Venus – Atmosphäre

Wie bereits auf der Seite mit den allgemeinen Daten erwähnt, besitzt die Venus eine mit der Erde vergleichbare Größe und Masse – sie ist nur etwas kleiner und leichter als unser Heimatplanet. Die gern benutzten Bezeichnungen „Schwesterplanet“ oder „Zwillingsplanet“ treffen aber nur auf diese beiden Eigenschaften zu. Bei näheren Untersuchungen erkennt man schnell, dass die Venus einer der lebensfeindlichsten Orte im gesamten Sonnensystem ist. Verantwortlich dafür ist auch ihre sehr dynamische Atmosphäre.

Hauptbestandteile der Venus-Atmosphäre
Kohlendioxidca. 96 %
Stickstoffca. 3,5 %
Schwefeldioxid
Schwefelsäure
Wasserdampf
Argon
ca. 0,5 %

Die Atmosphäre der Venus besteht überwiegend aus Kohlendioxid. Der Stickstoffanteil liegt bei rund 3,5 Prozent (Erde: circa 78 Prozent). Außerdem konnten verschiedene Schwefel-Verbindungen – hauptsächlich Schwefeldioxid und in höheren Atmosphärenschichten Schwefelsäure – sowie geringe Spuren anderer Elemente nachgewiesen werden. Das Vorhandensein von Kohlendioxid als Hauptbestandteil der Venusatmosphäre wurde bereits 1932 durch spektroskopische Messungen festgestellt. Leistungsfähigere Instrumente auf der Erde und an Bord von Raumsonden konnten die damaligen Beobachtungen ergänzen.

Die Atmosphäre der Venus ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie ist so dicht, dass sie sich unter gewissen Umständen fast wie eine Flüssigkeit verhält. Am Boden herrscht ein Druck von rund 92 Bar – das ist das 92-fache des irdischen Luftdrucks am Boden und entspricht dem Druck in einer Tiefe von über 900 Metern unter der Meeresoberfläche. Allein der Stickstoffanteil der Venusatmosphäre wiegt fünfmal mehr als die gesamte Erdatmosphäre. Insgesamt ist ihre Masse 90 Mal höher. Der größte Massenanteil (ca. 90 Prozent) konzentriert sich in einer Schicht, die vom Boden bis in eine Höhe von 28 Kilometern reicht. Visuelle Beobachtungen zeigen den Planeten als strukturlose Kugel, die ständig von dichten Wolken eingehüllt ist. Diese Wolkenschicht beginnt in einer Höhe von etwa 50 Kilometern und ist durchschnittlichen 20 Kilometer dick. Ihr Hauptbestandteil mit 75 Prozent ist Schwefelsäure, welche in Form von kleinen Tröpfchen vorliegt.

Die Tröpfchen regnen in tiefer liegende Atmosphärenschichten hinab, wo sie aufgrund der hohen Temperaturen in Wasserdampf, Schwefeldioxid und Sauerstoff aufgespalten werden. Anschließend steigen die freigesetzten Gase wieder nach oben. Dort kondensieren sie wieder zu Schwefelsäure und der Kreislauf beginnt erneut. Oberhalb der Schwefelsäurewolkenschicht gibt es eine diffuse Dunstschicht, die bis in eine Höhe von 90 Kilometern reichen kann. Wenige Kilometer darüber endet die Troposphäre und die Mesosphäre schließt sich nach außen an. In dieser 40 Kilometer dicken Schicht wurden mit – 100 Grad Celsius die niedrigsten Temperaturen in der Venusatmosphäre gemessen. Oberhalb der Mesosphäre folgt die Thermosphäre, wo die Temperatur durch starke Sonneneinstrahlung und die Absorption von Energie wieder ansteigt. Darüber liegt schließlich noch die Exosphäre. Sie bildet zwischen 220 und 250 Kilometern Höhe den Übergang in den interplanetaren Raum.

Dieses Diagramm zeigt den Druck- und Temperaturverlauf der Venusatmosphäre in Abhängigkeit von der Höhe. (Bildquelle: Wikipedia / gemeinfrei)
Bildquelle: Wikipedia / gemeinfrei

Dieses Diagramm zeigt den Druck- und Temperaturverlauf der Venusatmosphäre in Abhängigkeit von der Höhe. Es zeigt, dass Temperaturen um Null Grad Celsius und der (für uns alltägliche) Druck von 1 Bar bereits in einer Höhe von 50 Kilometern erreicht werden. Darunter steigt die Temperaturkurve mit zunehmender Tiefe steil an, bis sie am Boden über 460 Grad Celsius beträgt. Auch der Druck steigt ähnlich stark an. In etwa 30 Kilometern Höhe registrierten die Landekapseln des Venera-Programms schon das 10-fache des irdischen Bodenluftdrucks. Am Boden sind es über 90 Bar.

