hier gezeigten Gebilde. Sie erinnern an die radial verlaufenden Speichen eines Rades und wurden bereits von den Voyager-Sonden fotografiert. Sie treten periodisch in Zeitspannen zwischen sechs und acht Jahren auf, wobei der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen eine große Rolle spielt. Die beiden Aufnahmen wurden am 27. Januar 2010 und am 28. September 2006 vom Cassini-Orbiter gemacht.

Da ein Saturnjahr rund 29,5 Jahre dauert und die Voyager-Sonden 1980/1981 an dem Gasriesen vorbeiflogen, kann Cassini den Planeten derzeit auch unter sehr ähnlichen Konstellationen beobachten, wie die Voyager-Sonden damals. Das erneute Auftreten der Speichen spricht für die zuvor angenommene Periodizität des Phänomens. Die Helligkeit der Speichen hängt vom Blickwinkel Cassinis ab: Je nach Größe des Winkels zwischen dem Orbiter und dem Ringsystem wird das Licht von Partikeln außerhalb der Ringebene unterschiedlich stark in Richtung der Sonde gestreut.

Über die Entstehung des Phänomens wird allerdings noch debattiert. Es scheint festzustehen, dass die Speichen aus extrem kleinen Staubpartikeln bestehen, die nur wenige Mikrometer groß sind. Diese Teilchen werden vom ultravioletten Licht der Sonne getroffen und elektrostatisch aufgeladen, weshalb sie sich über die Ringebene hinaus bewegen und dort im Schwebezustand verharren. Interaktionen mit Gewitterstürmen in den oberen Atmosphärenschichten oder mit dem Magnetfeld des Planeten könnten dann die speichenartigen Formen erzeugen.