Eine weitere Besonderheit ist die so genannte „Superrotation“ der Venusatmosphäre. Dieses Phänomen bezeichnet die Tatsache, dass die obere Hochatmosphäre in äquatorialen Breiten wesentlich schneller rotiert als der Planet selbst: Die Venus benötigt 243 Erdtage für eine vollständige Drehung um die eigene Achse, während die Winde lediglich 4 Tage brauchen, um die Venus zu umrunden. Die Winde erreichen Geschwindigkeiten von 100 Metern pro Sekunde bzw. 360 Kilometern pro Stunde. Damit rotieren die betreffenden Atmosphärenschichten ungefähr 60 Mal schneller als die Venus selbst. Die Ursachen sind noch nicht lückenlos erforscht, aber neuesten Untersuchungen zufolge liegt der Grund für die Superrotation in der starken Sonneneinstrahlung. Wegen der vergleichsweise hellen Wolken reflektiert die Venus etwa drei Viertel des einfallenden Sonnenlichts zurück. Die Energie des nicht reflektierten Sonnenlichts wird zu zwei Dritteln von den oberen Wolkenschichten absorbiert, wodurch die starken und schnellen Winde zustande kommen.

Die genauen Wechselwirkungen sind Gegenstand aktueller Forschungsprojekte. Derzeit wird dieses Phänomen von der ESA-Raumsonde „Venus Express“ untersucht. In den Daten der Venus-Express-Mission haben Wissenschaftler einen deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in der Venusatmosphäre festgestellt. Demnach erhöhten sich die gemessenen Geschwindigkeiten im Zeitraum von 2006 bis 2012 auf 400 Kilometer pro Stunde. Das Forschungsteam konnte außerdem zyklische Schwankungen der Windgeschwindigkeiten in den Daten ausmachen, die offenbar von verschiedenen Parametern abhängig sind. Dazu gehören zum Beispiel die Höhe der Sonne über dem Horizont und die lokale Tageszeit. Genauere Informationen darüber finden sich in der News Die schnellen Winde auf der Venus werden noch schneller. Auch die japanische Raumsonde „Akatsuki“ könnte hilfreiche Daten sammeln, wenn sie mit ihren Beobachtungen beginnt.

Links: Trotz der vertrauten blau-weißen Farben zeigt dieses Bild nicht die Erde. Die Raumsonde "Galileo" machte diese Aufnahme von der Venus am 14. Februar 1990, als die das Gravitationsfeld des Planeten nutzte, um Geschwindigkeit für den weiteren Flug zu ihrem eigentlichen Ziel, dem Gasriesen Jupiter, aufzunehmen. (Courtesy of NASA / JPL)
Courtesy of NASA / JPL

Links: Trotz der vertrauten blau-weißen Farben zeigt dieses Bild nicht die Erde. Die Raumsonde „Galileo“ machte diese Aufnahme von der Venus am 14. Februar 1990, als sie das Gravitationsfeld des Planeten nutzte, um Geschwindigkeit für den weiteren Flug zu ihrem eigentlichen Ziel, dem Gasriesen Jupiter, aufzunehmen. Galileo war zu diesem Zeitpunkt circa 2,73 Millionen Kilometer von der Venus entfernt. Das ungewöhnliche Erscheinungsbild ist auf die Verwendung diverser (Farb-)Filter zurückzuführen, wodurch man spezielle Strukturen in der Wolkendecke des Planeten hervorheben wollte. Durch die gezielte Bearbeitung des Bildmaterials konnten die Wissenschaftler neue Informationen über die Dynamik in diesen Atmosphärenschichten gewinnen. Anhand des zeitlichen und räumlichen Verlaufs der Wolkenbewegungen kann man auf Konvektionsströmungen schließen, die von den äquatorialen Regionen ausgehen. Diese Schwefelwolkensysteme sind mit Schönwetterwolken auf der Erde vergleichbar.

Oben: Diese beiden Bilder stammen ebenfalls von der Raumsonde Galileo. Sie wurden am 10. Februar 1990 aus einer Entfernung von etwa 100.000 Kilometern gemacht.(Courtesy of NASA / JPL)
Courtesy of NASA / JPL
Oben: Diese beiden Bilder stammen ebenfalls von der Raumsonde Galileo. Sie wurden am 10. Februar 1990 aus einer Entfernung von etwa 100.000 Kilometern gemacht.(Courtesy of NASA / JPL)
Courtesy of NASA / JPL

Oben: Diese beiden Bilder stammen ebenfalls von der Raumsonde Galileo. Sie wurden am 10. Februar 1990 aus einer Entfernung von etwa 100.000 Kilometern gemacht. Das verwendete Nahinfrarot-Spektrometer kann über 400 zusammenhängende Wellenlängen registrieren und aus den empfangenen Daten eine Karte erstellen. Die Aufnahmen zeigen, wie große Mengen Wärme aus den unteren Atmosphärenschichten durch die Schwefelsäurewolken nach außen in den Weltraum abgestrahlt werden. Die Wolken erscheinen hier bis zu 10 Mal dunkler als die zwischen ihnen auftretenden Lücken.

Im rechten Bild deuten weiße und rote Gebiete auf Regionen mit relativ dünnen Wolken hin, während schwarz und blau sehr dichte Wolkenformationen darstellen. In den äquatorialen Breiten sind die Wolken aufgelockert, in den Polarregionen hingegen sind sie sehr viel dichter. Auffällig sind die langgezogenen Wolkenfilamente in der nördlichen Hemisphäre, in Richtung des Nordpols. Sie entstehen durch kräftige Sturmböen, die mit über 250 Kilometern pro Stunde wehen.

Der sehr hohe Anteil von Treibhausgasen (hauptsächlich Kohlendioxid) sorgt für einen enorm starken Treibhauseffekt auf dem Planeten. Der Großteil der Sonnenstrahlung, die durch die dichte Wolkenschicht dringt, wird von der unteren Atmosphäre absorbiert und in Infrarotstrahlung umgewandelt. Durch den Treibhauseffekt ist die Temperatur an der Oberfläche überall extrem hoch. Die „kühlsten“ Temperaturen wurden auf den höchsten Gipfeln gemessen – hier liegen sie bei rund 380 Grad Celsius. Auf Bodenniveau fällt die Temperatur nie unter 440 Grad Celsius, dabei spielt es keine Rolle, ob man sich am Äquator oder in den Polarregionen befindet. Die durchnittliche Temperatur beträgt 464 Grad Celsius, also noch wesentlich heißer als die üblichen Backofen-Temperaturen. In den tiefliegenden Gebieten kann sie bis auf 493 Grad Celsius ansteigen, wobei der Druck mit 119 Bar ebenfalls den Maximalwert erreicht.

Eine Hot-Flow-Anomalie (HFA) fungiert wahrscheinlich wie ein Staubsauger und zieht Teile der Venusatmosphäre von dem Planeten weg. (NASA / Collinson)
Eine Hot-Flow-Anomalie (HFA) fungiert wahrscheinlich wie ein Staubsauger und zieht Teile der Venusatmosphäre von dem Planeten weg. (NASA / Collinson)

Neuesten Forschungsergebnissen zufolge kann es auch auf der Venus zu Weltraumwetter-Phänomenen kommen, die man von der Erde kennt, obwohl die Venus kein planetares Magnetfeld besitzt. In Daten der NASA-Raumsonde Messenger fanden Wissenschaftler Hinweise auf das Auftreten so genannter Hot-Flow-Anomalien. Sie entstehen, wenn Störungen in den Magnetfeldern und im Teilchenfluss des Sonnenwindes in Kontakt mit der Bugstoßwelle der Venus bleiben. Damit ist die Region gemeint, in der sich der hochenergetische Sonnenwind abrupt verlangsamt und um den Planeten herumfließt. Diese Störungen fangen mitunter große Mengen geladener Teilchen ein, die eine Blase oder eine Art Beule bilden (siehe links). An diesen Stellen kann so viel Energie freigesetzt werden, dass sich der Teilchenstrom des Sonnenwindes umkehrt. Als Folge davon wirkt eine Hot-Flow-Anomalie gewissermaßen wie ein Staubsauger, der bestimmte, nahe gelegene Bereiche der Venusatmosphäre etwas von dem Planeten wegzieht.

Zwei Stadien der Venus-Ionosphäre: Links bei normal starkem Sonnenwind und rechts bei schwachem Sonnenwind (ESA / Wei et al (2012))
Zwei Stadien der Venus-Ionosphäre: Links bei normal starkem Sonnenwind und rechts bei schwachem Sonnenwind (ESA / Wei et al (2012))

Oben: Die Grafik zeigt links den normalen Zustand der Ionosphäre: Die Ionen und Elektronen befinden sich gewöhnlich in einer Höhe von 150-300 Kilometern oberhalb der Venusoberfläche. Der Sonnenwind führt zu einer Magnetisierung des Plasmas, das damit in der näheren Umgebung des Planeten festgehalten wird. Wenn sich der Sonnenwind abschwächt oder vorübergehend komplett abreißt, bleibt diese Magnetisierung aus (rechtes Bild). Die Teilchen können sich dann viel leichter von dem Planeten entfernen und bilden in ihrer Gesamtheit eine tropfenförmige Struktur, die sich auf der Nachtseite der Venus mindestens 15.000 Kilometer hinaus in den Weltraum erstreckt – das ist mehr als der Durchmesser des Planeten.

 

Kürzlich haben Astronomen in einer oberen Atmosphärenschicht, zwischen 48 und 60 Kilometer hoch über der heißen Oberfläche, spektrale Spuren eines besonderen Moleküls entdeckt. Dieses Molekül, Monophosphan genannt, entsteht zumindest hier auf der Erde nur durch biologische Prozesse. Nach Meinung der Wissenschaftler, die die betreffenden Analysen durchführten, ist momentan kein nicht-biologischer Prozess bekannt, der dieses Molekül produzieren könnte. Das nährt Spekulationen darüber, ob es in der oberen Venusatmosphäre möglicherweise primitive Formen von Leben geben könnte. Das geplante James Webb Space Telescope der NASA könnte wertvolle Daten liefern, um diese Hypothese zu untermauern – oder zu widerlegen.

Weitere Informationen gibt es in der entsprechenden News: Astronomen könnten eine Signatur von Leben auf der Venus gefunden haben

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Video-Link: https://youtu.be/dCXF8FUux74